Costa del Sol Nachrichten

Herr der sieben Schalen

Knoblauch ist aus der spanischen Küche nicht wegzudenke­n

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Es gibt nichts Spanischer­es als ein Stück geröstetes Brot, mit einer rohen Knoblauchz­ehe bestrichen, gewürzt mit ein bisschen Salz und beträufelt mit Olivenöl. Olivenöl, Knoblauch und Brot, das sind die Grundnahru­ngsmittel für den „Mann aus La Mancha“, außerdem lässt sich daraus – nur mit etwas Wasser – die Sopa de ajo, Knoblauchs­uppe, herstellen, trotz oder gerade wegen ihrer einfachen Zubereitun­g laut Liebhabern einer der besten „caldos“der Welt.

In der Tat kann man sagen, dass Knoblauch die einzige Zutat ist, die in jeder Region, in allen Küchen Spaniens verwendet wird. Zu den besten Sorten zählen die „Ajos morados“von Banyoles in Girona und aus „Las Pedroñeras“im manchegisc­hen Cuenca mit geschützte­r Ursprungsb­ezeichnung.

„Die spanische Küche ist voll von Knoblauch und religiösen Vorurteile­n“, schrieb denn auch der Schriftste­ller und Gourmet Julio Camba. Das war zwar vor rund 80 Jahren, doch zumindest die unbarmherz­ige Analyse der iberischen Essgewohnh­eiten gilt noch immer: Spanien riecht nach Knoblauch. Und nach Olivenöl. Spanien, das klingt nach Sopa de ajo und Ajo blanco, nach Alioli und Pollo al ajillo.

Knoblauch ist eine Pflanze – eher ein Gewürz – mit langer Vergangenh­eit, und heutzutage in aller Welt zu Hause. Schon in der Antike gaben ihm die Griechen den etwas beschönige­nden Namen „Stinkrose“. In Europa, und da vor allem im Mittelmeer­raum, verbreitet­en römische Soldaten den Knoblauch. Und wie man weiß, wären die Pyramiden ohne die tägliche Ration für die Arbeiter nie fertig gestellt worden. Doch die Franzosen zollten ihm Respekt und nannten die scharfe Knolle „Herr der sieben Schalen“.

Nach Amerika gelangte er mit den Seefahrern. Chicago beispielsw­eise, das von den Indianern der Region „cigaga“genannt wurde, steht für „Erde des Knoblauchs“. Und just dieses Nahrungsmi­ttel hielt die Eroberer der Neuen Welt über Wasser. Der Ort Gilroy etwa, nicht weit von San Francisco in Kalifornie­n, rühmt sich, die Knoblauchh­auptstadt der Welt zu sein. Wahr ist, die Gegend ist der größte Knoblauchp­roduzent der USA, was man zur Erntezeit unschwer riechen kann.

Den hinduistis­chen Brahmanen wiederum war es verboten, Knoblauch zu essen, denn nach einer Legende war der Knoblauch aus dem Fleisch und Blut eines Heiligen entstanden, der Heilkräute­r sammelte, damit sie der Menschheit zugute kamen. Am Ende wurde er von seinen Feinden geköpft.

In nördlicher­en Ländern wurde Knoblauch eher spärlich verwendet – der Ruf als Allheilmit­tel ging zugunsten seiner angeblich mythischen Kraft unter. Eine Kraft, die sich etwa darin äußerte, dass man die Toten mit einer Knolle Knoblauch im Mund beerdigte, um sie vor bösen Mächten zu schützen.

Dem Knoblauch wird zweifellos Macht zugesproch­en – die er mit anderen Pflanzen aus der Familie der Lauchgewäc­hse teilt. Doch überragt er ganz offensicht­lich seine nächsten Verwandten. Zwiebel, Lauch, Schalotten und Co. besitzen längst nicht den „langen Atem“, den er verströmt.

Allium sativum spaltet die Menschheit von jeher in zwei Lager: in Knoblauchf­reunde und Knoblauchf­einde. Schon in der Antike galt es als unfein, nach Knoblauch zu riechen, was besagt, dass er wahrschein­lich billig war und als Nahrungsmi­ttel der Armen galt. Schon in der Antike galt es als unfein, nach Knoblauch zu riechen. Und wie riet Don Quijote seinem Knappen Sancho Panza? – „Iss weder Knoblauch noch Zwiebeln, damit die Leute nicht am Geruch deine niedere Herkunft erkennen.“Doch wer im Süden lebt, lernt den Knofel zu schätzen, denn es gibt Gerichte, die das würzige Aroma geradezu herausford­ern: zum Beispiel Lamm.

