Aus dem Hundeleben
Nun liegen in der Region Valencia tatsächlich mehr braune Haufen herum als platte Fußbälle. Leishmaniose und Parvovirose gelten fast schon als Volkskrankheiten, während die Windpocken und Masern oft der Erklärung bedürfen. Die Zahl der Hunde übersteigt in der Region Valencia inzwischen die der Kinder unter 13 Jahren. Vierbeiner gibt es fast eine Million und auch noch registrierte, Kinder kommen de facto gerademal so über 600.000. Die wahre Differenz dürfte weit krasser ausfallen, denn bei vielen Hunden von heute verhält es sich so wie mit unehelichen Kindern von einst. Man will nichts von ihnen wissen oder – auf Hundedeutsch – man chippt sie nicht.
Wischt man politische Korrektheit mal beiseite, tun sich heute gute Gründe auf, sich für einen Hund statt für ein Kind zu entscheiden. Oft kriegt man unter der Woche Kinder kaum noch unter. Statt den Nachwuchs zu den Großeltern abzuschieben, schafft man sich einen WauWau an. Die Runde um den Block nach der Arbeit ist noch zumutbar, kurz Pipi und Kaka, und man widmet sich den unendlich vielen bedeutend gewordenen Ritualen des modernen Lebens, die sich meistens ins volksverdummenden Varianten von WhatsApp, Facebook, Internet, Reality-TV und Fertigpizza erschöpfen. Und der Hund beschwert sich nicht mal. Ein leicht zu ignorierendes Hecheln, ein zu ertragendes Schwanzwedeln vielleicht ein treudoofer Blick oder ein melancholischen Sabbern versuchen bisweilen Frauchen oder Herrchen aus ihren robotonen Existenzen zu reißen.
Hunde imitieren Menschen und scheinen zu ahnen, dass Homo sapiens auf die Welt kam, um miteinander und unter sich und nicht nebeneinander her mit Apparaten und via @ und # zu leben. Aber zwischen so einem Hundeleben und Windelwechseln, • punto aparte schlaflosen Nächten, laufenden Nasen, Virenattacken und Bandenkriegen, aufgeschlagene Knien, eingeworfenen Fensterscheiben, Schulverweisen, der Entjungferung der Nachbarstochter und der Ichwill-aber-auch-einMoped-Leier – da liegen eine Menge Säcke Trockenfutter. Und über ihre tägliche Ration Trockenfutter lassen viele nichts mehr kommen.
Der Trend zum Hund als Ersatz fürs Kind wird scheinbar in der EU mit Sorge betrachtet. Deswegen stempelt Europa jetzt. Offiziell, um Arbeitnehmer vor wachsenden Überstunden zu schützen. Der wahre Grund liegt wohl nahe der demographischen Entwicklung oder, um es klipp und klar zu sagen, im Schutz des Menschen vor sich selbst.