Kneipenwirte in Aufruhr
Gaststättenbetreiber wehren sich gegen geplante Lärmbeschränkungen – Anwohnervereinigung will Stadt anzeigen
Dass die Stadtregierung von Málaga jetzt offenbar ernsthaft gegen den von den Terrassenlokalen erzeugten Lärm vorgehen will und die Erklärung von 98 Straßen im Zentrum und fünf im Bezirk Teatinos zu akustisch saturierten Zonen in einer ersten Fassung am 25. Oktober bereits verabschiedet wurde, hat erwartungsgemäß große Besorgnis unter den Gaststättenbetreibern ausgelöst. Da sie Einnahmeeinbußen befürchten – die Erklärung zur akustisch saturierten Zone impliziert neben einem einjährigen Moratorium für die Neueröffnung von Kneipen und Restaurants auch eine Vorverlegung der Sperrstunden und stärkere Dezibelkontrollen – , hat der Gaststättenverband Mahos bereits mehrmals zur Krisensitzung geladen.
Zunächst einigten die Kneipenwirte sich darauf, an den Fenstern und Fassaden ihrer Lokale Schilder mit der Aufschrift „Se traspasa“(dt.: Zu verpachten) anzubringen, um damit auszudrücken, dass sie ihre Existenz gefährdet sehen. Dann stellten sie der Stadt ein Ultimatum: Falls die Festsetzung der akustisch saturierten Zonen nicht zurückgenommen oder zumindest die damit einhergehenden Bestimmungen abgemildert werden, sollen zum Zeichen des Protests am morgigen 30. November alle dem Verband angeschlossenen Gastronomiebetriebe geschlossen bleiben. Der Tag wurde bewusst gewählt, da morgen um 19 Uhr in der Calle Larios die Weihnachtsbeleuchtung offiziell eröffnet wird, ein Ereignis, das Jahr für Jahr Tausende von Einheimischen und Besuchern von auswärts anzieht. Nach einem Treffen des Gaststättenverbandes Mahos mit Bürgermeister Francisco de la Torre (PP) am Dienstag sah es allerdings wieder so aus, als ob der Streik in letzter Minute doch noch abgewendet werden könnte. „Es gibt keinen Grund, die Lokale zu schließen, denn wir werden alle Vorschläge der Gaststättenbetreiber eingehend studieren“, wurde De la Torre von den spanischen Tageszeitungen zitiert.
Anwohner drohen mit Anzeige
Auf der anderen Seite laufen auch die Anwohner Sturm. Der Anwohnervereinigung Asociación de Vecinos Centro Antiguo de Málaga kann es nämlich nicht schnell genug gehen, dass die neuen Lärmbestimmungen endlich in Kraft treten. Anfang November drohte Alfonso Miranda, der Vorsitzende der Vereinigung, damit, die Stadtregierung und Bürgermeister De la Torre anzuzeigen, falls die akustisch saturierten Zonen nicht wie vorgesehen am 19. November im offiziellen Amtsblatt der Provinz Málaga angekündigt würden. Hierbei handelt es sich um einen verwaltungstechnischen Schritt, dem 45 Tage folgen, in denen die Bürger Einwände und Anregungen vorbringen können, bevor die definitive Verabschiedung erfolgt. Die Veröffentlichung der akustisch sa-
turierten Zonen erfolgte am entsprechenden Tag im BOP (Boletín Oficial de la Provincia), sodass die Anwohnervereinigung bislang keine Anzeige erstattet hat, doch es kann davon ausgegangen werden, dass sie bei jeder weiteren Verzögerung – die akustisch saturierten Zonen sind bereits schon seit fast zwei Jahren geplant – ihre Drohung umsetzen wird.
Höchstwerte überschritten
Doch was plant die Stadtregierung eigentlich genau? Da die Anwohner der Terrassenlokale schon seit Jahren darüber klagen, dass sie nachts kaum noch ein Auge zutun können, ließ die Stadtverwaltung im Jahr 2016 durch das Unternehmen Sincosur über mehrere Monate hinweg Lärmmessungen an insgesamt 120 Stellen der Stadt durchführen. Dabei stellte sich heraus, dass der von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene nächtliche Höchstwert von 55 Dezibel an sämtlichen Messpunkten überschritten wurde.
Sincosur schlug auch konkrete Maßnahmen vor. Eine davon war, die Sperrstunden für die Terrassenlokale außerhalb der Hauptsaison zwischen dem 1. Juni und dem 30. September an den Wochenenden und donnerstags um ganze drei Stunden von 2 auf 23 Uhr vorzuverlegen, eine andere sah sogar eine Reduzierung der Größe der Terrassen um 50 Prozent auf Plätzen vor, auf denen sich wie auf der Plaza de la Merced oder der Plaza Uncibay eine Terrasse an die nächste reiht. Zuletzt wurde ein Moratorium für Neueröffnungen von Gastronomiebetrieben für eine Dauer von fünf Jahren vorgeschlagen.
