Für Größe und Einheit Spaniens
Rechtsextreme Partei Vox sammelt enttäuschte PP-Anhänger und will Mittelklasse retten
Madrid – ck. Bei der Wahl zum andalusischen Landtag 2015 hatte die Ende 2013 gegründete ultrakonservative, rechtspopulistische Partei Vox noch 18.017 Stimmen erhalten. Am 2. Dezember dieses Jahres haben 396.000 Andalusier Vox ihre Stimme gegeben. Sie stellt damit zwölf Abgeordnete im Regionalparlament. Was ist passiert, dass sich eine Partei durchsetzt, die die Gesetze gegen Häusliche Gewalt und zur Historischen Erinnerung rückgängig machen will, die gegen Abtreibungen und Geschlechtsumwandlungen ist, die höchsten Schutz für die Jagd, den Stierkampf und die nationalen Symbole verlangt, die die Autonomien und die kooffiziellen Sprachen in der Verwaltung abschaffen will? Dass sie keine Toleranz gegenüber Immigranten ohne Papiere, Moscheen und Imame walten lässt, versteht sich.
Was Vox will, ist ein Spanien wie vor 50 Jahren, allerdings mit modernsten Mitteln – Propaganda über Soziale Netzwerke – und ganz auf der Linie der Euroskeptiker. Sie pflegt gute Kontakte mit Marine Le Pen, Frauke Petry und Geert Wilders. Die Partei gibt sich auf ihrer Internetseite einen liberalen Anschein, setzt auf Werte, Familie, das Leben. Möchte eine effizientere Politik, Steuern reduzieren und den Wohlstand aller erhöhen. Sie stellt sich als Verteidiger der Mittelklasse hin.
Vox sammelt rechte Politiker, die sich in der PP nicht mehr repräsentiert sehen, wie Alejo VidalQuadras oder Juan Antonio Morales, früher PP-Extremadura und Ehrenmitglied der Francisco-FrancoStiftung in Madrid, aber auch Ciudadanos-Anhänger. Der Großteil der Wähler am 2. Dezember sind enttäuschte PP-Anhänger, denen die Volkspartei nicht mehr rechts genug ist. Einer Umfrage in der Zeitung „El País“zufolge wählten 41,6 Prozent der Vox-Wähler die Partei wegen ihres Diskurses gegen die Immigration. Die trifft gerade Andalusien mit seinen vielen Kilometern Küste hart.
Andererseits hat sie aber auch El Ejido zu einem der reichsten Orte Spaniens gemacht. Almerías Plastiklandwirtschaft wäre ohne Immigranten gar nicht aufrecht zu erhalten. Vox schränkt ein, nur Moslems seien nicht willkommen und spricht von der Reconquista, der Wiedereroberung Spaniens aus maurischer Hand. Große Zustimmung erhielt Vox auch, weil sie eben die Größe und Einheit Spaniens verteidigt, wie fast 34 Prozent angeben. Parteivorsitzender und Gründer ist der 1976 in Bilbao geborene Santiago Abascal Conde, verheiratet in zweiter Ehe mit einer Alicantinerin. Er war Chef der PP-Jugendorganisation Nuevas Generaciones und PP-Abgeordneter im baskischen Landtag.
Einer der Mitgründer ist der ehemalige PP-Anhänger und Gefängnisbeamte José Antonio Ortega Lara, der von ETA 1996 entführt und 532 Tage lang in einem unterirdischen Verließ gehalten wurde.
Ein anderer Mitgründer, Iván Espinoso de los Monteros, kümmert sich um die Außenbeziehungen. Der Sprössling aus einflussreicher Familie studierte Wirtschaft und Betriebswirtschaft in den USA und hat in internationalen Firmen gearbeitet. Generalsekretär Javier Ortega Smith-Molina (1968 geboren), ist Rechtsanwalt und Militär. Er wurde 1968 als Sohn eines Spaniers und einer Argentinierin geboren. Sprecher von Vox ist der Zahnarzt Ignacio Garrigo, Sohn einer aus Guinea-Äquatorial nach Barcelona geflüchteten Frau, die mit ihren sieben Brüdern in Spanien ein besseres Leben suchte und fand.
Alejo Vidal-Quadras, ehemaliger katalanischer PP-Präsident und Vizepräsident des EU-Parlamentes liebäugelte eine Zeitlang mit Vox aus Enttäuschung über die Politik Mariano Rajoys. Für Presse und Soziale Netzwerke ist Manuel Mariscal zuständig. Auch er hatte für die PP gearbeitet. Ein Großteil des Erfolgs bei der Andalusien-Wahl sei seinen regen Netzwerk-Aktivitäten zu verdanken, heißt es.
In Valencia steht der Jura-Professor José María Llanos an der Spitze, der für seinen Kampf gegen die Homosexuellen-Ehe bekannt ist. Die klassische Familie „ist nicht traditionell, sondern natürlich“ist sein Motto.
Bischof freut sich
In Andalusien führt nun der Richter Francisco de Asís Serrano Castro die Partei. Er war 2011 und 2012 vom Verfassungsgericht mit Berufsverbot belegt worden, weil er das Besuchsrecht eines Jungen zugunsten des geschiedenen Vaters änderte, damit der Sohn an einer Karfreitags-Prozession teilnehmen konnte, und ist ein bekannter Frauenfeind. Seine Nummer zwei ist die Ärztin und Mutter von sieben Kindern, María José Piñero. Sie hatte mit einem Video zum Frauentag am 8. März für Furore gesorgt, weil sie meinte, in Spanien hätten Männer und Frauen ohnehin die gleichen Rechte und sollten arbeiten und nicht demonstrieren.
Rechtsanwälte, Unternehmer, ein Pilot, eine Ex-Soldatin, eine Frührentnerin und ein Tierarzt stellen die Abgeordneten. Die in den Landtag gewählten Frauen stellt Vox-Chef Abascal als Beweis hin, dass die Partei nicht frauenfeindlich sei, wie ihr vorgeworfen wird. Gefreut hat sich der Bischof von Córdoba, Demetrio Fernández. Der 68-Jährige warnt in Anspielung auf die Versuche der Sozialisten, eine laizistische Politik zu betreiben: Wer „eine Welt ohne Gott“schaffen will, zahlt einen politischen Preis. Bei der Wahl zum spanischen Parlament 2016 hatte Vox übrigens 47.182 Stimmen erhalten, die Tierschutzpartei Pacma hingegen 287.000.
41,6 Prozent der Vox-Wähler schätzen die Partei wegen ihres Diskurses gegen die Immigration