Essen auf ganz schnellen Rädern
Online-Plattformen mit Auslieferungsservice – Das Geschäft mit dem Essen
Madrid – sk. Während hierzulande der an Online-Plattformen gekoppelte Paketdienst erst aus den Startlöchern kommt, fahren in London Roboter die Essensbestellungen von Just Eat aus. Doch auch in Spanien haben RestaurantKetten nach Verbandsangaben ihre Prognosen nach oben korrigiert. McDonald’s, Telepizza, KFC, Vips und eine 50 weitere Ketten haben über 450 Filialen eröffnet und rechnen 2017 mit Umsätzen von 10,6 Milliarden Euro, 6,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Grund für den Anstieg hängt mit dem Smartphone zusammen. Die Online-Bestellungen haben um 48 Prozent zugenommen. Der Informationsdienst Nielsen hat 73 Millionen Essensauslieferungen erfasst, die übers Smartphone aufgegeben wurden. Das Geschäft wittern Fachleute in der Auslieferung, dem Paketdienst für Gastronomie.
Die Rede ist also nicht vom örtlichen Pizzaboten, sondern von Just Eat, Glovo oder Deliveroo, die über ihre Internet-Plattformen verschiedene Restaurants bündeln und logistisch in der Lage sind, vom Hamburger über den Asiaten und die Paella bis zum Gourmet-Menü alles nach Hause schicken. Amazon für den Magen, gewissermaßen. Der Startschuss für die neue Gastronomie-Ära fiel schon 2015, als die britische Just Eat die spanische Nevera Roja verschluckte.
Im Jahr darauf schnellte der Umsatz von Just Eat in Spanien zwar auf 18 Millionen Euro, doch dem standen 9,9 Millionen Euro Verluste und Werbekosten von elf Millionen Euro gegenüber. „Um so eine Firma rentabel zu machen, müssen sich Gewohnheiten ändern und dafür sind große Investitionen erforderlich. Die Ebita-Kennzahl unserer Gruppe liegt bei 20 Prozent und das Potential des Marktes ist enorm“, sagte Jesús Rebollo, Generaldirektor von Just Eat für Spanien.
Nun können auch Familienbetriebe oder Restaurants gehobenerer Küche ihre Gerichte ausliefern lassen. „Viele sehen uns als einen neu- en Vertriebskanal. Wir arbeiten für sie, beraten sie bei der Karte, bei den Verpackungen, ja, wir haben sogar eine eigene Sparte Deliveroo für Business eröffnet“, sagte Diana Morato, Generaldirektorin von Deliveroo Spanien.
Lange wird es nicht mehr dauern, dann machen diese Plattformen den Zimmerdiensten in Hotels und den Firmenkantinen Konkurrenz. Was verkauft wird, ist Zeit. „Unsere Zeit wird immer kostbarer werden. Viele Leute haben mehr als eine Anstellung, für das Kochen bleibt kaum Zeit. Wir bringen nicht nur das Abendessen nach Hause, wir gehen auch in die Apotheke und besorgen Tabletten gegen Kopf- schmerzen“, so Sacha Michaud von der Glovo-Plattform.
Kritik wegen Ausbeutung
Die Zeit entscheidet auch bei der Auslieferung über Erfolg und Misserfolg. Dabei spielen die Boten eine wichtige Rolle. Deliveroo etwa zahlt pro Auslieferung mit Fahrzeug 4,50 Euro, mit dem Rad 4,20 Euro, verlangt 70 Euro für Kühltaschen und Ausrüstung. Bei den „Riders“handelt es sich um Selbstständige, die nur übers Handy Kontakt zur Firma haben und ihre Kollegen nicht kennen. Die Gewerkschaft CC.OO. spricht vom neuen Modell der Ausbeutung des 21. Jahrhunderts.
Bald machen diese Plattformen dem Zimmerservice in Hotels und Kantinen Konkurrenz