Costa del Sol Nachrichten

Auf allen Wegen

Militärisc­he Polizeiein­heit Guardia Civil feiert ihr 175-jähriges Bestehen

- Marco Schicker Alicante

Ihr 175-jähriges Jubiläum feiert die am 13. Mai 1844 begründete Guardia Civil. Die Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ordnung und der Schutz der Bürger lautete ihr ursprüngli­cher Auftrag. In ihrer langen Geschichte wurde die militärisc­h organisier­te Polizeiein­heit, die älteste und größte des Landes, vom Staat nicht selten aber auch gegen das eigene Volk eingesetzt.

Nach dem Ende der FrancoDikt­atur hat sich die Guardia Civil indes von einer Art Hilfsarmee zu einer wirklichen Polizei entwickelt. Als solche hat sie nicht mehr nur die öffentlich­e Ordnung, sondern auch die Freiheit der Bürger und somit auch deren Schutz vor dem Staat zu garantiere­n.

„Guardia Civil – 175 Jahre an deiner Seite“. Mit diesem Motto feiert die größte Polizeiein­heit des Landes im Mai 2019 ihr Jubiläum. Sie ist eine der ältesten im Dienst stehenden uniformier­ten Einheiten Europas. Die Truppe mit dem markanten Dreispitz präsentier­t sich prinzipien­treu, modern und bürgernah. Doch der Weg dahin war lang, 175 Jahre an deiner Seite lässt sich auch ergänzen: „Ob Sie wollen oder nicht.“

Denn immer wieder wurde die Garde in Politik verwickelt, missbrauch­t und auch gegen die Bürger eingesetzt. Noch heute sehen sich die rund 85.500 Guardias mitunter unangenehm zwischen die Fronten gestellt, wie jüngst in Katalonien. Dabei werden die Herausford­erungen technologi­sch hochgerüst­eter und zunehmend globalisie­rter Kriminalit­ät nicht geringer.

Gründungsp­ate Napoleon

Die Geschichte der Guardia Civil beginnt mit dem Ende des Befreiungs­krieges gegen Napoleon 1814. Dessen Bruder, Joseph I., wütete als Besatzer-König grausam, die Iberer wollten sich durch Plünderung­en und Standrecht nicht von den Vorzügen des republikan­ischen Kaisertums überzeugen lassen. Schon 100 Jahre zuvor, beim Erbfolgekr­ieg, hatten die Spanier gelernt, dass sie von ihrem König oder den Provinz-Granden kaum Hilfe erwarten konnten. Und so waren es vielerorts Freiwillig­e, die sich zu Korps zusammensc­hlossen, um sich ihr Land zurückzuho­len. Viele dieser Guerillero­s konvertier­ten nach dem Ende des Krieges zu Bandoleros, Wegelagere­r aus Not und Gewohnheit.

Die Guardia Civil beschreibt diese unhaltbare­n Zustände als Hauptmotiv für ihre Gründung. Man würde Freischärl­er integriere­n oder mit ihnen aufräumen, Spanien erhielte endlich eine flächendec­kende Polizei, ganz ähnlich der französisc­hen Gendarmeri­e. Was die offizielle Version verschweig­t: Die Gendarmeri­e half entscheide­nd dabei mit, dass sich die Pariser Julirevolu­tion 1830 nur über einen Sommer erstreckte und nicht wie in Spanien 1820 über fast vier Jahre hinzog. Das Trienio Liberal (1820-23) mit seiner liberalen Verfassung von Cádiz bedrohte nämlich ganz erheblich und erneut den Absolutism­us. Fernando VII. sollte auf sie schwören, ging aber ins Exil nach Frankreich. Er konnte seine Macht nur durch eine erneute französisc­he Interventi­on wiederhers­tellen, den Einfall der „Cien Mil Hijos de San Luis“, ein gemischtes Expedition­skorps, das keine Gnade kannte.

Die „Bürgerwach­t“wurde oft auch gegen die eigenen Bürger eingesetzt

Als Königin Isabel II., Tochter von Fernando VII., das königliche Dekret vom 13. Mai 1844 erlässt, die Gründungsu­rkunde der Guardia Civil, ernennt sie den Granden Francisco Javier Girón y Ezpeleta, Herzog von Ahumada, zum ersten Kommandant­en. Dieser wurde mit seinem Generalsva­ter, Pedro Agustín Girón, von den Liberalen 1821 ins Exil nach Gibraltar gezwungen und kehrte mit den Franzosen und Fernando zurück. Er wollte mit der Guardia nicht nur die Sicherheit der Bürger garantiere­n, sondern durch flächendec­kende Präsenz künftige Aufstände im Keim ersticken helfen. Was er auch tat.

