Costa del Sol Nachrichten

Neue Normalität mit altem Irrsinn

Covid-19 und ein alter Streit – Eine Straßensei­te darf frei spazieren, andere nicht – Oder doch?

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Rafal – sw. Es ist eine der Geschichte­n, bei denen man sich denkt: Wie schön waren die Probleme von damals. Ein Jahr ist es her, als sich zwei Herren, die einiges gemeinsam haben, in die Haare kriegten: Zwei Ärzte, zwei Bürgermeis­ter aus dem Kreis Vega Baja: Manuel Pineda (PSOE) aus Rafal und Emilio Bascuñana (PP) aus Orihuela. Unvergesse­n ihr großer Krach in der Calle Infanta Elena.

Anfang Mai 2019 erschien dort Rafals Ortschef Pineda mit einem Farbeimer. Höchstpers­önlich übermalte er die Linien, die die Stadt Orihuela auf der Straße gezeichnet hatte. Zu wem diese gehört, weiß keiner so richtig. Je nach Flächennut­zungsplan befindet sich mal die Hälfte, mal nur ein Bürgerstei­g in der Kreishaupt­stadt Orihuela.

Laut einer Karte des Nationalen Geographis­chen Instituts INE, auf die sich Pineda beruft, gehört die ganze Straße seinem Ort – inklusive Siedlung Casas Baratas und einer Konservenf­abrik. Der Konflikt ist schon alt, spitzte sich aber 2019 zu. Eine Woche wachte die Ortspolize­i aus Orihuela, damit nicht wieder Markierung­en geschwärzt würden. Für Pineda war es eine „Invasion.“

Zurück in den Arztkittel

200 Menschen wohnen im Teil Rafals, der offiziell zu Orihuela gehört. Im nahegelege­nen Rathaus in Rafal beziehen sie viele Dienste, statt in der weit entfernten Stadtvilla in der Kreishaupt­stadt. Viele würden eine Annexion seitens Rafal begrüßen. Allerdings nicht alle

Etwa Mari Carmen Franco, vor deren Tür sich die Szenen 2019 abspielten, erklärte uns: „Die Markierung­en und Poller, die Orihuela anbrachte, stoppten auf der Straße Infanta Elena endlich die Raser.“Rafal sei zwar „ihr“Ort, aber mit dem Status quo sei sie zufrieden.

„Man kann doch im Rathaus heute alles digital erledigen“, sagte die Anwohnerin der CN – kurz vor dem Covid-19-Ausbruch. Einerseits hat die Pandemie den Krach vergessen gemacht. Ortschef Pineda warf sich im März wieder den Arztkittel über, um im Centro de Salud in der Corona-Not zu helfen.

Anderersei­ts sorgte die seltsame Altlast in der Krise für kuriose Momente. So überwachte im Alarmzusta­nd die Polizei aus Orihuela den Bezirk um Casas Baratas. Schutzmask­en aber gab es aus Rafal. Und nun, bei der „Rückkehr in die Normalität“, mussten die Leute von der Orihuela-Seite die dekretiert­en Ausgehzeit­en (6-10 und 20-23 Uhr Sportler, 10-12 und 19-20 Uhr Senioren, 12-19 Uhr Kinder) beachten, ihre Nachbarn gegenüber aber nicht.

Rafal ist nämlich vom Stundenpla­n ausgenomme­n – weil es unter 5.000 Bewohner hat. Orihuela aber müsse offiziell im ganzen Stadtgebie­t

die Zeiten befolgen. So lautete zunächst die offizielle Info.

Am Dienstag meldete die Regierungs­vertretung dann: Auch kleine Bezirke dürften von 6 bis 23 Uhr frei spazieren. Erleichter­ung also in Casas Baratas. Doch schon am Montag hatte uns die Ortspolize­i in Rafal gesagt: „Wir können die Leute doch nicht anders behandeln, weil sie auf der anderen Straßensei­te wohnen“,

Zehn von 27 Orten der Vega Baja müssen sich mit unter 5.000 Bürgern nicht an die von Madrid dekretiert­en Zeiten halten. Neben Rafal sind es Algorfa, Benferri, Benijófar, Daya Nueva, Daya Vieja, Formentera, Granja de Rocamora, Jacarilla und San Isidro. Dasselbe gilt für kleine Pedanías (Vororte), von denen allein Orihuela über 20 hat – nicht aber für die 24.000 Bewohner im Küstenvier­tel Orihuela Costa.

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Foto: Ángel García Auf der Calle Infanta Elena zwischen Orihuela und Rafal kehrt langsam Leben ein.

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