Fest im Fahrradsattel
Beim Radeln liegen Frust und Freude oft dicht beieinander – Trotzdem spricht viel für den Drahtesel
Alicante/Berlin – dpa. Radfahren im Straßenverkehr kann gefährlich sein – also besser darauf verzichten? Auf der anderen Seite ist es ziemlich gesund – also lieber machen? Eine kleine Liste mit Pro und Contra hilft dabei, eine Entscheidung zu fällen:
Gesundheit: Radfahren hält fit. Und dazu muss man nicht mal besonders sportlich sein, bereits kurze Strecken haben eine Wirkung.
„Schon mit der ersten Sekunde des Radfahrens wird die Durchblutung der Muskeln und Organe angeregt, genau wie der Stoffwechsel sowie Herz und Kreislauf, das Immunsystem wird aktiviert“, sagt Ingo Froböse, Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln.
Zudem könne Radfahren „ein Ausgleich für Stress“sein. Radeln stärkt Knochen und Koordination. Gelenkfreundlich ist es auch, das Knie baut Muskulatur auf und wird so stabiler.
Gefahr: Immer mehr Radfahrer müssen sich mit Auto- und Lkw-Fahrern den knappen Platz auf den Straßen teilen – vor allem in den Städten. Auch Radfahrer selbst verhalten sich manchmal rücksichtslos und können so für andere Radfahrer gefährlich werden.
Glück: „Man ist draußen in der Natur, erreicht Orte, an die man sonst nicht hinkommt“, sagt Sportwissenschaftler Froböse. „Geräusche, Gerüche und Geschwindigkeit werden unmittelbar empfunden.“
Gerade längere Fahrten könnten dazu führen, dass Glückshormone ausgeschüttet werden. Wenn dann noch die Sonne scheint, die Reifen über den Asphalt surren, die Kette geschmeidig über die Ritzel springt – viel besser kann es für manchen Radler nicht mehr werden. Sebastian Herrmann beschreibt in seinem Buch „Gebrauchsanweisung fürs Fahrradfahren“ein „Gefühl von Autonomie und Freiheit“. Für ihn ist das Rad „eine Escape-Taste, eine, die Fenster zur Welt öffnet“, „eine Form der mobilen Meditation“.
Ein Radler kann häufig lässig am Stau im Berufsverkehr vorbei rollen – mit einem Gefährt, von dem viele verblüfft sind, „dass etwas derart Simples und Naheliegendes (...) nicht schon sehr viel früher erfunden worden war“.
Geschmack: Wie sieht das denn aus, mit Helm fahren? So denken immer noch viele Radler. Nicht nur der Helm nervt viele, auch dass man verschwitzt bei der Arbeit ankommen könnte, wird oft als Minuspunkt angeführt. Aufsetzen sollte man ihn trotzdem immer.
Gewissen: Wer radelt, schont die Umwelt, verbraucht weniger Platz und macht weniger Lärm. Ein mit Muskelkraft betriebenes Fahrrad stößt keinerlei Kohlendioxid aus, ein Auto produziert durchschnittlich 139 Gramm an Treibhausgasen wie Kohlendioxid und Methan pro Personenkilometer (zurückgelegte Kilometer multipliziert mit der Zahl der Reisenden).
Gezerre: Wer mehr Raum fürs Fahrrad will, muss anderen etwas wegnehmen. Ohne Konflikte wird dieser Verteilungskampf nicht ablaufen. „Wenn wenig Platz ist und viele Menschen sich eine Infrastruktur teilen müssen, dann kommt es natürlich zu Drängeleien, zu einem erhöhten Stresslevel und vielleicht auch zu mehr Aggressivität, nicht nur unter Fahrradfahrenden, sondern insbesondere auch mit anderen Verkehrsteilnehmenden“, sagt Verkehrsplanerin und Psychologin Katrin Dziekan.
„Man ist draußen in der Natur, erreicht Orte, an die man sonst nicht hinkommt“