Chance für Katalonien
Es hängt vom neuen Kandidaten ab, ob eine Regierung gebildet wird
Barcelona/Madrid – Seit sechs Monaten wird Katalonien durch Madrid verwaltet und erstmals rückt die Möglichkeit einer Regierungsbildung in der rebellischen Region näher. Zum Ende der Woche soll der Kandidat feststehen, der reelle Chancen hat, das Amt des Ministerpräsidenten auszuüben.
Selbst die Anhänger von Carles Puigdemont, die Abgeordneten von JxCat, nehmen Abstand von der Ernennung einer abwesenden – sei es geflohenen oder im Gefängnis sitzenden – Person. Dennoch soll das katalanische Präsidentschaftsgesetz geändert werden, um eine solche Ernennung in Abwesenheit zu ermöglichen, wohlwissend, dass es nicht angewendet werden kann, weil es gegen die katalanische und die spanische Verfassung verstößt.
Für die Freilassung der Inhaftierten wurde am Samstag eine acht Kilometer lange Menschenkette zum Cavall-Bernat-Gipfel im Montserrat-Gebirge gebildet und eine große gelbe Schleife am Berg befestigt. Die Separatisten wollen Freiheit für ihre Leute, die Madrider Regierung will sie alle ins Gefängnis stecken lassen. Doch die Schweiz will die geflohene Generalsekretärin der Republikanischen Linken (ERC), Marta Rovira, und die CUP-Sprecherin Ana Gabriel nicht ausliefern. Der inzwischen in Berlin lebende Carles Puigdemont wartet noch auf eine Entscheidung. Er hat gegenüber der britischen Zeitschrift „The Times Magazine“sehr realistisch gesagt, ihm stünden „Jahrzehnte im Gefängnis oder viele Jahre im Exil“bevor.
Völlig unrealistisch war dann wieder der Wunsch der Policía Nacional, ihren deutschen Kollegen, die Puigdemont in Schleswig festgenommen haben, den Verdienstorden zu verleihen. Sie hätten ihre Arbeit getan, dafür gibts keine Orden, sagte der Regierungssprecher in Kiel.