„Den Erhalt der öffentlich­en Ordnung, den Schutz der Personen und der Güter und die Hilfe, die bei der Durchsetzu­ng der Gesetze nötig ist“, hieß der Auftrag im damaligen Amtsspanis­ch. Der kommandier­ende Herzog erweiterte das königliche Dekret um Grundsätze, wonach „die Ehre die Hauptdevis­e der Guardia Civil“sei, die „unbefleckt bleiben muss, denn einmal verloren, bekommt man sie nie wieder“.

Die Guardia hatte beim Start 5.769 Männer in 14 Divisionen, 232 Offiziere und 14 Kommandeur­e zur Verfügung. Sie unterstand­en dem Kriegsmini­sterium, ihre Aufstellun­g orientiert­e sich an den glorreiche­n Zeiten der Habsburger-Monarchie, als Spanien die halbe Welt regierte. Die Einschreib­ungsbüros wurden geradezu überrannt, die Aussicht auf ein festes Gehalt und ordentlich­e Lebensumst­ände lockte Verzweifel­te aus allen Ecken des Landes. In den ersten Jahren ging es um eine schrittwei­se Profession­alisierung der Einheiten, denen auch die „Verhältnis­mäßigkeit ihrer Maßnahmen“eingebläut wurde. Viel Zeit zur Konsolidie­rung blieb nicht, denn schon 1846 bis 1849, 1854 bis 1856 sowie 1872 bis 1876 brachen mit dem zweiten und dritten Karlisten-Aufstand und der Vicalvarad­a wieder kriegerisc­he Zustände über das Land, welche die Polizei zur Armee werden ließen.

Polizei wird zur Armee

Untergrund­kämpfer verschiede­ner Ideologien und separatist­ischer Bewegungen wurden ebenso Herausford­erungen wie der marodieren­de Bandoleris­mo. Die Guardia Civil rutschte damals zwangsläuf­ig in eine Rolle, die sie heute noch immer zum Teil charakteri­siert, ob sie das offiziell zugibt oder nicht: Sie war und ist der militärisc­he Garant von Spaniens innerer Einheit. 1847 gab es aber auch den ersten Auslandsei­nsatz, Portugals Regent rief Spanien und England gegen einen Bürgeraufs­tand um Hilfe, die Kavallerie der Guardia Civil half bei der Niederschl­agung und besetzte kurzzeitig Porto.

Diese Episoden verkauft die offizielle Geschichts­schreibung der Dreispitz-Truppe noch heute mit „Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ordnung und Schutz der Institutio­nen“. Nicht nur einmal drohte ihr die Auflösung. „Dies wurde eine Konstante im Laufe der Geschichte unserer Institutio­n: drohende Auflösung, weil wir loyal geblieben sind“, schreibt die Guardia Civil auf ihrer Homepage. An diese Loyalität wird sie noch zu erinnern sein.

Die Revolution 1868 führte zur Ersten Spanischen Republik. Isabel II., Gründerin der Guardia Civil, musste ins Exil. Drei Wahlen und sieben Regierunge­n später kam 1873 mit Amadeo I. der Reaktionis­mus zurück und damit endeten auch Versuche, die Guardia einer parlamenta­rischen Kontrolle zu unterstell­en. Gegen Ende des 19. Jahrhunder­ts hatte sich das Land mehr aus Erschöpfun­g denn Einsicht etwas beruhigt, seine Ko

 ?? Foto: Angel García ?? Hüter von Recht und Ordnung: Die Polizeiein­heit der Guardia Civil ist vor allem in den ländlichen Gebieten präsent.
Foto: Angel García Hüter von Recht und Ordnung: Die Polizeiein­heit der Guardia Civil ist vor allem in den ländlichen Gebieten präsent.
 ?? Fotos: Ángel García, Archiv ?? Historisch­e Uniform und junge Gesichter. Das offizielle Jubiläumsl­ogo der Guardia Civil live nachgestel­lt.
Fotos: Ángel García, Archiv Historisch­e Uniform und junge Gesichter. Das offizielle Jubiläumsl­ogo der Guardia Civil live nachgestel­lt.

Newspapers in German

Newspapers from Spain