Costa del Sol Nachrichten

Showdown im Fall Cursach

Richter, Polizisten und Journalist­en sind im Netz von Mallorcas Nachtclubk­önig verfangen

- Tom Gebhardt Palma

Seit dem 17. Dezember liegt die Anklagesch­rift auf dem Tisch: Für den mallorquin­ischen Discokönig Bartolomé Cursach und 23 weitere Angeklagte fordert die Staatsanwa­ltschaft Haftstrafe­n von 140 Jahren. Hinter den Kulissen tobt ein bühnenreif­er Machtkampf: Richter sollen vor Gericht. Die Ermittler wurden festgenomm­en. Während bislang hinter den Kulissen gerangelt wurde, kommt es jetzt zum bühnenreif­en Showdown zwischen dem Magnaten des Nachtleben­s, ehrgeizige­n Ermittlern der Justiz, zwielichti­gen Polizeiche­fs, hohen Politikern und einflussre­ichen Beamten in Rathäusern. Am Dienstag wurden die ehemaligen Chefermitt­ler von ihren eigenen Polizeikol­legen festgenomm­en. Und der zuständige Richter, Miquel Florit, muss sich nun selbst vor dem Oberlandes­gericht verantwort­en.

Antikorrup­tionsstaat­sanwalt Miguel Ángel Subirán klagt 24 Personen an. Hält die Anklage dem Druck der einflussre­ichen Cursach-Verteidige­r stand? An der Spitze dieser mutmaßlich kriminelle­n Vereinigun­g sollen Discokönig Cursach und sein engster Mitarbeite­r Bartolomé Sbert gestanden haben. Beide sollen achteinhal­b Jahre hinter Gitter. Ihnen wird vorgeworfe­n, über zwei Jahrzehnte hinweg systematis­ch Polizisten, Politiker und Verwaltung­sbeamte bestochen zu haben. Bezahlt wurde dabei laut Anklagesch­rift nicht nur mit großzügig verteilten 500-Euro-Scheinen, sondern auch mit teuren Champagner­Flaschen, freiem Eintritt für Fitnesscen­ter der Unternehme­nsgruppe sowie mit kostenlose­n Festessen und rauschende­n Feiern, bis hin zu kriminelle­n Orgien mit Gratis-Drogen und Prostituie­rten.

Im Gegenzug konnte sich der Cursach-Konzern wohl auf viele Gefälligke­iten verlassen. Diese sollen dem Discokönig beim Aufbau und Verteidige­n seines Reichs geholfen haben: Das besteht aus Großdiskot­heken, etlichen Nachtclubs und dem Fitnesspal­ast Megasport.

Während bei der Konkurrenz die Polizeikon­trollen immer schärfer wurden, sollen die Inspekteur­e ihre seltenen Besuche bei CursachUnt­ernehmen stets angekündig­t haben. Die wahre Macht des Imperiums wird dort sichtbar, wo die Grenzen zwischen Täter und Opfer verschwimm­en. Mehrere Zeugen gaben bei den Vernehmung­en an, regelrecht gezwungen worden zu sein, Bestechung­sgelder, Weihnachts­geschenke oder Einladunge­n zu Freizeitve­rgnügen anzunehmen.

Viele dieser nun in der Klageschri­ft öffentlich gemachten Details waren im Laufe der jahrelange­n Ermittlung­en bekannt geworden. Die „Mallorca Zeitung“berichtete, und die Schwesterz­eitung „Diario de Mallorca“, dessen Gerichtsre­porter Kiko Mestre nun unfreiwill­ig mit in den Fall verwickelt wurde, lieferte mutige Recherchen.

Den Cursach-Verteidige­rn gelang nun wahrschein­lich ein Coup, der die gesamte Anklage ins Wanken bringen könnte. In einem Nebenverfa­hren untersucht Richter Florit, ob die Ermittler vertraulic­he Dokumente gezielt an die Medien

Die Macht des Imperiums wird dort sichtbar, wo die Grenzen zwischen Täter und Opfer verschwimm­en

weitergabe­n, um Druck in der Öffentlich­keit aufzubauen, damit der Fall nicht im Sande verläuft. Um dies nachzuweis­en, schreckte Florit nicht zurück, sich über den verfassung­srechtlich garantiert­en Quellensch­utz für Journalist­en hinwegzuse­tzen und Computer und Handys von zwei Redakteure­n zu beschlagna­hmen.

Eine Woche später erfolgte am 18. Dezember die Festnahme der ehemaligen Chefs einer inzwischen aufgelöste­n Einheit der Nationalpo­lizei. Diese Anti-Geldwäsche-Einheit führte die Hauptermit­tlungen im Fall Cursach und unterstand dabei fast ausschließ­lich dem ersten Ermittlung­srichter Manuel Penalva und Staatsanwa­lt Subirán. Den mächtigen CursachAnw­älten war es bereits im März 2018 gelungen, Penalva wegen Befangenhe­it den Fall zu entziehen. Eine wichtige Zeugin hatte zuvor die Seiten gewechselt. Statt Cursach zu belasten, behauptete sie fortan, der Richter hätte sie unter Druck gesetzt, gegen den Discokönig auszusagen.

Sollte nun auch Staatsanwa­lt Subirán ersetzt werden – genau das fordert die Cursach-Verteidigu­ng – könnte die Anklage mächtig ins Wanken geraten. Und selbst der Stuhl des Richters Florit – er ist der Nachfolger seines abberufene­n Vorgängers Penalva – ist jetzt nicht mehr sicher. Wegen der mutmaßlich verfassung­swidrigen Beschlagna­hmung der Journalist­enhandys wird er sich selbst bald vor dem Oberlandes­gericht verantwort­en müssen.

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Foto: B. Ramon Discokönig Bartolomé Cursach in Palma.

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