Tauziehen um Brüssel: Sozialisten haben Europawahl gewonnen
Gewinner und Verlierer der Europawahl – Volksparteien verlieren zunehmend an Einfluss
Madrid/Brüssel – sk/dpa. Die Sozialisten haben erstmals seit 2004 wieder eine Europawahl gewonnen. Mit dem bisherigen Außenminister Josep Borrell an der Spitze holten sie 32,8 Prozent der Stimmen. Statt wie bisher 14, können sie nun 20 Abgeordnete ins Europaparlament schicken. Damit stellen die Spanier die stärkste Formation der Sozialisten.
Derweil büßte die Volkspartei mit Dolors Montserrat an der Spitze vier Abgeordnete ein und kann mit 20,1 Prozent nur noch zwölf nach Straßburg entsenden. Während PP und PSOE zulegen, büßen die neuen Parteien ein und fahren ein schlechteres Ergebnis als am 28. April ein.
Dritte Kraft wurde Ciudadanos mit 12,1 Prozent. Die Liberalen stellen sieben EU-Abgeordnete, einen mehr als die sechs von Unidas Podemos mit zehn Prozent der Stimmen. Damit holt Pablo Iglesias einen Abgeordneten mehr als 2014, trotzdem gilt das Ergebnis als ein Debakel, da diesmal die Vereinigte Linke (IU) mit unter dem lila Banner aufliefen.
Vox holte bei seinem EuropaDebüt 6,2 Prozent der Stimmen und schickt drei Abgeordnete ins Parlament. Damit blieb Spitzenkandidat Jorge Buxadé hinter den Erwartungen zurück. Die Separatisten-Koalition Ahora Repúblicas erreichte 5,6 Prozent und drei Mandate, eins davon steht dem ERC-Spitzenkandidaten Oriol Junqueras zu, der in U-Haft sitzt. Kompliziert sieht es auch für Carles Puigdemont aus, der über die Koalition Junts den Einzug schaffte. Europaabgeordnete müssen in Spanien auf die Verfassung schwören und sobald Puigdemont das Land betritt, droht ihm die Verhaftung.
Von den 751 Sitzen im Europaparlament wird die konservative EVP 180 besetzen können und damit 36 weniger als bisher. Die Sozialdemokraten kommen auf 145 Mandate, was einem Minus von 40 Sitzen entspricht. Die Liberalen liegen bei 109 Mandaten. Dahinter kommen die Grünen mit 69 Sitzen (plus 17). Die Linke verliert 13 Sitze und kommt auf 39. Die drei rechtspopulistischen und nationalistischen Fraktionen kommen auf 171 Sitze, 16 mehr als bisher.
Europaweit gelten die Christund Sozialdemokraten als Verlierer. Im Ringen um die neue Führung der Europäischen Union erheben trotzdem beide Führungsansprüche. Vor einem EU-Sondergipfel am Dienstag lud EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) als Chef der größten Fraktion im EU-Parlament Grüne, Sozialdemokraten und Liberale zum Gespräch über die EU-Spitzenjobs.
Es geht zuerst um die Frage: Wer wird Präsident der EU-Kommission. Weber mit seiner Europäischen Volkspartei (EVP) stellt die stärkste Fraktion und erhebt Anspruch auf den Posten. Doch erlitt die EVP fast so starke Verluste wie die sozialdemokratische S&D. Christ- und Sozialdemokraten haben erstmals gemeinsam keine Mehrheit mehr.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will bei der Auswahl der EU-Spitzenjobs freie Hand für die Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat, lehnt also das Spitzenkandidatsmodell ab und sondierte mit Ministerpräsident Pedro Sánchez und anderen EU-Kollegen.
Macrons Plan stärkt Europäischen Rat auf Kosten des Parlaments
Rechtspopulisten 171 Sitze
Sánchez nutzte dieses Treffen, um Druck auf Ciudadanos (C’s) in Spanien auszuüben. Denn in Europa sehen die Liberalen den Flirt mit den Rechtspopulisten von Vox gar nicht gerne. Daraus versucht Sánchez Kapital zu schlagen und bringt als Alternative zum andalusischen Modell aus PP, C’s und Vox das „europäische Modell“ins Spiel – die sozialliberale Koalition.