Meister des Lichts
Dem valencianischen Maler Joaquín Sorolla widmen Valencia, Sevilla und Madrid verschiedene Schauen
Der valencianische Maler Joaquín Sorolla (1863-1923) ist von März bis Juli mit einer großen Retrospektive in der National Gallery in London geehrt worden. Obwohl viele seiner großen Ölbilder dort ausgestellt wurden, tat das seinem Museum in Madrid keinen Abbruch. Sorolla hat so viele Bilder gemalt, da fällt es kaum auf, wenn das eine oder andere im Ausland weilt oder in Sevilla, wo bis Ende September im Centro Unicaja Sorolla gezeigt wird, oder in Valencia, wo das Museo Pio V. bis Ende August dem Meister und seiner Zeit eine Schau widmet (siehe Kästen).
Aber zuerst zurück nach Madrid: Im noblen Wohn- und Geschäftsviertel Chamberí befindet sich inmitten eines andalusischen Gartens das Wohnhaus und Atelier des Künstlers, das dieser sich als Stadtvilla 1911 erbauen ließ. Das allein ist einen Besuch wert. Doch bis Ende September wird eine Sonderausstellung mit kleinen Formaten gezeigt, und die lohnt wirklich eine Reise. Allerdings sollte man gut zu Fuß sein, der Gast muss Treppen steigen können.
„Man muss schnell malen“
„Cazando impresiones. Sorolla en pequeño formato“, so der Titel der Schau, bedeutet: Eindrücke jagen. Sorolla im Kleinformat. Und zu sehen sind 240 Entwürfe und kleine Bilder, schnell gemalt, dahingeworfen in der freien Natur, manche ganz perfekt, mit Wolkenformationen, Landschaften, blühenden Bäumen, Meer und Felsen, Booten, Anglern, schwimmenden Kindern, seine Tochter Elenita. Szenen aus dem Norden, vom Atlantik, aus Asturien und dem Baskenland, und immer wieder Valencia und das Mittelmeer.
Sorolla stammte aus Valencia. Auch wenn er 1889 mit seiner Familie nach Madrid zog und seine Karriere dort fortsetzte, kehrte er immer wieder nach Jávea zurück. Viele Bilder aus Jávea waren in London zu sehen. In der Schau im Madrider Museum bezaubern diese kleinen Skizzen. Ein Picknickplatz in Valencia, Boote, ein Riurau in Jávea, eine Straße in Moraira von 1905.
Sorolla nutzte die flüchtigen Farbskizzen aus Öl auf Leinwand, auf Papier, Pappe oder Holz, um sich später zu erinnern, wenn er seine großformatigen Ölbilder anfertigte. Berühmt sind die Skizzen zu den gewaltigen Wandgemälden der „Visiones de España“, mit denen er die Bibliothek der Hispanic Society in New York ausstattete. 14 Leinwände mit Szenen aus verschiedenen spanischen Regionen, die Sorolla im Auftrag des Mäzens Archer Milton Huntington zwischen 1913 und 1919 anfertigte. Der Kraftakt hatte ihm eine halbseitige Lähmung eingetragen, von der er sich nie mehr erholte.
Aber Sorolla hat immer Entwürfe skizziert. Abgesehen von unzähligen Zeichnungen, sind mindestens 2.000 solcher raschen Eindrücke erhalten, mit denen er die Farben und das Licht jagte und festhielt. Für manche brauchte er nicht mal eine Stunde, erklärt die Kuratorin der Ausstellung mit den Kleinformaten in Madrid, María López Fernández. Man folgt dem Blick des Meisters, man ahnt, was ihn fesselte, was ihn überraschte.
„Man muss schnell malen, denn wie viele dieser flüchtigen Momente gehen verloren und kehren nie wieder... Für die Skizzen unter freiem Himmel kann ich nicht viel Zeit aufwenden. Wenn ich langsam malen müsste, könnte ich absolut gar nichts erfassen“, schrieb Sorolla selbst. Gerade diese Spontaneität und kreative Freiheit macht den großen Reiz der Kleinformate aus.
Manche sind fast abstrakte Farbspiele. Mit raschen gekonnten Zügen umreißt Sorolla Szenen („En la terraza“oder „Casino de San Sebastián“). Andere Bilder sind abgeschlossene Werke, entstanden aus der Lust zu malen. „Ich habe Hunger aufs Malen“, schrieb Sorolla an seine Frau Clotilde, die übrigens die Buchführung übernahm und sehr genau notierte, wo welches Werk ausgestellt oder verkauft wurde oder welches für eine Reise vorbereitet werden musste. So hielt sie dem Meister den Rücken frei, und der konnte seinen Hunger aufs Malen stillen.
In der Ausstellung nehmen die kleinen Schmuckstücke schlicht oder in Gold gerahmt viele Wände ein. Der knarrende Holzboden und der Blick in den Garten verleihen dem Besuch fast etwas Privates, als würde man nicht ein Museum betreten, sondern als käme der Künstler gleich dazu, um zum Tee zu laden. Die Erklärungen zu den Bildern sind auf Englisch und Spanisch. Die Auswahl trafen María López Fernández, Blanca PonsSorolla und die Direktorin des Museums, Consuelo Luca de Tena.
Pons-Sorolla ist die Urenkelin des Meisters, die sich um die Authentizität der katalogisierten Werke kümmert und die Auktionshäuser berät, die immer wieder gerade auch kleine Skizzen Joaquín Sorollas anbieten. Auf dem Kunstmarkt setzte der Boom auf diese flüchtigen Eindrücke schon Ende des 19. Jahrhunderts ein – Sorolla selbst zeigte sie in seinen Ausstellungen – und er hält bis heute an.