Brust oder Keule?
Ob Henne oder Hahn, das Allerweltsgeflügel bietet unendlich viele Zubereitungsmöglichkeiten
Das Huhn ist auf der ganzen Welt vertreten. Und in vielen Regionen zu Ruhm gekommen, wo es fast immer landestypisch zubereitet wird: als Coq „au vin“in Frankreich, Pollo „al ajillo“in Spanien, als indisches Tandoori-Huhn, in asiatischen Nudelsuppen oder als Dauerklassiker Brathähnchen im deutschsprachigen Raum; Latinos wiederum schwören auf Huhn in Schokoladensauce. Hähnchen oder Hühnchen, Männchen oder Weibchen, was als pollo gekauft wird, zählt zur Spezies Gallus gallus und kann sowohl das eine wie das andere sein. Es ist nicht älter als fünf Monate und wiegt zwischen einem und drei Kilo. Grimod de la Reynière, französischer Lebemann und Feinschmecker, hat die Hühnerfamilie um 1805 in Paris ganz treffend beschrieben: „Das Hähnchen ist der Sohn des Hahnes und der Henne, aber ein Sohn, den man seinen Eltern vorzieht, denn das Huhn findet, sobald es ein gewisses Alter erreicht hat, nur noch zur Verbesserung der Fleischbrühe im Suppentopf Platz, und der Hahn erscheint nur dann auf unseren Tafeln, wenn er noch Jungfer ist.“
Auf dem Markt sind aber außerdem das so genannte Suppenhuhn (gallina) sowie der kastrierte Kapaun (capón) und die Poularde (pularda), ein weibliches Tier im Alter von fünf bis sechs Monaten, das keine Eier gelegt hat. Sie wiegen zwischen zweieinhalb und drei Kilo, und ihr Fleisch ist sehr zart.
Fehlt der Hahn (gallo). Der ist am besten de
corral, vom Freiland, wo er sich von Körnern, Würmern, Kräutern und mehr ernähren kann. So wie es eigentlich in der ganzen Hühnerfamilie der Fall sein sollte. Das Fleisch eines solchen
pollo campero, eines Freilandhuhns, ist fester, eine gelbliche Färbung weist auf Mais in seiner Nahrung hin, und sein Geschmack unterscheidet sich beträchtlich von dem, den man gemeinhin von einem Huhn gewohnt ist.
Vom Luxusgut zum Armeleuteessen
Hühnerfleisch kann man vielseitig einsetzen, es besitzt einen hohen Nährwert, ist fast fettfrei, bekömmlich und als Hühnersüppchen bei Krankheit oder Kälte durch nichts zu ersetzen. Trotzdem ist das Huhn weitgehend von den Speisekarten der guten Restaurants verschwunden. Hat schlechter Ruf damit zu tun, den Dioxin, Hormone, Salmonellen, Fischmehl ihm verschafften? Oder ist ein Hühnchen einfach zu billig, ein Armeleuteessen, das man sich heute nicht mehr zu bestellen traut?
Dabei war das gebratene Huhn einmal Grundnahrungsmittel, von guter Qualität, zeitweise auch reiner Luxus, den man sich nur an Sonntagen, Weihnachten und anderen hohen Feiertagen gönnte – bis man die technischen Möglichkeiten hatte, der steigenden Nachfrage mit der industrialisierten, raschen Aufzucht zu begegnen. Denn der Konsument will immer mehr Huhn, und das zum immer günstigeren Preis. Und das muss natürlich auf Kosten der Qualität gehen.
Brathähnchen
Ein gutes Brathähnchen ist nicht nur eine Frage des Backofens oder der Gewürze, der Füllung oder der Beilage, sondern der Art und Weise, wie es zubereitet wird, bis es schön knusprig und goldbraun ist.
Natürlich ist das Ausgangsmaterial, das Hühnchen, am wichtigsten. Wenn irgend möglich, schaut man nach einem „pollo de corral“, das frei gelaufen ist und korrekt gefüttert wurde.
