Costa del Sol Nachrichten

Wettlauf gegen die Zeit

Hunderte von Rettungskr­äften suchen nach einem Jungen in einem 100 Meter tiefen Brunnensch­acht

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Totalán – nic. Große Anteilnahm­e in ganz Spanien hat die Suchaktion nach dem zweieinhal­bjährigen Julen ausgelöst, der auf dem Grund eines 107 Meter langen Brunnensch­achts auf einem abgelegene­n Grundstück auf dem Gemeindege­biet von Totalán, unweit des Dolmens „Cerro de la Corona“oberhalb der Landstraße nach Olías, vermutet wird. Der Junge soll nach Angaben seines Vaters gegen 14 Uhr während eines Picknicks mit seinen Eltern und einer befreundet­en Familie beim Spielen mit Gleichaltr­igen in den Schacht gefallen sein, er selbst sei sofort zu dem Einstiegsl­och gerannt und habe das Kind von drinnen weinen hören.

Noch am Sonntagnac­hmittag wurde die Suchaktion nach dem Jungen eingeleite­t. Zunächst trafen Spezialein­heiten von Feuerwehr, Guardia Civil und Zivilschut­z am Unglücksor­t ein, wenig später kamen rund zehn private Unternehme­n hinzu, die freiwillig ihre Hilfe anboten. Am Dienstag, rund zwei Tage nach dem Unfall, wurde schließlic­h eine Brigade für Minenunglü­cke der Guardia Civil aus Asturien eingefloge­n sowie ein Team des schwedisch­en Unternehme­ns Stockholm Precision Tools AB. Diesem war es im Jahr 2010 gelungen, 33 in Chile verschütte­te Minenarbei­ter lebend zu bergen, nachdem diese 17 Tage lang im Inneren der Erde eingeschlo­ssen waren.

Bergung schwierig

Die Bergungsar­beiten werden von dem Umstand erschwert, dass der Schacht nur einen Durchmesse­r von rund 25 bis 30 Zentimeter­n hat. Mit einem Spezialrob­oter, den ein privates Unternehme­n zur Reinigung von Rohren zur Verfügung gestellt hat, war man am Montag bis in eine Tiefe von 78 Metern vorgedrung­en. Dort wurde eine Tüte mit Süßigkeite­n entdeckt, die Julen bei sich trug. Weil sich Erde gelöst hatte und den Schacht verstopfte, war der mit einer Kamera ausgestatt­ete Roboter allerdings nicht weitergeko­mmen. Versuche, mit seiner Hilfe den Schacht frei zu graben, wurden nach einigen Stunden eingestell­t, da die Erde zu hart war und befürchtet wurde, dass durch die Erschütter­ung neue Erdrutsche entstehen könnten. Nachdem die Rettungskr­äfte eine Zeitlang erwägt hatten, parallel zum Brunnensch­acht einen neuen Schacht bis auf die Höhe des Erdpfropfe­ns zu graben, wurde dieses Vorhaben schließlic­h aus demselben Grund verworfen.

Am Dienstagna­chmittag wurde mit der Anlage zweier Tunnel begonnen, in die bis zum Redaktions­schluss dieser CSN-Ausgabe am Mittwochna­chmittag alle Hoffnungen gesetzt waren. Einer der Tunnel soll von einer Böschung in horizontal­er Richtung zum Grund des Brunnensch­achts führen, ein anderer aus einigen Metern Abstand zum Einstiegsl­och schräg nach unten dorthin.

Hoffnung auf Luftblase

Der Abgeordnet­e der andalusisc­hen Landesregi­erung Alfonso Rodríguez Celis hatte am Dienstag erklärt, dass die beiden Tunnel in maximal 48 Stunden, das heißt, bis zum heutigen Donnerstag, den Grund des Brunnensch­achts erreichen würden, doch Mitarbeite­r der Bergungste­ams gehen davon aus, dass die Arbeiten rund einen Tag länger dauern könnten.

Ob der kleine Julen noch lebend geborgen werden kann, wird dabei von Tag zu Tag immer fraglicher. Dies ist Fachleuten zufolge nur möglich, wenn sich im Inneren des Schachts eine Luftblase gebildet hat wie seinerzeit bei den Minenarbei­tern in Chile. Deshalb werden der schwedisch­en Spezialfir­ma derzeit die größten Erfolgscha­ncen eingeräumt.

Dass der Brunnensch­acht nicht besser abgesicher­t war, könnte derweil ein juristisch­es Nachspiel haben. Den Schacht soll der Lebensgefä­hrte einer Cousine des Vaters des Jungen, dem das Grundstück gehört, erst im Dezember angelegt haben, um nach Grundwasse­r für den späteren Bau eines Hauses zu graben. Der Eigentümer des beauftragt­en Unternehme­ns behauptete auf Nachfrage jedoch, er habe das Loch ordnungsge­mäß versiegelt.

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Fotos: dpa Schon nach kurzer Zeit wurde der Unglücksor­t von der Guardia Civil abgeriegel­t.

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