Lautlose Trittbrettfahrer
Ein leises Sirren am Straßeneck, es bleibt gerade noch Zeit, einen rettenden Sprung auf die Seite zu machen. Wusch. Völlig unbeeindruckt rauscht ein E-Roller-Fahrer vorbei. Als Fußgänger muss man seit dem Boom von Roller, Segway und Co. mit allem rechnen. Auf dem Gehweg und beim Überqueren der Straße sowieso. Erst neulich zischte so ein Gefährt nahezu lautlos in einer Einbahnstraße vorbei – natürlich entgegen der Fahrtrichtung. Fast wäre es blöd ausgegangen, zum Glück telefonierte der Zweiradfahrer lautstark mit dem Smartphone am Ohr, sodass ahnungslose Fußgänger vorgewarnt waren. Vom wackligen, weil einhändigen Fahrstil des E-Roller-Fahrers ganz zu schweigen. Die Dinger sind verdammt schnell, pirschen sich lautlos an und die Straßenverkehrsordnung scheint für sie sowieso nicht zu gelten.
Höchste Zeit, dass sich das ändert, sind sich viele Städte einig und haben damit angefangen, den Trittbrettfahrern das Handwerk zu legen: In Valencia sollen sie höchstens mit 20 Kilometern pro Stunde auf dem Radweg – und nicht auf dem Bürgersteig – rollen dürfen. Alicante will die lautlosen Dinger von seiner Flaniermeile Explanada und der Strandpromenade verbannen. Höchstens mit Tempo 30 sollen die ERoller in der Stadt unterwegs sein. Sind sie länger als einen Meter, soll in der Provinzhauptstadt Helmpflicht gelten. Andere Städte, andere Sitten. Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Da soll sich noch einer auskennen.
Man male sich aus, wozu das wieder führen wird: In Valencia fährt der E-Roller-Lenker ohne Helm los, schlängelt sich im Slalom je nach Gemeinde mal über Rad- oder schiebend über Gehwege und kommt dann in Alicante an, wo er an der Stadtgrenze erst einmal einen Stopp am Fahrradladen einlegen muss, um sich eine sichere Kopfbedeckung zu besorgen. Vorausgesetzt, er kommt angesichts des mehr als lückenhaften Radwegnetzes überhaupt so weit. Lang lebe das Verkehrschaos!