Kleinod zerstört
Villa Maya diente im Bürgerkrieg vielen Menschen als Zufluchtsort
Mit der Villa Maya ist ein geschichtsträchtiges Haus abgerissen worden. Denn in dem kleinen Einfamilienhaus in Málagas Villenviertel El Limonar hat der mexikanische Honorarkonsul Porfirio Smerdou gelebt, der im Spanischen Bürgerkrieg bis zu 580 Menschen beider Lager das Leben rettete, indem er sie bei sich aufnahm oder ihnen die Flucht aus der Stadt ermöglichte. Félix Álvarez hat eine Stiftung gegründet mit dem Ziel, das Haus als Gedenkstätte wieder aufbauen zu lassen. Zudem veröffentlichte er ein neues Buch über Porfirio Smerdou.
Nicolas Hock Málaga
Mit der Villa Maya ist im März dieses Jahres ein geschichtsträchtiges Haus abgerissen worden. Denn in dem kleinen Einfamilienhaus in der Calle República Argentina 19 in dem östlich des Stadtzentrums von Málaga gelegenen Villenviertel El Limonar hat der mexikanische Honorarkonsul Porfirio Smerdou Fleissner (1905-2002) gelebt, der im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39) bis zu 580 Personen beider miteinander verfeindeter Lager das Leben rettete.
Da der Militärputsch vom 18. Juli 1936 in Málaga fehlgeschlagen und die Stadt in den Händen der Republik verblieben war, hatte er zunächst Menschen in seinem Haus aufgenommen, die dem politisch rechten Lager angehörten. Dort standen sie anfangs noch unter diplomatischem Schutz, da die Villa Maya nicht nur das Wohnhaus von Smerdou und seiner Familie, sondern offiziell auch das Konsulat der mexikanischen Republik war.
Repression von links und rechts
Denn in den ersten Monaten des Bürgerkriegs in Málaga war es an der Tagesordnung, dass linke Milizen Jagd auf politisch Rechte machten. Die Milizen, von denen die meisten unter der Führung der anarchistischen Gewerkschaft FAI (Féderación Anarquista Ibérica) standen, holten die Menschen aus ihren Häusern und erschossen sie entweder noch vor Ort oder fuhren sie zu abgelegenen Stellen außerhalb der Stadt und stellten sie dort vor ein Exekutionskommando. Später, als sich das Blatt nach der Eroberung Málagas durch die faschistischen Truppen am 7. Februar 1937 gewendet hatte und eine noch viel verheerendere, von den offiziellen Autoritäten abgesegnete Repression gegen diejenigen begann, die im Verdacht standen, mit der Republik kollaboriert zu haben, hatte Smerdou politisch Linke vor dem Tod bewahrt. Zunächst brachte er die Verfolgten in der argentinischen Botschaft von Málaga unter und danach versteckte er sie in der heute noch existierenden Privatklinik Hospital Gálvez unweit der Kathedrale.
Porfirio Smerdou nahm bereits am 19. Juli mit einem gewissen Señor Barrea, der aus dem Hinterland kam und dessen Haus abgebrannt worden war, den ersten Flüchtling in der Villa Maya auf. Die Nachricht machte die Runde, sodass immer mehr Menschen an der Tür des mexikanischen Honorarkonsuls anklopften. Alle nahm der mexikanische Konsul nicht bei sich auf, vielen half er auch, indem er ihnen die Ausreise mit dem Schiff ermöglichte, ihnen Passierscheine ausstellte oder falsche me
xikanische Pässe, mit denen sie ins Ausland fliehen konnten. Trotzdem füllte sich das kleine Haus immer mehr, zeitweise lebten sogar bis zu 65 Personen auf einmal in der Villa Maya. Um den reibungslosen Ablauf im Haus zu gewährleisten, wurden Schichten für das Essen sowie die Benutzung der Bäder und Toiletten etabliert sowie der Strom- und Wasserverbrauch streng rationiert.
