Kinderaugen leuchten hell
Gemeinsames und Eigenes: Weihnachtliche Variationen im Bergland von Alicante und im sächsischen Erzgebirge
Marco Schicker Monóvar/Annaberg
dem nichts voneinander. Hier ein bisschen katholisch, dort meist noch weniger evangelisch und beide sind christlich mehr auf dem Papier und aus Anhänglichkeit, denn aus Glauben. Es gibt eine Menge Parallelen, historische Zufälligkeiten vielleicht oder ein unsichtbares Weihnachtsband, das sich wahrscheinlich auch von Lappland bis Sizilien spinnen ließe, wenn man nur genau hinschaut.
An den Haaren herbeiziehen könnte man, dass es im Alicantiner Hinterland einen Ort naSax, also auch „Saxen“gibt. Sax hieß auch das Hiebmesser, das dem GermanenStamm bei den Lateinern seinen
Namen gab und die Römer, an der Jesus-Story nicht ganz unbeteiligt, waren schließlich auch in Hispanien. Das Kasseler Kotelett heißt hier „Chuletón sajonia“, also Sachsen-Kotelett und mit der Wettinerin María Amalia de Sajonia, Gattin von Carlos III., hatte Spanien im 18. Jahrhundert sogar einmal eine sächsische Königin.
Doch die Gemeinsamkeiten gehen tiefer. Tief in die Berge. Das Erzgebirge wurde auf Silbererz gebaut, Alicante macht in Marmor. Beides finden wir im Petersdom in Rom wieder. Dort wurde der Alicantiner Marmor verbaut, bezahlt wurde er mit dem Silber der Bergleute aus Sachsen, das man ihnen über päpstliche Ablassbriefe abluchste oder notfalls herausprügelte: „Wenn der Taler im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“, rief ihnen der Dominikaner Johann Tetzel zu, ein zynischer Scharlatan im Dienste des Papstes, den alsbald Luther ins Visier nahm. Arm blieben die Erzgebirger wie die Alicantiner.
Ihre „Aktien“haben sie vor 500 Jahren im Vatikan hinterlegt, doch anstelle einer Dividende für ein kleines Himmelreich auf Erden, kassierte man bis heute nur salbungsvolle Predigten auf ein Paradies im Jenseits. Menschen wiegen zerstörte Träume mit Legenden auf. Im
Erzgebirge wurde es der Stülpner Karl, eine Art sächsischer Robin Hood.
Rund um das „Burgenland“des Biar geistern die Mythen um den Ritter El Cid umher, auch wenn der seine Heldentaten mehr auf eigene Rechnung vollführte. Die gemeinschaftlichen Eigenheiten teilen sich die beiden Bergvölkchen bis in die Mundart. Hier haben wir das Valencianisch, das Teil des Katalanischen ist und mit Spanisch nichts zu tun haben will. Ein ähnliches Verhältnis pflegt das Erzgebirgische zum Sächsischen und dieses wiederum zum Hochdeutschen. Wird ein Erzgebirger die Bezeichnung Sachse noch murrend erdulden, sagen Sie zu einem Valencianer bitte nie Katalane! Seine Unabhängigkeitsbestrebungen liegen eher im Metaphorischen. Wie der Erzgebirger glaubt er zwar auch, er brauche alle anderen nicht für sein Glück, aber darauf ankommen lassen will er es lieber doch nicht.
Die Gemeinsamkeiten gehen tiefer – tief in die Berge
Spielzeug als Alternative
In Tibi bei Alicante läuft vor Weihnachten die Spielzeugproduktion auf Hochtouren so wie im erzgebirgischen Seiffen der Verkauf von Holzspielzeug und vor allem „Männln“, Nussknackern, Räuchermännchen, Pyramiden und Schwibbögen, die helles Licht in ein dunkles Winterland und in etliche Exportmärkte bringen. Die Schnitzer und Dreher entstanden, als das Silber versiegte. Einst Nebeneinkunft, wurde das Weihnachtsbusiness zum wichtigen Wirtschaftsfaktor beider Regionen.
Die Weihnachtsindustrie in Alicante setzt mittlerweile jährlich fast eine Milliarde Euro um, 80 Spielzeugfabriken hängen von ihr ab, 12.000 Menschen im Vinalopó-Tal leben von den Tafeltrauben, die man in Spanien zu Silvester verzehrt, der Turrón aus Alicante und Jijona ist landesweit die Weihnachtssüßigkeit schlechthin, genauso wie der Weihnachtsstollen aus Dresden oder dem Erzgebirge in Deutschland. Hier wie dort stehen pflanzliche Weihnachtssterne auf den Ti