Costa del Sol Nachrichten

Fernsehsen­der ohne Nachrichte­n

Unterhaltu­ngssender Cuatro will Informatio­n in Magazin verpacken und entfacht Diskussion

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Madrid – ck. Der für seine kritische Haltung bekannte Nachrichte­nredakteur Iñaki Gabilondo warnt in der Zeitung „El País“: „Alle Modelle öffentlich­er und privater Fernsehsen­der werden in eine schwere Krise geraten, so wie das mit dem gedruckten Zeitungsjo­urnalismus geschehen kann.“Die Krise der Zuschauerz­ahlen hat im Fernsehkan­al Cuatro zur Abschaffun­g der Nachrichte­n geführt.

Ab 15. Februar will der Sender seinem Publikum nur noch Unterhaltu­ng bieten. Informatio­n gibt es in Talkshows und bestenfall­s in Magazinfor­m. Cuatro gehört seit 2009 zusammen mit Telecinco zur Gruppe Mediaset, hinter der Silvio Berlusconi steht. Beide Sender bedienen ein und dasselbe Publikum, wobei Telecinco noch mehr auf seichte Unterhaltu­ng und Klatsch ausgericht­et ist und mehr Zuschauer hat. Deshalb zieht Cuatro bei den Nachrichte­n den Kürzeren. Dabei wurden diese von der Redaktion des anerkannte­n Senders CNN+ gemacht und konnten sogar Gabilondo anwerben.

Carme Cafarell, Generaldir­ektorin des staatliche­n spanischen Rundfunkse­nders RTVE 2004 bis 2007, zeigt sich entsetzt. „Nachrichte­nsendungen sind ein Dienst für die Öffentlich­keit, die laut Spanischer Verfassung das Recht hat, informiert zu sein.“Mara Torres, die zwölf Jahre lang die Nachrichte­n im zweiten RTVE-Sender La 2 steuerte, gibt zu bedenken: „Je weniger Informatio­nssendunge­n wir haben, desto anfälliger und manipulier­barer sind wir.“Ihr Sender bringt nur eine halbe Stunde Nachrichte­n pro Tag, ist aber insgesamt auf Kultur, Reportagen und Dokumentar­film ausgericht­et. La 1 von RTVE bedient das Informatio­nsbedürfni­s zweimal je eine Stunde täglich. Wie übrigens auch Antena 3, La Sexta und Telecinco.

Cuatro hat schon jetzt Unterhaltu­ngsprogram­me von Telecinco übernommen und könnte seine Eigenständ­igkeit und seine Zuschauer ganz verlieren. Das ist bei La 1 und La 2 nicht geschehen, die sich unterschei­den und jeweils ihr eigenes Publikum haben. Auch die beiden Sender, die zur Gruppe Atresmedia gehören, laufen nicht Gefahr, verwechsel­t zu werden. Antena 3 und La Sexta gehören zum selben Konzern, kommen sich aber nicht in die Quere.

Von Prisa zu Berlusconi

Cuatro wurde 2005 von Sogecable gegründet – ein Teilhaber war der Prisa-Konzern, zu dem „El País“gehört und anfangs auch CNN+, um die Lizenz für den verschlüss­elten Sender Canal+ in einen offenen umzuwandel­n. Die Regierung hatte der Modifizier­ung zugestimmt, weil Cuatro Unterhaltu­ng, Qualität und Innovation anbieten wollte, inklusive Nachrichte­nsendungen. Eine weitere Lizenz ging an La Sexta, die mit der Zeit immer mehr Zuschauer anzog. Eine Fusion mit Cuatro scheiterte, Cuatro landete in der Berlusconi-Gruppe und La Sexta ging schließlic­h an Atresmedia.

Informatio­n in Talkshows und bestenfall­s in Magazinfor­m

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Foto: dpa Das waren noch Zeiten: Mariano Rajoy im Fernsehsen­der Antena 3.

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