Angst vor Bombardierung
Die größte Angst standen die Bewohner der Villa Maya an den Tagen aus, an denen Málaga von den Fliegern Francos oder dessen italienischen und deutschen Alliierten bombardiert wurde. Smerdou hatte zwar versucht, General Gonzalo Queipo de Llano, den durch seine furchteinflößenden Radioansprachen berüchtigten Anführer des Südheeres der Putschisten, dazu zu bewegen, El Limonar zur bombenfreien Zone zu erklären, doch dieser hatte abgelehnt, da auch die linke Gewerkschaft FAI ihren Sitz in dem Stadtteil hatte.
Kritisch wurde es vor allem nach dem 19. Dezember 1936. Denn an jenem Tag wurde Smerdou von seiner Regierung als Konsul abgesetzt, da diese mitbekommen hatte, dass er falsche mexikanische Pässe ausgestellt hatte. Die Villa Maya genoss fortan offiziell keinen diplomatischen Schutz mehr, doch die mexikanische Fahne im Vorgarten sorgte wie ein Wundermittel dafür, dass die Milizen das Haus nicht stürmten und die Bewohner unbehelligt ließen.
Dies alles kann in einem Buch nachgelesen werden, das der Journalist Diego Carcedo bereits im Jahr 2003 herausgegeben hat. Das Buch trägt den Titel „El Schindler de la Guerra Civil“(dt.: Der Schindler des Bürgerkriegs) und ist somit eine klare Anspielung auf den durch den Stephen-SpielbergFilm „Schindlers Liste“bekannt gewordenen deutschen Unternehmer Oskar Schindler, der während des Zweiten Weltkriegs rund 1.200 jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung durch die Nazis bewahrt hatte.
„Für Porfirio Smerdou spielten Ideologien keine Rolle“, sagt Félix Álvarez Martín, der im April dieses Jahres ein neues Buch über Smerdou mit dem Titel „La Lista de Smerdou. Los Refugiados de Villa Maya“(dt.: Die Liste von Smerdou. Die Flüchtlinge der Villa Maya) veröffentlicht hat. „Die Menschen, die Smerdou in den ersten Kriegsmonaten in der Villa Maya aufgenommen hatte, waren zum Großteil nicht politisch. Sie unterstützten zwar nicht die Republik, aber genauso wenig begrüßten sie den Militäraufstand. Das waren Geschäftsbesitzer, Anwälte, Ärzte und Geistliche, die um ihr Leben fürchten mussten“, schickt der 55-Jährige hinterher, der schon seit vielen Jahren im Stadtteil El Limonar lebt und als Beamter der andalusischen Landesregierung derzeit den Posten des Koordinators der Tourismusinspektion bekleidet.
Gedenkstätte geplant
Félix Álvarez hatte als Privatmann bereits im Juni 2017 in einem Schreiben an die andalusische Landesregierung beantragt, dass die Villa Maya zur Gedenkstätte erklärt wird. Denn wenige Monate zuvor war in Andalusien die „Ley de Memoria Histórica“in Kraft getreten, das noch von der Regierung Zapateros stammende Gesetz zur Aufarbeitung des Spanischen Bürgerkriegs und der Franco-Diktatur. „Die Villa Maya erfüllt laut dem Gesetz alle Voraussetzungen für eine Gedenkstätte und ist im Gegensatz zu anderen Gedenkstätten zum Bürgerkrieg ein Ort der Eintracht und Harmonie, da Porfirio Smerdou sowohl Angehörigen der Bourgeoisie von Málaga als auch Republikanern geholfen hat“, sagt Félix Álvarez.
Die andalusische Landesregierung versprach zwar, den Fall zu überprüfen, doch bis heute hat der 55-Jährige keine weitere Antwort auf sein Schreiben erhalten. Stattdessen erfuhr er wie aus heiterem Himmel zu Beginn dieses Jahres, dass das Haus abgerissen werden und an dessen Stelle ein neues Einfamilienhaus errichtet werden sollte. Die Besitzer, ein Ehepaar, das das Haus erst vor wenigen Jahren erworben hatte, wollten die Villa Maya anfangs zwar restaurieren und erweitern, doch der Antrag auf die entsprechende Lizenz war vom städtischen Bauamt abgelehnt worden. Die Begründung war, dass