Zugfahrt wie anno dazumal
Ein Miniaturnachbau einer 1959 eingestellten Bahn fährt Touristen durch die Gemeinde Ventas de Zafarraya
Langsam steigen die Teilnehmer einer knapp 30-köpfigen Gruppe deutscher Residenten in den Touristenzug „Tren del Llano“in Ventas de Zafarraya ein, denn in wenigen Minuten beginnt die Fahrt zum 1,5 Kilometer entfernten Aussichtspunkt „El Boquete“. Der Touristenzug ist ein MiniaturNachbau eines Personen- und Güterzugs, der bis 1959 zwischen Málaga, Vélez-Málaga und Ventas de Zafarraya verkehrte.
Gebaut wurde die Miniversion des Zuges vor einigen Jahren von der Familie Moreno. Seitdem ist die Bahn zu einer echten Touristenattraktion in der nördlich von Vélez-Málaga gelegenen Gemeinde Ventas de Zafarraya geworden. Das Besondere an dieser Fahrt ist, dass die Waggons des Touristen- zugs von einer echten Dampflok angetrieben werden. Dementsprechend gespannt ist auch die Gruppe deutschsprachiger Residenten. Und dann geht es los.
Pfeifend und tösend entweicht heißer Wasserdampf aus den Ventilen der Dampflok, ehe sich die Maschine langsam in Bewegung setzt. Zunächst führt die Bahn an einigen alten Häusern vorbei, die von ihren Besitzern sehr schön hergerichtet worden sind. So ziert beispielsweise ein buntes Blumenbeet eines der Häuser, das während der Zugfahrt passiert wird. Nach zirka fünf Minuten Fahrt befindet sich die Bahn auf einer freien Fläche. Von hier aus hat man einen Blick über die Gemeinde und die Natur, die sie umgibt.
„Es ist immer interessant, neue Sachen zu sehen und zu erleben“, sagt“, sagt Giselle Lebrun. Die ehemalige Schauspielerin der
deutschsprachigen Theatergruppe Almuñécar hat den Ausflug nach Ventas de Zafarraya für die deutschen Residenten organisiert. „Eigentlich wollten wir die Fahrt schon letztes Jahr im November machen. Aber damals fuhr die Bahn leider nicht. Umso schöner, dass es jetzt geklappt hat“, freut sich die Organisatorin.
Mittlerweile ist der Zug am Aussichtspunkt „El Boquete“angekommen. Der Lokführer steigt aus seinem Antriebswagen aus und öffnet zuerst die Türen der Waggons, so dass die deutsche Gruppe aussteigen und sich die weitläufige Natur ansehen kann. Anschließend entkoppelt er die Lok und fährt sie über ein Parallelgleis an das andere Ende des Zugs, wo er den Antriebswagen wieder an die Waggons ankoppelt. Danach füllt der Triebfahrzeugführer noch schnell ein paar Liter Öl in den Öl-Tank der Lok, ehe er die Passagiere dazu auffordert, wieder in die Bahn zu steigen. Diese fährt nun die gleiche Strecke zum Ausgangspunkt zurück.
Auf halber Strecke jedoch bleibt die Bahn an einem kleinen Schuppen plötzlich stehen. Der Zugführer springt aus seiner Lok heraus und öffnet den Kühlwassertank des Triebwagens. Ein Kollege, der im Schuppen bereits auf den Touristenzug gewartet hat, reicht dem Zugführer durch das Fenster einen Schlauch entgegen, den dieser direkt in den Wassertank der Lokomotive steckt. „Wie beim Auto muss auch die Lok gekühlt werden“, ruft der im Schuppen sitzende Mann aus dem Fenster, kurz bevor die Fahrt fortgesetzt wird.
Museum geöffnet
Nach der Zugfahrt versammeln sich die Teilnehmer im Eingangsbereich des Restaurants, das sich genau gegenüber der Haltestelle der kleinen Bahn befindet. Dort warten sie darauf, dass das Museum im hinteren Teil des Restaurants geöffnet wird. Während der Wartezeit debattieren einige der Ausflugs-Teilnehmer über die Dampflok und die Gegebenheiten einer Zugfahrt vor 100 bis 200 Jahren.
Auf einmal setzt sich die Gruppe in Bewegung. Das Museum hat geöffnet. Nacheinander strömen die neugierigen Ausflügler in das Gebäude. Es ist ein alter Keller, der restauriert und liebevoll eingerichtet worden ist. Bereits im Eingangsbereich erwartet den Museumsbesucher ein Zeitsprung zurück in die 1950er Jahre. Eine uralte Fernsehröhre, die neben einem Grammofon aus längst vergangener Zeit steht, beeindruckt einige der Teilnehmer der Gruppe am meisten. Sie kennen diese Geräte noch sehr gut aus ihrer Kindheit. Und das Museum hat noch sehr viel mehr zu bieten.
Alleine in einem von insgesamt fünf Räumen sind zahlreiche Utensilien aus der Landwirtschaft ausgestellt, wie sie die Bauern vor weit mehr als 50 Jahren benutzt haben. Natürlich hat man auch dem echten Vorläufer des „Tren del Llano“ein eigenes Zimmer gewidmet. Neben Fotografien aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts findet man dort einen kompletten Mini-Modellnachbau der Zugtrasse. Zirka eine Stunde lang dauert die Besichtigung. Danach geht es zurück ins Restaurant, wo man den interessanten Tag noch einmal Revue passieren lässt.
„Dieser Ausflug ist etwas anderes“, sagt Giselle Lebrun. „Mir gefallen solche Ausflüge sehr gut, weshalb ich sie auch immer wieder gerne organisiere.“Und sie hat auch schon eine Idee für das nächste Treffen der Gruppe. Wohin es dann geht, will sie aber noch nicht verraten.