Von Stöckelschuhen und Hämmern
Sonntagmorgen, 4 Uhr, der Wecker schrillt. Ich blinzle unter der Bettdecke hervor und verstehe die Welt nicht mehr. Mein heiliges Wochenende. Was ist passiert? Sonntag ist Flohmarkttag. Mit der Aussage: „Das wird lustig, wir verkaufen bestimmt gut, wirst schon sehen“ließ ich mich dazu überreden, in die Rolle der Flohmarktverkäuferin zu schlüpfen. Die Autos waren bis oben hin mit allerlei Tand zugestopft. Durch die Scheibe waren Heizlüfter, Stöckelschuhe, ein Hammer und eine Bohrmaschine zu sehen. Ich zitterte vor Kälte.
Als wir um kurz vor 5 Uhr am Parkplatz des Einkaufszentrums ankamen, hatte sich bereits eine Schlange mit etwa 20 Autos und Kleintransportern gebildet. Einige waren so schlau gewesen und hatten gleich dort übernachtet. Zum Glück hatten wir Decken und Kissen dabei, sodass wir noch zwei Stündchen schlummern konnten. Aufgeregt tippte mich meine Freundin an: „Es geht los!“Wieder wusste ich nicht, was los war, so tief hatte ich geschlafen. Die zweite REMPhase ... dahin. Vor uns klaffte bereits eine riesige Lücke.
Sobald wir begannen, Handys, Schraubenzieher, Gürtel, Bücher und Kerzenständer auf den Decken auszubreiten, kamen schon die ersten Kunden und fragten nach den Preisen. Meine Freundin war gut im
Feilschen und machte den Leuten gute Angebote. Sie griffen zu. Ich hatte im Hintergrund einige abstrakte Ölgemälde von einem Freund ausgebreitet. Doch das Interesse lag eher bei Werkzeug, Heizkörpern, Kleidung und Kabeln. Für Kunst interessierte sich hier kaum einer. Das hatte ich nach dem fünften Kaffee dann auch begriffen. Ich freute mich aber für meine Freundin, deren Geldbündel immer dicker wurde.
Ich beschränkte mich darauf, das Treiben zu beobachten. Wahre Schnäppchenjäger waren unterwegs, für die selbst ein
• punto aparte
Euro noch zu teuer war. Auffällig war auch, dass sich viele der Flohmarktverkäufer kannten. Einige begrüßten sich herzlich mit einer Umarmung, andere tranken einen Kaffee zusammen. Mir gefiel diese Rastro-Familie und es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich dabei war, allerdings werde ich beim nächsten Mal wohl keine Ölgemälde, sondern wohl eher ausrangierte Kleidung und Schuhe auf die Decke legen.