Wirtschaft
Protest gegen „magere“Erhöhung der Bezüge geht weiter – Große Reform des Rentensystems überfällig
Rentner machen Druck: Protest gegen „magere“Bezüge geht weiter. Große Reform des Rentensystems überfällig
Madrid – tl.
Spaniens Politik befindet sich in einem gleich doppelten Renten-Dilemma: Zum einen dauern die Proteste von Ruheständlern an, die für „eine würdige Rente“auf die Straße gehen und eine Anpassung ihrer Bezüge an die Entwicklung der Verbraucherpreise fordern. Zum anderen wird die politische Klärung dieser Frage, egal wie sie ausfällt, nur eine Teillösung sein. Der große Wurf wäre eine allumfassende Rentenreform. Sie ist überfällig.
Die Rentner jedenfalls lassen nicht locker und machen Druck auf die Politik. Für den 17. März sind weitere Proteste in den großen Städten des Landes geplant. Ihr Ziel ist, dass die Regierung die für 2018 angekündigte Rentenerhöhung von 0,25 Prozent aufstockt.
Bis 2013 erfolgte die jährliche Rentenanpassung gemäß der Entwicklung der Verbraucherpreise. Seitdem sieht eine mit absoluter PP-Mehrheit verabschiedete Mini- Rentenreform vor, dass in Haushaltsdefizitjahren nur eine Erhöhung von maximal 0,25 Prozent vorzunehmen ist. 2018 ist zwar ein Defizitjahr, aber das Minus soll erstmals seit langem wieder unter dem Maastricht-Kriterium von 3,0 Prozent bleiben. Es ist also Interpretationssache, ob 2018 Raum für eine Rentenerhöhung 0,25 Prozent plus x hergibt oder nicht.
Die Rentner wissen die großen Gewerkschaften hinter sich. UGT und CC.OO. unterstützen die Forderung nach einer Erhöhung der Altersbezüge, die zumindest keinen Kaufkraftverlust bedeutet. Inzwischen haben sich auch die politischen Parteien – mit Ausnahme von Volkspartei (PP) und Ciudadanos – den Rentnerforderungen angeschlossen. Sozialisten (PSOE), Podemos und mit Abstrichen auch die baskische PNV, die katalanische PDeCAT und die valencianische Compromís plädieren für eine Lösung, die den Rentnern den Bei- len Statistikinstituts wird es 2035 rund 12,7 Millionen Personen im Alter von über 65 Jahren im Land geben. 2050 würden es dann schon 15,6 Millionen sein. Die OECD sagt für Spanien voraus, dass 2050 auf 100 Personen im arbeitsfähigen Alter 76 Frauen und Männer im Rentenalter kommen – 45 Personen mehr als zur Zeit. Wie auch immer die Bevölkerungsentwicklung ausfällt, fest steht, dass für die Renten immer mehr Geld aufgewendet werden muss. Derzeit sind es elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Bis 2050 wird der Anteil auf gut 14 Prozent des BIP steigen. Schon jetzt sind die Renten – vor allem arbeitsmarktbedingt – nicht mehr allein aus den Beträgen zu finanzieren. Die Seguridad Social erhält bereits Zuschüsse aus dem Staatskasse. Und so richtig dick für das Rentensystem kommt es 2022/2023, wenn die Baby-Boomer-Generation das Ruhestandsalter erreicht.
Bis dahin sollte geklärt sein, wie die Rente in Spanien nachhaltig zu finanzieren ist. Die Appelle von Regierungschef Rajoy unlängst an seine Landsleute, mehr für die private Altersvorsorge zu tun, greift zu kurz. Wer von den Spanien kann derzeit schon sparen?