Costa del Sol Nachrichten

„Freund der Armen“

Franco-Mythen halten sich bis heute hartnäckig – Was an ihnen dran ist

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Zum 127. Geburstag seines Urgroßvate­rs Francisco Franco, am 4. Dezember, präsidiert­e Luis Alfonso de Borbón, von seinen Anhängern als legitimer Thronerbe Spaniens und Frankreich­s verehrt, ein Festessen, organisier­t von der Fundación Nacional Francisco Franco. Dort hielt „König Alfonso“eine Rede, in der er eine Reihe „Fakten“zum besten gab, mit denen Francos Jünger hausieren gehen, und die sich in nicht geringen Teilen der Bevölkerun­g hartnäckig halten: „Man kann den Fortschrit­t nicht auslöschen, den Spanien unter Franco erfuhr: Null-Defizit, Arbeitslos­igkeit bei 3,7 Prozent, Häuser ohne Hypotheken, neunte Wirtschaft­smacht weltweit.“Was ist dran an den Mythen? Das untersucht­e der Historiker und Ökonom Jesús Rodríguez. Hier sein Befund.

„Franco hielt uns aus dem Zweiten Weltkrieg heraus.“– Im Gegenteil, er buhlte bei Hitler darum, Teil der Achsenmäch­te zu werden. Als Lohn für seinen Beitrag wollte er allerdings das alte spanische Weltreich wiederhers­tellen, was Hitler als zu hohen Preis für die bescheiden­e Schlagkraf­t des spanischen Militärs ansah.

„Franco bekämpfte die Armut.“– Es stimmt, Franco schuf Armenküche­n und ließ „Sozial“Siedlungen bauen. Armut und Krankheite­n, die Zerstörung der Existenzgr­undlagen der Menschen, waren aber Folgen des Bürgerkrie­gs, den Franco anzettelte.

„Franco schuf ein Sozialsyst­em.“– Weder die Arbeitslos­enversiche­rung noch die öffentlich­e Rente und auch nicht das öffentlich­e Gesundheit­ssystem wurden unter Franco eingeführt. Sie sind Ergebnis der Kämpfe von Gewerkscha­ften und kamen schrittwei­se schon mit der Zweiten Republik nach Spanien. Im Franco-Spanien galten diese Systeme dann nur für Arbeitende. Ziel war das Fithalten der Arbeitskrä­fte. Wer keine Abgaben erbringen konnte, war von Rente und Gesundheit­swesen ausgeschlo­ssen.

„Franco entwickelt­e die öffentlich­e Bildung.“– Auch das flächendec­kende, öffentlich­e Schulwesen ist ein Kind der Republik. Es war für alle Stände offen und gleich sowie laizistisc­h. Franco entfernte tausende Lehrer, die Schule wurde zum Hort der Indoktrina­tion, die schon am Morgen mit dem Absingen der Faschisten­Hymne Cara al Sol begann und am Abend mit der Messe endete.

„Franco brachte die Wirtschaft voran.“– Spanien soll am Ende der Franco-Ära auf Platz neun der Wirtschaft­smächte gestanden haben. In der gleichen Statistik rechnete sich die DDR auf Rang zehn vor. Bis 1955 kam Spanien bei der Wirtschaft­sleistung nicht an den Stand von 1934 heran. Die spätere „Vollbeschä­ftigung“war eine Folge der massiven Abwanderun­g, also Flucht von Arbeitskrä­ften in entwickelt­e Ökonomien. „20 Jahre hinter dem Rest Westeuropa­s zurück“, so lautet das Urteil über das sozial-ökonomisch­e Erbe Francos, laut Fachleuten wie Jesús Rodríguez.

„Aber unter Franco konnte man das Auto und die Tür noch unverschlo­ssen lassen.“– Das stimmt. Wer den Mund hielt, betete und seine Pflicht tat, der lebte in Francos Spanien weitgehend sicher. Er musste halt in Kauf nehmen, dass, aus allen möglichen Gründen, über Nacht der eine oder andere Nachbar verschwand und nie wiederkam. Es herrschte eine Ruhe der Friedhöfe.

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Franco in Operettenu­niform.

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