Im Jammertal
Vor allem die Medien sollten sensibel mit dem Thema Suizid umgehen – Erfolgsgeschichten sollten Sensationsgier dominieren
Fehlende Lebensfreude und ein verringerter Antrieb sind Symptome für eine Depression. Psychotherapie und Antidepressiva sind die bekanntesten Mittel gegen diese Krankheit. Der Psychosomatiker Dr. med. Mario Scheib bietet seinen Patienten individuelle Therapien.
Negative Gedankenschleifen, verminderter Antrieb und ein geringes Selbstwertgefühl deuten auf eine Depression hin. Diese Symptome können auch bei gesunden Menschen über einen bestimmten Zeitraum hinweg auftreten. Leidet jemand jedoch unter einer Depression, so sind sie länger anhaltend, schwerwiegender ausgeprägt und senken die Lebensqualität enorm.
Psychiater ordnen die Depression den affektiven Störungen zu. Sie stellen die Diagnose nach Symptomen und Verlauf. In der Regel werden Depressionen mit Psychotherapie behandelt, ab einem gewissen Schweregrad werden zusätzlich Antidepressiva verabreicht. Der Begriff depressiv wird im alltäglichen Sprachgebrauch häufig für eine traurige, niedergeschlagene Verstimmung verwendet. Im medizinischen Sinne ist die Depression jedoch eine ernste, behandlungsbedürftige und häufig auch folgenreiche Erkrankung. In den meisten Fällen entzieht sich die Krankheit der Willens-Disziplin und Selbstdisziplin des Betroffenen. Sie verursacht häufig Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung und mündet nicht selten im Selbstmord.
Nach Angaben des nationalen Statistikinstituts (INE) ist die Zahl der Selbstmorde in Spanien im Jahr 2017 um 3,1 Prozent angestiegen. Im vergangenen Jahr haben in Spanien 3.679 Personen den Freitod gewählt. Die Zahl der Verkehrsopfer betrug 1.943. Somit haben fast dreimal so viele Personen Selbstmord begangen. Nach Daten der Bürgerplattform Stop Desahucios sind 34 Prozent der Suizide in Spanien darauf zurückzuführen, dass der Person eine Zwangsräumung gedroht hat.
Eine lange Leidensgeschichte
Wie die Vereinigung Salud Mental España in einer Pressemitteilung anlässlich des Welttags der SuizidPrävention am 10. September 2018 bekannt gab, begehen weltweit jedes Jahr fast eine Million Personen Selbstmord, das sind 16 Personen von 100.000. Die Vereinigung hat die Kampagne „#HablaDelSuicidio“ins Leben gerufen, um der Tabuisierung und Stigmatisierung dieses Themas zu begegnen. Noch immer bestehe der Irrglaube, so der Präsident der Vereinigung, Nel A. González Zapico, dass Suizidgefährdete Egoisten sind. Dabei handle es sich um Personen, die eine lange Leidensgeschichte hinter sich haben. Wer einen Suizid ankündige, wolle auch nicht um Aufmerksamkeit heischen, sondern dahinter steckten Verzweiflung und Schmerz. Oftmals werde der Selbstmord im nahen Freundesund Familienkreis auch angekündigt. Nach Meinung der Organisation Salud Mental España ist es die Aufgabe der Medien, bei der Berichterstattung sensibel mit dem Thema Suizid umzugehen. So sollten Journalisten objektiv berichten, nur aus vertrauenswürdigen Quellen schöpfen und nicht die Sensationsgier der Leser oder Zuschauer bedienen. Weder Abschiedsbriefe, noch Fotos oder Details zur Methode des Suizids sollten publiziert werden. In der Regel sollte bei dem Thema der Fokus auf der Prävention liegen. So sollten die Journalisten auch das Thema Depression eingehend behandeln und darauf hinweisen, dass diese Krankheit geheilt werden kann. Im Mittelpunkt sollten Geschichten von Personen stehen, die keine Selbstmordgedanken mehr hegen und deren Leben einen anderen Kurs genommen hat.
Die Vereinigung warnt auch vor Vereinfachungen, vielmehr sollte der Suizid als ein komplexes Thema und niemals als nachvollziehbare Lösung eines Problems dargestellt werden. Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Dr. med. Mario Scheib, weist darauf hin, dass psy- chische Stabilität bereits im Uterus gebildet wird. Während der ersten Lebensjahre werden bereits Weichen dafür gestellt, ob jemand später unter psychischen Störungen leiden wird. Auch wenn Mütter selbst keine Gewalterfahrungen gemacht haben, so reiche bereits Angst vor Gewalt aus, damit die Kinder später schnell gestresst sind.
Im medizinischen Sinne ist die Depression eine ernste, behandlungsbedürftige und häufig auch folgenreiche Erkrankung
Prägung ist entscheidend
Im menschlichen Gehirn werden bereits in der frühen Kindheit die Weichen für die Entwicklung der Persönlichkeit gestellt. Somit werde in diesem frühen Stadium vorgezeichnet, wie sich das Immunsystem entwickelt oder sich die Schmerzwahrnehmung ausprägt, so Scheib. Auch genetische und epigenetische Faktoren könnten eine Rolle spielen.
Die Epigenetik besagt, dass es im menschlichen Körper bestimmte Gene gibt, die erst unter ganz speziellen Bedingungen aktiviert werden. Wenn später Risiken oder gewisse Lebenseinschnitte wie Arbeitsverlust oder Trennungen auf-