Allerhöchste Sturmwarnung
Madrid will „katalanischen Brexit“auf jeden Fall unterbinden – Puigdemont macht weiter
Barcelona/Madrid – ck. Am Dienstag hat der künftige PSOEGeneralsekretär Pedro Sánchez Regierungschef Mariano Rajoy angerufen und ihm versichert, dass die Sozialisten auf Seiten der Regierung stehen, um das Referendum in Katalonien zu verhindern. Das zumindest hat der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont also geschafft. Die Front gegen die Unabhängigkeitsbewegung wächst, und selbst politische Gegner wie PP und PSOE schließen sich zusammen.
Dass Puigdemont, Mitglied der gemäßigten Partei Convergència (heute PDeCAT), Gefangener seiner anarchistischen Bündnispartner von CUP und der radikalen ERC ist und wie ein Stier auf das rote Tuch Richtung Wand rennt, ist nicht neu. Vom „Zusammenstoß der Züge“spricht die Zeitung „El País“, weil beide Seiten aufeinanderzurasen und der Aufprall absehbar ist. Am Montag haben die In- stitutionen und Parteien, die für die Unabhängigkeit sind, eine Sitzung einberufen, um das Datum und die Frage, die im Referendum gestellt wird, festzulegen. Die Separatisten wollen sich 14 Tage Zeit lassen.
Die Partei von Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau und andere Gruppierungen fehlten, weil der Nationale Pakt für das Referendum zuständig wäre, der würde die Mehrheit der Katalanen vertreten, so der Sprecher von Catalunya En Comú, Xavier Domènech.
Unternehmer, Intellektuelle und die politische Opposition forderten, Puigdemont müsse eine so weitreichende Entscheidung im Landtag erklären. Rajoy hatte ihn zudem ins Parlament eingeladen. Dort will Puigdemont nicht auftreten, weil er keine Chance hat, mit seinen Ablösungsplänen durchzukommen.
Auch dass die Mehrheit der Katalanen bei einem Referendum für die Ablösung stimmen würde, wird allseits bezweifelt. Jüngsten Umfragen zufolge sind 61 Prozent der Katalanen gegen die Trennung von Spanien. Doch zum Referendum wird es nicht kommen, weil die spanische Verfassung das nicht vorsieht und die Regierung es deshalb nicht dulden kann. Zu lange aber hat sich Rajoy nicht darum gekümmert, einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden. Wenn er jetzt eine Verfassungsänderung in Erwägung zieht, ist es fünf nach zwölf. 77 Prozent der Spanier geben ihm laut einer Umfrage in „El País“deshalb Schuld an der Zuspitzung des Konflikts zum Sturm.
Puigdemont, der vor dem Ausgang des Referendums eigentlich Angst haben müsste, weiß, dass ihm die Schlappe erspart bleibt. Als Märtyrer werden die Separatisten das Abspaltungsgesetz anwenden, sobald das Referendum auf Antrag Madrids vom Verfassungsgericht (TC) verboten wird. Der Landtag, in dem PDeCAT, ERC und CUP die Mehrheit der Sitze haben, soll die einseitige Unabhängigkeit verabschieden. Dann wäre Madrid gezwungen, gegen diese Institution vorzugehen, und nicht nur gegen einzelne Mitglieder der Regionalregierung.
Derweil hat das TC einstimmig den Einspruch der katalanischen Regierung gegen das spanische Gesetz zum Zivilschutz abgelehnt. Für die Koordination der öffentlichen Sicherheit, auch einer einzelnen Region, ist der spanische Staat in Absprache mit den örtlichen Sicherheitskräften zuständig. Das bedeutet, dass die katalanischen Mossos im Notfall Madrid unterstehen.
Wenn Rajoy jetzt eine Verfassungsänderung in Erwägung zieht, ist es fünf nach zwölf