„Manchmal reicht ein Blick“
Verónica Rubio und Beatriz García von der Guardia Civil in Alicante über Selbstverständnis und schwierige Momente
Alicante – mar. Zum 175. Jahrestag präsentierte sich die Guardia Civil in Alicantes Casa Mediterránea mit einer Fotoausstellung, bei der sich verschiedene Abteilungen in vollem Ornat vorstellten. Dort sprach die CBN mit Verónica Rubio und Beatriz García, zwei jungen Frauen, die bei der Kommandantur Alicante für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind. Als wir nach ihrem Chef, „Herrn Hernández“fragen, gibt es eine strenge Belehrung: Hier gebe es nur den „Coronel Jefe Hernández“. Diesen lassen sie bei dem Gespräch nicht aus den Augen, bleiben in strammer Haltung. Die Uniformen sitzen tadellos, die Antworten auch.
CBN: Wir haben in Spanien Orts- und Nationalpolizei. Warum noch eine Guardia Civil?
García: Sie hat klare Zuständigkeiten, für alle Orte unter 50.000 Einwohner finden Sie die Guardia Civil und die Ortspolizei. Letztere untersteht den Rathäusern, die Guardia dem Innenministerium. Außerdem sind wir für den Schutz der Grenzen, Häfen, Flughäfen zuständig, aber auch für die Ausstellung und Kontrolle von Waffenscheinen. Unsere Struktur ist vergleichbar mit der französischen Gendarmerie und ihrem Verhältnis zur Nationalpolizei.
Wann soll man die 112, wann die 062, also die Guardia direkt anrufen, wenn man der Ortspolizei nicht traut?
Rubio: Die 112 leitet die Informationen an alle Einheiten weiter, Rettung, Feuerwehr, Polizeien. Rufen Sie die Guardia Civil direkt an, geben wir in einem Notfall die Daten auch an die 112 durch, um die schnellstmögliche und kompetenteste Hilfe leisten zu können.
In Alicante, aber auch in Murcia oder Andalusien gibt es viel Tourismus. Haben solche Regionen ein eigenes Kriminalitätsprofil?
Rubio: Wir haben hier viel mit Drogenhandel und Drogenanbau zu tun. Auch mit vielen Wohnungseinbrüchen. Denn viele Wohnungen sind Zweitwohnsitze, die einen Großteil des Jahres leer stehen. Zudem haben viele hier lebende Ausländer wenig soziale Kontakte zu Nachbarn, das heißt, sie bemerken den Einbruch oft erst, wenn sie wieder da sind.
Und wie sieht es mit dem Täterprofil „Ausländer“aus?
García: Wo viele Leute sind, zumal Urlauber im Billigtourimus, gibt es auch mehr dazugehörige Straftaten, oder wie wir es beim Alkoholmissbrauch bezeichnen: Ordnungswidrigkeiten, zumindest solange der nicht zu weiteren Taten führt. Das gibt es hier schon häufiger als in weniger touristischen Provinzen.
Hinzu kommen Herausforderungen durch Globalisierung, Digitalisierung und offene Grenzen...
Rubio: Ja, es kann heute passieren, dass Sie als Deutscher in Spanien von Frankreich aus um ihre Kreditkartendaten betrogen werden, das kann man nur durch Kontakte mit ausländischen Polizeikollegen bekämpfen. Zudem haben wir die Einheit gegen Cyberkriminalität.
Wie steht es um die personelle und materielle Ausstattung ?
Rubio: Natürlich meinen wir, je mehr wir sind, desto besser, wir werden nicht das Gegenteil sagen. Es stimmt ja, dass Täter und Taten sich ständig weiterentwickeln, daran müssen wir uns anpassen.
Gesetzeshüter sind viel mit persönlichem Leid befasst. Wie verarbeitet man das, ohne abzustumpfen?
García: Es stimmt schon, dass wir während der Einsätze die persönlichen Gefühle beiseite schieben müssen, denn zuerst kommt ja die Hilfe für den Betroffenen. Doch nach der Arbeit können Gefühle aufkommen, die man teilen oder mitteilen muss. Da reichen manchmal ein Blick oder zwei, drei Worte und der andere weiß, wie es um einen steht. Mit seinem Partner auf Patrouille verbringt man ja mitunter mehr Zeit als mit der eigenen Familie, diese Verbindung ist daher sehr wichtig. Einerseits teilt man seine Probleme und andererseits steht man sich im Einsatz bedingungslos bei. Im kritischen Moment handelt man einfach, da denkt man nicht darüber nach. So wie man sich da auch auf seinen Kameraden verlassen kann. Dieses Verhältnis definiert uns und macht unseren Beruf so besonders.
Das Gespräch ist eigentlich schon beendet, da kommt Verónica Rubio nochmals zu uns: „Richten Sie doch Ihren Lesern aus, Sie sollen sich vor dem Umarmungs-Trickdiebstahl in acht nehmen.“Der nehme immer mehr zu und beträfe im Besonderen Ausländer, die nach Geld aussähen. „Wir Spanierinnen sind zwar herzlich, aber auch nicht so liebevoll, dass wir jeden umarmen, wenn wir ihn nach dem Weg oder der Zeit fragen oder sogar Sex anbieten“, erklärt sie den Trickbetrug, der überwiegend von Personen aus Rumänien begangen würde. „Das sage ich ohne verallgemeinernde Wertung, einfach weil es so ist“, meint Rubio. Sie wundere sich über die Naivität vieler Ausländer, die dieser Masche immer wieder und immer noch auf den Leim gingen.