Costa del Sol Nachrichten

Bildschöne Berge

Yunquera wirkt auf den ersten Blick eher unscheinba­r – Ein zweiter Blick lohnt sich ungemein

- Wiltrud Schwetje Yunquera

Yunquera in der Sierra de las Nieves lockt mit tollen Ausblicken und Wanderunge­n

Die Sierra de las Nieves ist ein einzigarti­ges Naturgebie­t in der Provinz Málaga. So einzigarti­g, dass die Institutio­nen seit langem verspreche­n, dem Gebiet den Titel Nationalpa­rk zu verleihen. Schon 2016 hatte der Vizeminist­er des Umweltress­orts der andalusisc­hen Landesregi­erung, José Luis Hernández (PSOE), bei einem Besuch in Ronda angekündig­t, man könne schon im kommenden Jahr damit rechnen, dass im Kongress über das Projekt entschiede­n werde.

Diese hoffnungsv­olle Aussage machte der Politiker bei einem Sommerkurs der Universitä­t Málaga, der sich mit der Kandidatur auseinande­rsetzte. Hernández erklärte bei diesem Seminar, der Antrag auf die Ernennung zum Natio- nalpark sei bereits an das Landwirtsc­haftsminis­terium in Madrid weitergele­itet worden und sehe den Schutz von rund 25.000 Hektar Land vor, zu denen die Sierra de las Nieves zuzüglich einiger Gebiete der Sierra Bermeja, Los Reales und Sierra Blanquilla gehörten. 80 Prozent des künftigen Nationalpa­rks befänden sich in öffentlich­er Hand, der Rest gehöre Privatleut­en, erklärte Hernández, der auch unterstric­h, dass er von „einer unverzügli­chen Verabschie­dung“des Projekts ausgehe. Doch Behörden- mühlen mahlen bekanntlic­h langsam, nichts geschah, außer dass zum Jahresende 2017 darüber informiert wurde, die Ernennung zum Nationalpa­rk stünde praktisch vor der Tür. Dieses Mal wurde der lang ersehnte Termin auf Ende 2018 festgesetz­t.

Großartige Naturlands­chaft

Der spektakulä­ren Schönheit der Sierra de las Nieves tut dieser Amtsschimm­el, der unweigerli­ch einsetzt, wenn die Kompetenze­n bis nach Madrid reichen, keinen Abbruch. Hinzu kommt, dass nicht jeder Bewohner der Sierra de las Nieves den Versprechu­ngen der Politiker glaubt und darauf hofft, dass der Nationalpa­rk-Titel tatsächlic­h mehr Schutz bringt und die öffentlich­en Gelder, die durch eine solche Ernennung zu fließen beginnen, auch an den richtigen

Atemberaub­ende Kontraste und eindringli­che Stille

Stellen landen. Dass diese Meinungen nicht an den Haaren herbeigezo­gen sind, beweist ein anderer spanischer Nationalpa­rk: Die Naturenkla­ve Doñana in der andalusisc­hen Provinz Huelva, die im Laufe der vergangene­n Jahrzehnte zwar mit diversen nationalen und internatio­nalen Schutztite­ln beglückt wurde, aber dennoch in zunehmende­m Maß von der Zivilisati­on bedroht ist: Wie beispielsw­eise durch den Tourismus-Boom, Hunderten von illegalen Gewächshäu­sern und Brunnenboh­rungen oder dem bereits 2016 angeschobe­nen Gasspeiche­rprojekt des Konzerns Gas Natural Fenosa, das von der Zentralreg­ierung bedingungs­los vorangetri­eben wird.

Auch die Sierra de las Nieves darf sich rühmen, in vergangene­n Jahrzehnte­n einige Schutztite­l ergattert zu haben. Dank ihrer vielfältig­en Flora und Fauna wurde das Bergareal, das sich auf Teilen der Gemeindege­biete Alozaina, Casarabone­la, El Burgo, Guaro, Istán, Monda, Ojén, Ronda, Parauta, Tolox, und Yunquera erstreckt, 1989 zum Naturpark erklärt. 1995 folgte die Auszeichnu­ng Biosphären­reservat der Unesco. Den Namen Sierra de las Nieves erwarb sich das Gebiet in Zeiten, in denen die Bergkuppen noch das ganze Jahr über mit Schnee bedeckt waren. Die höchste Erhebung ist mit 1.919 Metern der Pico de Torrecilla in Tolox. In der Sierra de las Nieves wachsen letzte Exemplare der Igeltannen und Stieleiche­n, auch seltene, vom Aussterben bedrohte Tierarten wie Bergziegen, Otter, Adler- und Geierarten bevölkern das Naturgebie­t.

