Der Felsen ist umschifft
Spanien blockiert Brexit-Abkommen nach Mitsprache-Garantie über Gibraltar nicht
Brüssel/Madrid – ck. Weder so günstig wie Regierungschef Pedro Sánchez noch so vernichtend wie PP-Präsident Pablo Casado und C’s-Chef Albert Rivera es einschätzen ist das Brexit-Abkommen für Spanien. Nachdem die Regierungsanwälte den in letzter Minute von Großbritannien in das BrexitAbkommen eingebrachten und von den EU-Juristen für unverfänglich eingestuften Artikel 184 als höchst schädlich für spanische Interessen erkannten, hatten Außenminister Josep Borrell und Ministerpräsident Sánchez von „Hinterlist“gesprochen und Krach geschlagen.
Gibraltar als Zankapfel
Spanien hat immer darauf beharrt, bei künftigen Verhandlungen über Gibraltar ein Mitsprache- oder Vetorecht zu besitzen. Das britische Überseegebiet auf spanischem Boden ist ein diplomatisches Unikum in Europa – nicht nur im BrexitFall. Der Artikel 184 nannte Spanien nicht und die britische Premierministerin Theresa May weigerte sich auch am Montag noch, Spanien ein Mitspracherecht zuzubilligen. Das garantieren aber der britische Botschafter, Simon Manley, und die EU, weshalb Sánchez dem Abkommen doch zustimmte.
Dass das Abkommen für ganz Europa ein Verlust sei, nur Spaniens Position über Gibraltar gestärkt würde, wie Sánchez sagte, ist allerdings übertrieben. Im Grunde bleibt der Status wie er war: Die Briten sehen die Souveränität nicht in Frage gestellt, Spanien will geteilte Souveränität. Oppositionsführer Pablo Casado (PP) warf ihm dann auch mit harschen Worten „historisches Scheitern“vor, weil die zugesicherten Garantien keine juristische Basis hätten. Bundesaußenminister Heiko Maas sprang bei seinem Besuch in Madrid am Montag Sánchez zu Hilfe: „Die Zusagen sind juristisch bindend.“
Wie es nach dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU am Ein Berberaffe untersucht die Flagge.
29. März 2019 oder 1. Januar 2021 weitergeht – sofern die Briten das Abkommen unterzeichnen und es nicht doch zum wilden Brexit kommt – beunruhigt die Bevölkerung. Auf dem Peñón leben 33.000 Einwohner. 14.000 Pendler passieren jeden Tag die Grenze. Während
die spanische Nachbargemeinde La Línea de la Concepción eine Arbeitslosigkeit von 35 Prozent aufweist, ist die Kolonie eine der reichsten Gegenden Europas. Briefkastenfirmen, Online-Glücksspielanbieter, niedrige Steuersätze und Tourismus machen es möglich. Spanien spricht ganz offen von Steuerparadies und Zigarettenschmuggel, den es zu bekämpfen gilt. Auch die Frage des Flughafens ist ungeklärt. Das Gelände, auf dem die Briten diesen gebaut haben, gehört nicht zum historisch ihnen überlassenen Gebiet. Immer wieder kam es wegen der Hoheitsansprüche im Mittelmeer zu Konflikten.
Sánchez will die geteilte Souveränität und langfristig ein spanisches Gibraltar. Das fürchten dessen britische Einwohner wie der Teufel das Weihwasser. Druckmittel Spaniens könnte ein eingeschränkter Grenzübergang oder sogar das Schließen der Grenze sein. Der Sprecher der Regierung Gibraltars, Miguel Vermehren, sagte gegenüber der Deutschen PresseAgentur, „eine Grenzschließung wäre eine schreckliche Strafe für die Menschen, die beim Referendum mit 96 Prozent gegen den Brexit gestimmt haben“. „Was oben entschieden wird, tragen die kleinen Leute hier unten aus“, warnt ein Gewerkschaftsführer der Kolonie.
Hektische Woche
Für Pedro Sánchez war es eine hektische Woche. Am Montag vergangener Woche war er in Rabat, am Donnerstag flog er nach Kuba, am Sonntag nahm er am Brexit-Sondergipfel in Brüssel teil. Von allen Reisen brachte er politische oder wirtschaftliche Stärkungen der Beziehungen mit. Seiner Meinung nach eben auch aus Brüssel.
Innenpolitisch mussten seine Minister einige heiße Kartoffeln aus dem Feuer holen. Die Unterstützung für den Haushalt ist vermutlich das schwierigste Thema. Und selbst die eigenen Minister spekulieren über ein Datum für vorgezogene Wahlen. Nun hat auch Podemos-Chef Pablo Iglesias die Legislaturperiode für beendet erklärt und damit Sánchez wieder herausgefordert. Der antwortete nämlich noch von Kuba aus: „Die Regierung regiert weiter“.