Mit Erziehung gegen Macho-Gewalt
Unter jungen Spaniern gelten die alten Klischees – Barometer 2017
Madrid – ck. 2004 hatte die Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero ein Gesetz gegen Häusliche oder Sexistische Gewalt (Violencia de Genero) verabschiedet. Das stellte einen Wendepunkt im sozialen Verhalten dar, weil es die Aufmerksamkeit auf ein verbreitetes Problem lenkte: Männer, die ihre Frauen und Kinder schlagen oder sogar töten und sich im Recht fühlen.
Im Gegensatz zu anderen Ländern, sind es in Spanien vor allem die Männer und kaum Frauen, die zu Waffen greifen. Die Macho-Gewalt ist seitdem großes Thema in den Medien. Geändert hat sich nicht viel. 900 Frauen sind in den vergangenen 15 Jahren von ihren Partnern getötet worden. Zahlreiche Kinder wurden zu Waisen.
Die Kontroverse, ob die ausführliche Berichterstattung in den Fernsehnachrichten abschreckt oder die Hemmschwelle zur Nachahmung senkt, hat Befürworter und Gegner. Das Parlament beschloss im Juli einstimmig einen Staatspakt gegen Häusliche Gewalt und arbeitet daran. Der soll die Frauen besser schützen und ihnen Hilfen gewähren, damit sie ein eigenständiges Leben führen können und nicht abhängig sind von misshandelnden Partnern.
Schutzmaßnahmen versagen häufig. Im Fall der vergangene Woche in Elda getöteten Jessica Bravo lag ein Näherungsverbot für den Ex-Mann vor. Der ließ sich davon jedoch nicht abhalten, erschoss die 28-jährige Frau und dann sich selbst vor den Augen des gemeinsamen Kindes, das gerade aus der Schule kam.
Macho-Gewalt sei eines der größten Probleme in Spanien, wird aber unter der jüngeren Bevölkerung nicht als solches erkannt, schreibt die Zeitung „El País“nach der Analyse des Barometers 2017, das das Zentrum Reina Sofía für Studien über Gewalt in València erstellt hat. 21,2 Prozent der 15 bis 29 Jahre alten Personen findet, das Thema würde übertrieben werden. 27,4 Prozent halten Gewalt für „normal“in einer Paarbeziehung. Dabei meinen sie wirklich physische Gewalt oder Anschreien, klärt Anna Sanmartín, stellvertretende Direktorin des Zentrums auf. Das Ausspionieren des Handys, das Kontrollieren der Partner(in) und Eifersucht gehören für die Befragten nicht dazu.
30 Prozent glauben, Gewalt in Partnerschaften habe wegen der Immigranten zugenommen und sieben Prozent finden, das hätte es immer gegeben und sei unvermeidlich. Diese Antworten sind besonders stark vertreten unter Männern mit geringer Schulbildung. Und auf Bildung und Aufklärung setzt Sanmartín. Die alten Stereotypen seien immer noch gültig, sagt sie. Mädchen gelten als sensibel, sanft, verständnisvoll und die Jungs als aktiv, unternehmungslustig und dynamisch. Eine gleichberechtigte Erziehung an den Schulen und Aufklärung der Gesellschaft hält sie für wesentlich.
Dafür muss die Regierung Geld locker machen. Nur dann gehören Fälle wie der von Jessica Bravo oder der in Pamplona vom „Rudel“vergewaltigten jungen Frau vielleicht eines Tages zur Geschichte.
27,4 Prozent halten Gewalt für „normal“in einer Paarbeziehung