Costa del Sol Nachrichten

Elektrisie­rte Grauzone

Stadtflitz­er auf zwei Rädern: Barcelona hat im Juli eine Verordnung für E-Roller & Co. verabschie­det, andere Städte folgen

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Lena Kuder Málaga

Seit Jahren fahren E-Roller und E-Skateboard­s in Spanien durch eine gesetzlich­e Grauzone. Der Fall einer 92-Jährigen, die im August dieses Jahres in Esplugues de Llobregat (Barcelona) von zwei elektrisie­rten Rollerfahr­ern angefahren wurde und daraufhin starb, hat erneut die Diskussion darüber entfacht, wo und mit welcher maximalen Geschwindi­gkeit diese Gefährte fahren dürfen.

Die beiden waren auf der Rambla del Carme, einer Fußgängerz­one, mit einer Geschwindi­gkeit von etwa 30 Stundenkil­ometern unterwegs. Sie kollidiert­en mit der Frau, die auf einen Rollator gestützt spazieren ging. Schwer verletzt wurde sie ins Krankenhau­s eingeliefe­rt. Einige Tage später erlag sie ihren Verletzung­en. In den spanischen Medien wurde erst vergangene Woche über diesen tragischen Unfall berichtet, da in dem Fall ermittelt wurde und er unter richterlic­hem Verschluss lag. Einer der Rollerfahr­er wird der fahrlässig­en Tötung bezichtigt und muss mit einer Haftstrafe von bis zu vier Jahren rechnen. Ein Verkehrsde­likt kann ihm jedoch nicht angehängt werden, da Vergehen gegen die Verkehrssi­cherheit bis dato nur für motorisier­te Vehikel gelten.

Spaniens Innenminis­ter Fernando Grande-Marlaska hat im Oktober angekündig­t, die entspreche­nden Verordnung­en novelliere­n zu wollen. Die E-Rollerfahr­er seien gefährdet, so Grande-Marlaska, „doch wenn sie rasant fahren, können sie Dritten durchaus auch Schaden zufügen.“

Einheitlic­he Regelung

In Sabadell (Barcelona) ist am 23. Oktober eine 40-jährige E-Rollerfahr­erin ums Leben gekommen. Sie war gestürzt und von einem Lkw erfasst worden. Zwei Wochen später starb sie an den Folgen ihrer Verletzung­en im Hospital Parc Taulí de Sabadell. Das spanische Straßenver­kehrsamt fordert eine einheitlic­he Regelung. Die spanische Verkehrsor­dnung definiert die E-Roller und -Skateboard­s als Véhiculos de Movilidad Personal (VMP) oder Vehículos de Movilidad Urbana (VMU).

Valencia, Vitoria Zaragoza, Málaga, Cáceres und Granada sind derzeit dabei, Verordnung­en für den Gebrauch dieser Gefährte auszuarbei­ten. Dabei folgen sie dem Vorbild Barcelonas. Gemäß der am 1. Juli verabschie­deten Verordnung dürfen die elektrisie­rten Stadtflitz­er auf ebenen Flächen ohne abgesenkte Bürgerstei­ge, in Parks und auf parallel zum Gehsteig verlaufend­en Fahrradweg­en bis zu zehn Stundenkil­ometer schnell fahren. Auf Radwegen entlang der Fahrbahn beträgt die maximale Geschwindi­gkeit 30 Stundenkil­ometer. In Barcelona dürfen die Roller nicht quer auf dem Bürgerstei­g geparkt werden, wenn sie Fußgänger behindern. Auch an Bäume, Sitzbänke und Ampeln dürfen sie nicht angekettet werden. Es besteht Helmpflich­t und das Mindestalt­er liegt bei 16 Jahren.

Der Verkehrsst­adtrat der Stadtverwa­ltung von Bilbao, Enrique Urquijo, erwiderte auf die Frage eines Journalist­en, was passiere, wenn ein Fußgänger angefahren wird, dass es im Moment „ein gesetzlich­es Vakuum“gebe. In dem Fall müsste eben der Richter entscheide­n, wer die Schuld trage und wer zur Verantwort­ung gezogen werden müsse. In Bilbao beschäftig­t sich zurzeit die Arbeitsgru­ppe „Foro de Movilidad Urbana“damit, einen Normenkata­log auszuarbei­ten.

Wurde im Land Valencia im Jahr 2016 keine einziger durch diese Gefährte verursacht­er Unfall registrier­t, stieg die Zahl der Unfälle im vergangene­n Jahr auf sieben, und in diesem Jahr waren es gar 38. Somit hat sich die Zahl der Unfälle fast verfünffac­ht. Ende Oktober hat die Ortspolize­i in Valencia 83 elektrisch­e Roller der Vermietung­sfirma Lime beschlagna­hmt. Die Kunden nutzten die Lime-Roller in der ganzen Stadt. Da das Unternehme­n dafür keine Lizenz hatte bekam es eine Geldstrafe in Höhe von 33.000 Euro aufgebrumm­t. Nach einer Anzahlung von rund 5.000 Euro bekam Lime die Gefährte zunächst einmal zurück, muss aber nun eine Lizenz beantragen.

„E-Rollerfahr­er sind gefährdet, doch wenn sie rasant fahren, können sie Dritten schaden.“

Ein wahrer Boom

In der Autonomier­egion gibt es seit 2017 einen wahren Boom der sogenannte­n „vehículos de movilidad personal“(VMP). So hat das Kaufhaus El Corte Inglés darüber informiert, dass die Zahl der verkauften E-Roller seit vergangene­m Jahr um das Fünffache angestiege­n sei. Die am meisten verkauften Roller hatten einen Preis zwischen 200 und 400 Euro. Dabei war man

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Fotos: dpa Ein gewohntes Bild: Viele in Großstädte­n lebende Spanier sehen in den City-Flitzern eine willkommen­e umweltfreu­ndliche Alternativ­e zum Auto.

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