Vonwegen unscheinba­r

Seine ganz persönlich­en Erkundungs­touren in der Sierra de las Nieves könnte man in der Umgebung von Yunquera beginnen, einer Ortschaft, die direkt an der Bergstraße zwischen Alozaina und Ronda liegt. Eher unattrakti­v er- scheint das Dorf, das von rauen Bergen umgeben ist und wo im Winter manchmal ein eisiger Wind bläst, bei der Durchfahrt. Doch wer sein Auto stehen lässt und die Umgebung zu Fuß erkundet, der wird atemberaub­ende Überraschu­ngen erleben.

So könnte der Wanderfan am Ortsausgan­g an der Tankstelle links abbiegen und zum ausgeschil­derten Sportplatz Complejo Deportivo Los Arbolitos fahren. Ein Feldweg führt von dort hinauf zu den Aussichtsp­unkten Luis Ceballos und Puerto de Saucillo, die 7,1 beziehungs­weise 5,3 Kilometer entfernt liegen. Schon hier könnte man das Auto stehen lassen, oder aber man holpert auf der unwegsamen Piste, auf der eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 20 Stundenkil­ometern erlaubt ist, noch bis zu den Aussichtsp­lattformen hinauf. Denn dort starten andere, noch schönere Wanderrout­en. Von der Aussichtsp­lattform Puerto Saucillo eröffnet sich dem Naturliebh­aber ein weiter Blick auf das Tal und das Dorf Yunquera. Prächtige Igeltannen ragen in den blauen Winterhimm­el, aber noch fasziniere­nder ist die eindringli­che Stille, die den Besucher empfängt. Und selbst in der Mittagszei­t wabern noch Nebelschwa­den über das grüne Land. Ein bildschöne­r Kontrast. Von hier aus geht es auf mehreren Wegen über Stock und Stein durch verwunsche­ne Wälder. Dem Wanderer bleibt die Qual der Wahl: So kann er bis zum Torrecilla laufen, eine Tour, die 9,4 Kilometer lang ist, vier Stunden dauert und einen hohen Schwierigk­eitsgrad hat. Auch geht es auf 17 Kilometern in den Nachbarort El Burgo oder auf fünf Kilometern bis zum Puerto Bellina, einer Route, die auf zwei Stunden kalkuliert ist und Wanderern mittleren Körpereins­atz abfordert. Auch vom Aussichtsp­unkt Luis Ceballos (Caucón genannt), der sich etwas weiter unten befindet, lädt ein Wanderweg zur Erkundung des Naturparks ein. Von hier aus blickt der Besucher bis zum Guadalhorc­e-Tal, auf den Tajo de la Caína oder den Peñón de los Enamorados. Dorthin führt ein acht Kilometer langer Pfad, der als mittelschw­er eingestuft ist und für den etwa drei Stunden Laufzeit veranschla­gt sind.

Für welche Route man sich entscheide­t, hängt von der Wanderleid­enschaft und der Fitness ab, aber eins ist gewiss: Jeder, der diese landschaft­lich so reizvolle Gegend erobert, wird verstehen, warum die Sierra de las Nieves als potenziell­er Nationalpa­rk seit Jahren so heiß gehandelt wird.

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Fotos: Wiltrud Schwetje Yunquera in der Sierra de las Nieves lädt zu atemberaub­enden Wandertour­en ein.
 ??  ?? Im Naturpark Yunquera wachsen seltene, geschützte Igeltannen.
Im Naturpark Yunquera wachsen seltene, geschützte Igeltannen.
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 ??  ?? Silvie, Olivier, Fréderic und Vierbeiner Luca aus Frankreich haben Spaß im Naturpark.
Silvie, Olivier, Fréderic und Vierbeiner Luca aus Frankreich haben Spaß im Naturpark.
 ??  ?? Diverse Wanderwege starten an der Aussichtsp­lattform Puerto Saucillo.
Diverse Wanderwege starten an der Aussichtsp­lattform Puerto Saucillo.
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Nebelschwa­den ziehen durch tiefere Gefilde.
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Bänke laden zum Ausruhen ein.

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