Abgespeckte Version
Die im Oktober von Málagas Stadtrat verabschiedete erste Fassung der sogenannten Zonas Acústicamente Saturadas (ZAS) – die es übrigens auch in anderen spanischen Städten gibt – liest sich letztendlich jedoch nur wie eine LightVersion des Vorschlag-Katalogs der Messfirma. Die Sperrstunde für Terrassenlokale wurde in der Nebensaison an den Wochenenden lediglich um eine Stunde auf 1 Uhr vorverlegt und das Moratorium nur für eine Dauer von einem Jahr geplant. Wie um über den mageren Inhalt hinwegzutäuschen, wurden verstärkte Lärmkontrollen festgesetzt, die von der Ortspolizei durchgeführt werden sollen.
Die Mitglieder der Anwohnervereinigung hatten sich erwartungsgemäß stärkere Auflagen für die Terrassenbetreiber erwünscht, doch letztendlich begrüßen sie die städtische Fassung der ZAS. „Mehr gibt es leider nicht, die sollen das so schnell wie möglich verabschieden“, hatte der Vorsitzende Alfonso Miranda bereits im Mai gegenüber der CSN gesagt.
Die in Málaga als Minderheitsregierung regierende PP tut sich aber schon schwer, die abgespeckte Version der ZAS durchzubringen. Die erste Verabschiedung am 25. Oktober kam nur zustande, weil seine Partei von den IU- und Podemos-Ablegern Málaga para la Gente und Málaga Ahora unterstützt wurde. Die PSOE hatte sich enthalten und einen fehlenden Kosens vorgeschoben, Ciudadanos hatte sogar dagegen gestimmt, da das Tourismusmodell von Málaga keine vorgezogenen Sperrstunden vertrage.
Nach der Verabschiedung zeigte sich, dass die Stadtregierung mit den Gaststättenbetreibern eine mächtige Lobby gegen sich hat. Nachdem der Gastronomieverband zum ersten Mal am 6. November ein Ultimatum mit Druckmitteln angekündigt hatte, versicherte Umweltstadtrat José del Río schon am nächsten Tag, dass die Stadt bereit sei, die Vorschläge der Wirte zu prüfen und die endgültige Verabschiedung der ZAS auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.
Bürgermeister Francisco de la Torre nahm daraufhin am 10. und 14. November an zwei Versammlungen von Mahos teil, um seine Dialogbereitschaft zu signalisieren. Javier Frutos, der Vorsitzende von Mahos, drängte dabei De la Torre darauf, neue Messungen durchzuführen und anschließend eine neue Aufteilung der akustisch saturierten Zonen vorzunehmen. Vor allem pochte er darauf, das Zentrum zur touristischen Zone erklären zu lassen, was eine Erhöhung der maximal erlaubten Dezibelwerte von 55 auf 65 ermöglichen würde.
„Gesetz muss befolgt werden“
De la Torre versprach im Anschluss an die Versammlungen zwar, die Möglichkeit einer Neuaufteilung der akustisch saturierten Zonen zu überprüfen, gab letztendlich aber zu bedenken, dass dies unrealistisch sei. „Das Gesetz muss befolgt werden, und zwar von allen“, sagte er „Nach meinem Kenntnisstand ist eine Neuaufteilung der Zonen nicht möglich.“
Die Anwohnervereinigung des Zentrums deutet das Vorgehen des Bürgermeisters als erneute Hinhaltetechnik. „De la Torre hat einen zu großen Respekt vor den Gaststättenbetreibern, um das gelinde auszudrücken“, erklärte er am Dienstag der CSN. „Wir werden darauf achten, dass die Fristen eingehalten werden. Wenn nach Ablauf der Frist von 45 Tagen nach Veröffentlichung der ZAS im Amtsblatt der Provinz nicht die endgültige Verabschiedung erfolgt, bringen wir ihn vor Gericht.“
Anfang Oktober hatte der Bürgermeister unfreiwillig für Lacher gesorgt, indem er den Appell an die Bevölkerung gerichtet hatte, leiser zu sprechen, was von dem Medien als seine persönliche Lösung für das Lärmproblem um die Terrassenlokale interpretiert wurde. Bleibt abzuwarten, ob er es mit der Verabschiedung der AntiLärmbestimmungen ernst meint.