Jo-Jo bei Strompreis: Die Strompreise schwanken derzeit extrem
An einem Tag 4,50 Euro für die Megawattstunde, am anderen über 74 Euro – Was ist da los?
Madrid – tl. Immer wenn in Spanien der Strompreis durch die Decke schießt, wird die Sache zum Politikum. So feiert auch die neue Ministerin für Energetischen Übergang, Teresa Ribera, am 19. September ihr Debüt im Parlament, um zu erklären, was da am Strommarkt passiert und was die Regierung zu tun gedenkt.
Der 5. September war so ein Tag, an dem der Strompreis in Spanien durch die Decke schoss: 74,58 Euro für die Megawattstunde (MWh) am Großmarkt. Der bislang teuerste Tag in diesem Jahr. Natürlich gibt es auch einen Tag, an dem Strom am billigsten war. Am 30. März kostete die MWh lediglich 4,50 Euro.
Woher diese erhebliche Diskrepanz? Ein Blick auf den Strommix gibt eine, wenngleich nicht die einzige Erklärung: Am 30. März wurde der Strom zu 61,9 Prozent aus den billigen Erneuerbaren Energien – vor allem der Windenergie – erzeugt, am 5. September nur zu 27,7 Prozent. Dafür griffen die Stromproduzenten an jenem verstärkt auf teure Gaskraftwerke zurück. Welche Energie zum Einsatz kommt, bestimmt den Preis.
Hinzu kommen weitere Faktoren, die den Strompreis beeinflussen. Der von der Zeitung „El País“befragte Strommarkt-Analyst Francisco Valverde sieht in der Neuregelung des CO2-Emissionshandels in der EU einen preistreibenden Effekt. Zertifikate für CO2-produzierende Betriebe seien teurer geworden. So waren für eine Tonne CO2-Ausstoß im September 20,5 Euro fällig, drei Mal so viel wie vor einem Jahr.
Hinzu kommt der steigende Ölpreis, der wiederum auch Gas teurer macht. „Obendrein stehen in Frankreich noch immer eine Reihe von Kernkraftwerken still“, sagt Valverde gegenüber „El País“. Das alles sei „der perfekte Cocktail, der sowohl den iberischen als auch den europäischen Strommarkt beeinflusst“.
Valverde plädiert für einen verstärkten Ausbau von PhotovoltaikAnlagen und solarthermischen Kraftwerken, um die Windflaute im Sommer auszugleichen. Auch gebe es seiner Ansicht nach genügend Spielraum, um über Steuern und Abgaben regulierend auf die Stromrechnung einzuwirken. Sie machen etwa 65 Prozent der Rechnung aus. Dieser hohe Anteil ist auch der Grund, warum Verbraucher die Preissprünge auf dem Strommarkt in abgemilderter Form merken.
Bei den fixen Kosten auf der Stromrechnung könnte die Regierung ansetzen. Etwa bei der Anschlussgebühr, die staatlich festgelegt wird. Doch genau dieses Instrument will die EU-Kommission der Regierung nehmen und machte zuletzt verstärkt Druck auf Madrid.
Dass sich kurzfristig an der Tendenz zu höheren Preisen auf dem Strommarkt etwas ändert, bezweifeln Experten. „2019 wird es keine Änderung geben“, sagt Tomás Gómez, Direktor des Instituts für technologische Forschung in Comillas (Kantabrien). Überhaupt müsse sich der Verbraucher in Zukunft vermehrt auf Ausschläge sowohl nach oben als auch nach unten einstellen.
Wie auch immer: Einen Mechanismus, der einen stabilen Strompreis garantiert, hat die Politik jedenfalls noch nicht gefunden. Aktuell trifft die Entwicklung auf dem Strommarkt zudem zusammen mit einem sozialen Problem. Bis zum 8. Oktober müssen bedürftige Stromkunden die Berechtigung für den sogenannten Sozialbonus verlängern, der die Stromrechnung um bis zu 40 Prozent billiger macht.
Doch das Verfahren ist offenbar so kompliziert, dass erst 25 Prozent der Berechtigten den Verlängerungsantrag erfolgreich stellen konnten, wie „El País“Alarm schlägt. 2,4 Millionen Stromkunden erhalten bislang den Sozialbonus. Nur 650.000 Personen davon besitzen die Verlängerung.
Entwicklung auf dem Strommarkt trifft zusammen mit einem sozialen Problem