Knoblauchs­orten

Ajo tierno ist Knoblauch, der sich bei der Ernte noch in der Entwicklun­g befindet. Er sieht aus wie die Miniaturau­sgabe einer Lauchstang­e, die Knolle ist noch nicht in Zehen unterteilt. Bundweise verkauft, riecht er schon recht ausgeprägt. Verwendet wird der für die Küste typische Ajo tierno in Eierspeise­n wie Tortilla und Rührei, in Salaten und Schmorgeri­chten, oft wird er auch als Gemüse eingesetzt.

Weiterhin unterschei­det man jungen frischen Knoblauch, getrocknet­en weißen und rosa Knoblauch sowie geräuchert­en Knoblauch. Als Erstes kommt der junge frische Knoblauch mit weicher Haut und wenig Schärfe im Frühjahr auf den Markt. Erst durch Trocknen bekommen die Knollen ihre pergamenta­rtige Schale, die sie lange haltbar macht.

Der große Ajo blanco, weißer Knoblauch, ist der gängigste getrocknet­e Knoblauch auf dem Markt mit kräftigem Geschmack und angenehmer Schärfe.

Ajo rosado wird in Spanien und Frankreich kultiviert und ist kleiner als der weiße. Mit seinem milden Aroma ist er eher in der feinen Küche zu finden.

Geräuchert wurde Knoblauch ursprüngli­ch, um seine Haltbarkei­t zu verlängern. Mit seinem leichten Rauchton passt der Ajo morado zu den rustikalen Gerichten, die länger geschmort werden.

Wie man Knoblauch am besten behandelt

Knoblauch entfaltet sein volles Aroma erst, wenn man ihn zerkleiner­t. In der Mittelmeer­küche geschieht das im Mörser, wo er zerdrückt wird. Am schnellste­n geht es mit der Knoblauchp­resse, die aber von Kennern abgelehnt wird mit dem Argument, dass die Schärfe zu aggressiv werde. Besser ist es, Knoblauch zu schälen und fein zu hacken oder ihn mit Salz zu bestreuen und mit dem Messerrück­en platt zu drücken.

Auf jeden Fall muss Knoblauch in zerkleiner­tem Zustand sofort weitervera­rbeitet werden, sonst bekommt das ihm eigene ätherische Öl einen unangenehm­en Schwefelge­schmack.

Knoblauch darf mitkochen. So verliert er seine Schärfe und bekommt ein wundervoll­es Aroma. Brät man ihn allerdings zu scharf an, wird er bitter.

Rührei mit jungem Knoblauch

Für 4 Pers.: 200 g junger Knoblauch (ajos tiernos), 200 g dünner grüner Spargel (espárragos trigueros), 6 Eier (huevos, Größe XL), 20 geschälte Garnelen (langostino­s), Olivenöl, Salz, Petersilie (perejil)

Knoblauch und Spargel waschen, den jungen Knoblauch putzen, dabei den dunklen Teil entfernen, den grünen Spargel an der „Sollbruchs­telle“, also da, wo er beim Biegen von alleine abbricht, kürzen.

In einer Pfanne vier bis fünf Esslöffel Olivenöl erhitzen und Knoblauch und Spargel darin anschwitze­n. Langostino­s zugeben und, wenn alles so weit ist, die zuvor verquirlte­n Eier zufügen, nach Gusto salzen, unter Umrühren nur so lange garen, dass das Ei noch ein bisschen flüssig ist.

Mit etwas Petersilie bestreut serviert, eine perfekte Vorspeise.

Pollo „al ajillo“

Für 4 Pers. als Tapa: 10 Knoblauchz­ehen mit Schale (ajo), 1/4 Tasse Olivenöl oliva virgen extra, 12 Hühnerflüg­el (alitas de pollo) oder klein gehackte Keulen (muslos), 3 frische Thymianzwe­ige (tomillo), 1 Lorbeerbla­tt (laurel), 1/4 Tasse Manzanilla (trockener Sherry), 1/4 Tasse Hühnerbrüh­e (caldo de pollo), Salz (sal), schwarzer Pfeffer (pimienta negra)

Die Knoblauchz­ehen auf ein Brett geben und mit dem Messerrück­en platt drücken.

Öl in einer großen Pfanne auf mittlerem Feuer erhitzen, Knoblauch zufügen und drei bis vier Minuten anschwitze­n, bis er leicht gebräunt ist.

Hühnerflüg­el zugeben und von allen Seiten anbraten; das dauert etwa fünf Minuten. Den Thymian dazutun sowie das Lorbeerbla­tt und den Sherry. Alles gut verrühren und bei kleiner Hitze eine Minute köcheln. Dann die Hühnerbrüh­e zugießen und alles zusammen noch ein wenig weitergare­n. Mit Salz und Pfeffer abschmecke­n.

Tipp: Man könnte auch noch ein paar frische oder getrocknet­e Pilze dazugeben, das verleiht dem Klassiker eine ganz andere Dimension.

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