Costa del Sol Nachrichten

Im Tal der Gefangenen: Umbettung Francos am 10. Juni geplant

Vor der geplanten Umbettung Francos am 10. Juni: Erinnerung­en an eine Reise ins Valle de los Caídos

-

Brigitte Veit Madrid

Ich habe die Gedenkstät­te am Vorabend des 40. Todestages von Francisco Franco – am 20. November 2015 – besucht und danach meine Eindrücke zusammenge­fasst. Die Exhumierun­g steht nun bevor und lässt mich nochmals über meine Reise nachdenken. Eines steht für mich fest: Das Valle de los Caídos ist als Gedenkstät­te ein Zeitzeuge, dessen Baulichkei­t nicht verändert werden sollte. Nur wer die Anlage so sieht, wie sie seit nunmehr 60 Jahren steht, bekommt einen Eindruck von der Brutalität der Franco-Zeit.

Der einstige Diktator Franco beherrscht noch immer das Tal der Gefallenen des Spanischen Bürgerkrie­g und stört das Andenken an die rund 34.000 dort bestattete­n Opfer dieses Krieges. Nun hat sich die amtierende Regierung Sánchez auf ein Datum verständig­t: Der einstige Generaliss­imo und Diktator, Francisco Franco, soll am 10. Juni dieses Jahres seine prächtige Grabstätte unter der Kuppel im Valle de los Caídos verlassen und auf dem Mingurrubi­o-Friedhof in Madrid seine endgültige Ruhestätte finden. Im Zweifelsfa­ll auch gegen den Willen seiner Familie.

Erst ohne Franco kann das Tal der Gefallenen, das Valle de los Caídos, tatsächlic­h eine nationale Gedenkstät­te für die mehr als 400.000 Gefallenen des Spanischen Bürgerkrie­gs (1936-39) werden.

Abstoßend und unversöhnl­ich

Noch 43 Jahre nach seinem Tod am 20. November 1975 beherrscht Franco, „Caudillo von Spanien durch die Gnade Gottes“, wie er sich mit dem Segen der Kirche nennen ließ, von zentraler Stelle aus die grandios-barbarisch­e Grabanlage des Valle de los Caídos beim El Escorial.

Sie wurde direkt aus dem Bergmassiv herausgebr­ochen. Rund 20.000 Bürgerkrie­gsgefangen­e und Zwangsarbe­iter waren bei den 20 Jahre dauernden Bauarbeite­n eingesetzt. Viele von ihnen sind dabei jämmerlich zu Tode gekommen.

Eine Ortsbesich­tigung im Valle de los Caídos zeigt die monströse Machtentfa­ltung Francos, die in ihrer Monumental­ität an die Entwürfe Albert Speers erinnert: Grandios in ihrem Repräsenta­tionswille­n, brutal in ihrem Anspruch, abstoßend und unversöhnl­ich.

Das Tal der Gefallenen liegt rund 50 Kilometer nordwestli­ch von Madrid und in direkter Nachbarsch­aft des El Escorial, in dem die spanischen Könige seit mehr als 400 Jahren beigesetzt werden. Im Zentrum der Gedenkstät­te steht eine riesengroß­e Kirche, die von Papst Johannes XXIII. 1960 zur Basilika erhoben wurde. Sie ist 262 Meter lang, im Querschiff 41 Meter hoch und im Längsschif­f 22 Meter. Darüber thront ein 150 Meter hohes, schon von weitem sichtbares Kreuz.

Hier ruht Franco unter der prächtigen Kuppel der Basilika. Ihm gegenüber liegt José Antonio Primo de Rivera, Marqués de Estella und Begründer der faschistis­chen Falange Española, der 1936 im Gefängnis von Alicante erschossen und 1959 im Valle de los Caídos endgültig beigesetzt wurde. Die anderen 34.000 Gefallenen sind namenlos und haben in den beiden Seitenschi­ffen, links und rechts der Kuppel, ihre letzte Ruhestätte gefunden. Rund 12.000 von ihnen sind Republikan­er, die laut Fernando Martínez, Generaldir­ektor für Historisch­e Erinnerung, viele Jahre nach dem Tod von Franco dort beigesetzt wurden. Über der Grabstelle Francos findet täglich eine Messe statt.

Solange der Caudillo die Macht in Spanien ausübte, war das Tal der Gefallenen vor allem den Toten gewidmet, die für den Diktator das „gute Spanien“repräsenti­erten. Das waren die rechtsgeri­chteten Kräfte, die Anhänger seiner Militärdik­tatur und späteren diktatoris­chen Marktwirts­chaft: nationalka­tholisch, autoritär, in Teilen faschistis­ch. Eine Versöhnung mit dem sogenannte­n „bösen Spanien“, den linken Republikan­ern, den Kommuniste­n und den Kämpfern der internatio­nalen Brigaden war von Franco zu keinem Zeitpunkt vorgesehen.

Walther Bernecker, der Franco Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre im baskischen San Sebastián erlebt hatte, hat diese von Franco bewusst so betriebene Unterschei­dung der beiden Spanien in einem Interview mit dem Schweizer Sender SRF 4 im Vorfeld von Francos 40. Todestag am 10. Oktober 2015 zitiert.

Würdiger Ort des Gedenkens

Große Aufmärsche finden dort nicht mehr statt. Sie wurden durch das Gesetz Ley de Memoria Histórica im Jahr 2007 verboten. Jetzt wird es darum gehen, das Tal der Gefallenen zu einer Erinnerung­sstätte für alle Toten des Spanischen Bürgerkrie­gs zu machen.

Das demokratis­che Spanien sollte sie all jenen widmen, die in diesem Krieg gefallen, ermordet, mit Gewalt zu Tode gequält und vertrieben wurden. Sie werden erst dann einen würdigen Ort des Gedenkens finden können, wenn der Hauptveran­twortliche für Gewalt, Terror und Verfolgung seinen Platz dort nicht mehr haben wird.

Jetzt wird es darum gehen, das Tal der Gefallenen zu einer Erinnerung­sstätte zu machen

 ?? Fotos: Ángel García ?? Über der Gedenkstät­te thront das 150 Meter hohe, schon von weitem sichtbare Kreuz.
Fotos: Ángel García Über der Gedenkstät­te thront das 150 Meter hohe, schon von weitem sichtbare Kreuz.
 ??  ?? Noch immer pilgern Franco-Anhänger an die Grabstätte.
Noch immer pilgern Franco-Anhänger an die Grabstätte.

Newspapers in German

Newspapers from Spain