Zutaten: 1 Hähnchen von guter Qualität (pollo, ca. 1,5 kg), 3 EL weiche Butter (mantequilla), 1 bis 2 EL gutes Meersalz (sal marina) und reichlich schwarzer Pfeffer aus der Mühle (pimienta negra), 1 mittelgroße Zwiebel (cebolla), 1 bis 2 Knoblauchknollen (ajo), ein paar Rosmarin- und Thymianzweige (romero, tomillo)
Sauce: Salz und Pfeffer nach Gusto, 120 ml Rotwein oder Wasser und ein paar Spritzer Vermouth, 1 TL Rotwein- oder Sherryessig, 1 kleines Stück Butter
Backofen auf 220 Grad vorheizen. Hähnchen abspülen und sorgfältig trockentupfen. Mit weicher Butter großzügig einreiben. Innen und außen kräftig salzen. Rundherum mit frisch gemahlenem Pfeffer bestreuen. Um das Hähnchen später besser wenden zu können, kann man es dressieren; das heißt mit einem Faden zusammenbinden. Zwei Küchengarnfäden nehmen. Mit einem zieht man die Keulen enger zusammen, mit dem anderen werden die Flügel an der Brust festgebunden.
Für die Füllung die Zwiebel vierteln, man kann auch noch ein Stück Lauch nehmen, oder man gibt eine halbierte Zitrone hinein. Oder frische Kräuter zum Beispiel: Rosmarin, Thymian oder Estragon – und ein paar Knoblauchzehen.
Den Boden einer feuerfesten Bratform, in die das Hähnchen gerade hineinpasst, mit Butter bestreichen. Hähnchen auf einer Seite liegend hineingeben. Knoblauchknollen quer halbieren und dazutun sowie Rosmarin und Thymian. Form in die Mitte des Ofens stellen. Nach etwa einer halben Stunde das Hähnchen mit dem ausgetretenen Bratsaft begießen und vorsichtig auf die andere Keule drehen, weitere 30 Minuten braten.
Dann wird das Hähnchen so gedreht, dass die Brust nach oben zeigt. Wieder mit Bratsaft begießen und nochmals 20 Minuten weitergaren. Danach mit einem Spießchen prüfen, wie weit es ist. Tritt an der dicksten Stelle der Keule klarer Saft aus, ist das Hähnchen gar. Sollte das nicht der Fall sein, kann es bei 190 Grad noch zehn bis 20 Minuten länger im Ofen bleiben. Herausnehmen und vor dem Tranchieren mit Alufolie bedeckt – die Brust zeigt nach unten – mindestens zehn Minuten ruhen lassen.
Für die Sauce den Knoblauch herausnehmen. Bratform bei mittlerer Hitze auf den Herd stellen. Mit etwas Rotwein oder Vermouth und ein bisschen Wasser ablöschen. Ein Spritzer Rotwein- oder Sherryessig intensiviert das Aroma. Bratsaft loslösen, Fett abschöpfen, das Ganze bei wenig Hitze ein paar Minuten köcheln, bis die Sauce sämig ist. Durchschwenken und durch ein Sieb gießen. Vielleicht noch ein Stück Butter zufügen.
Pollo „al ajillo“
Zutaten: Hühnchen (pollo), Öl und Knoblauch
Das Huhn beim Metzger für die Zubereitung „al ajillo“in gleichmäßige kleine Stücke hacken lassen. In einer weiten Pfanne Öl, am besten Sonnenblumenöl, erhitzen. Fünf, sechs oder nach Wunsch auch mehr ganze ungeschälte Knoblauchzehen anbraten, dann die Fleischstücke hineingeben, mit Salz bestreuen und rundum knusprig braten. Erst wenn das Hühnchen schon kross ist, kann man einen Deckel drauflegen, weil das Fett ziemlich spritzt.