Slowenien oder Schottland
Quim Torra irrt mit nicht gewaltfreiem Modell zur Unabhängigkeit – Mossos wegen Untätigkeit kritisiert
Barcelona/Madrid – ck. Mehrere Minister der Regierung Pedro Sánchez haben in Briefen den katalanischen Ministerpräsidenten Quim Torra gewarnt: Wenn die öffentliche Ruhe und Ordnung durch die katalanischen Mossos nicht garantiert sei, müssen Sicherheitskräfte aus Madrid diese Aufgabe wieder übernehmen. Blockaden auf der AP-7 am Samstag und aufrührerische Worte Torras haben die Katalonien-Krise zuletzt verschärft. Auch Erwägungen, die Zwangsverwaltung der Region durch Madrid wieder einzuführen, wurden laut.
Kabinett in Barcelona
Die katalanische Regierungssprecherin Elsa Artadi lenkte am Dienstag ein, „die Mossos werden die Sicherheit garantieren“. Am Samstag hatten sogenannte Komitees zur Verteidigung der Republik (CDR) die AP-7 in Tarragona blockiert. Es kam zu kilometerlangen Staus, ohne dass die Mossos – angeblich auf Geheiß von Torra – eingeschritten wären.
Am Freitag, 21. Dezember, will Pedro Sánchez die wöchentliche Kabinettssitzung in Barcelona abhalten. Was ein Zeichen für Gesprächsbereitschaft sein sollte, wird von den radikalen Separatisten als Provokation empfunden. Protestaktionen werden vorbereitet. Auch deshalb drohte Sánchez, die Nationalpolizei nach Katalonien zu schicken. Am 21. Dezember 2017 hatten die katalanischen Landtagswahlen stattgefunden und mit einem knappen Wahlsieg für die Separatisten diesen zusätzlich Auftrieb gegeben.
Quim Torra feuerte am Samstag während seines 48-StundenFastens von Brüssel aus die Separatisten an, sich die Republik Slowenien zum Vorbild zu nehmen. „Es gibt kein Zurück auf dem Weg in die Freiheit. Machen wir es wie die Slowenen, seien wir, um in Freiheit zu leben, zu allem bereit.“Slowenien hatte sich 1991 in einem zehn Tage dauernden Krieg mit über 60 Toten und hunderten Verletzten von Jugoslawien getrennt.
Torra hatte die Republik vergangene Woche besucht. Sein Aufruf wird nicht nur von der konservativen und ultrarechten Opposition als Rebellion gewertet. Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau und die Republikanische Linke (ERC) kritisierten die Worte Torras. Auch der damalige slowenische Ministerpräsident Lojze Peterle widersprach: „88,5 Prozent der wahlberechtigten Slowenen stimmten in einem Referendum für die Unabhängigkeit. Das gab der Ablösung demokratischen Halt“, so Peterle.
Auch Parlamentspräsident Roger Torrent setzt sich von Torras Slowenien-Lösung ab und schlug seinerseits den schottischen Weg vor. Schottland durfte in einem Referendum entscheiden, das sei auch der katalanische Wunsch. „Demokratisch und friedlich“müsse der Weg sein, nicht gewalttätig, sagte Torrent vor dem Gefängnis Lledoners. Dort befinden sich die katalanischen Politiker in U-Haft, vier von ihnen im Hungerstreik. Aus Solidarität fasten bis 26. Dezember im Wechsel immer ein Dutzend Separatisten im Kloster Montserrat – einer der ersten war Quim Torra.