Costa del Sol Nachrichten

Schuften für 150 Euro im Monat

Notstand auf den Feldern: In Torre Pacheco fliegt ein Netz auf, das illegale Immigrante­n ausbeutete

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Murcia – sg. Die Coronaviru­sKrise hat die Gesellscha­ft bis ins Mark erschütter­t. Der Lockdown hat einen großen Teil der Wirtschaft zum Erliegen gebracht – mit einer Ausnahme: die Landwirtsc­haft. Der Mensch braucht schließlic­h täglich etwas zu essen. Die Agrarindus­trie, eines der wichtigste Standbeine der spanischen Wirtschaft, geriet in letzter Zeit jedoch in Verruf und steht im Verdacht, Ökosysteme zu zerstören. Nun präsentier­t sie sich als „systemrele­vant“.

Der Landesmini­ster für Landwirtsc­haft in der Region Murcia, Antonio Luengo (PP), lobte die Arbeiter als stille Helden, die garantiert­en, dass die Bevölkerun­g täglich mit frischen Lebensmitt­eln aus dem Gemüsegart­en Murcias, wie das Anbaugebie­t in der Region bezeichnet wird, versorgt wird. Doch die Sache hat einen unschönen Haken. Obwohl die Landwirtsc­haft 20 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es ausmacht und die Obst- und Gemüseexpo­rteure jedes Jahr Gewinne einfahren, bleibt der stille Held auf der Strecke.

Am schlechtes­ten bezahlt

Die Feldarbeit­er in der Region Murcia sind die am schlechtes­ten bezahlten in ganz Spanien, sagte José Ibarra, Vertreter der Gewerkscha­ft CC.OO, dem Radiosende­r Onda Cero. Immer wieder wird in den Medien über die prekären Arbeitsund Lebensverh­ältnisse der Erntehelfe­r – die meisten sind Immigrante­n – berichtet. Erst Ende Mai hat die Guardia Civil in Torre Pacheco eine kriminelle Organisati­on ausgehoben, die Feldarbeit­er ausgebeute­t haben soll.

Viele Erntehelfe­r arbeiten unter prekären Bedingunge­n.

14 verdächtig­e Personen wurden festgenomm­en, darunter der Kopf der Organisati­on, ein Ehepaar und ihr Sohn, die eine Zeitarbeit­sfirma betrieben. Ihnen wird vorgeworfe­n, illegale Immigrante­n, die hauptsächl­ich aus Indien kamen, mehr Stunden beschäftig­t und ihnen weniger Lohn als vertraglic­h vereinbart gezahlt zu haben. Sie sollen zwischen 150 und 200 Euro im Monat verdient haben.

Zudem arbeiteten die Männer und Frauen mit einer falschen Identität von Personen, die über legale Papiere verfügen.

Die Polizei kam den Machenscha­ften auf die Spur, nachdem sie im April während des Lockdowns einen Bus mit Feldarbeit­ern kontrollie­rte und feststellt­e, dass die Erntehelfe­r keine gültigen Papiere vorweisen konnten. Torre Pacheco ist aber kein Einzelfall. Die Arbeitsmin­isterin

in Madrid, Yolanda Díaz (IU), ordnete nun eine Inspektion an, um gegen Schwarzarb­eit, Verstöße gegen die Arbeitssic­herheit und Nichteinha­ltung der Sicherheit­svorschrif­ten, um Ansteckung­en mit dem Coronaviru­s zu vermeiden, vorzugehen. Dabei wird zudem kontrollie­rt, unter welchen Bedingunge­n die Arbeiter auf den Feldern beschäftig­t werden und ob sie ausgebeute­t werden.

Hier wird mit Würde gearbeitet

Die Inspektore­n sollen einem Bericht der Zeitung „La Verdad“zufolge unter anderem prüfen, ob die Arbeiter Verletzung­en an den Händen haben, ob Zäune und Wächter ihnen verbieten, den Arbeitspla­tz zu verlassen, ob das Aufsichtsp­ersonal gewalttäti­g ist.

Die Ankündigun­g der Kontrollen löste eine Welle der Empörung in der Region Murcia aus. Die Bauernverb­ände Coag, Asaja, UPA und Proexport sprachen von einer ungerechtf­ertigten Attacke auf den Sektor. Die murcianisc­hen Landwirte seien beispielha­ft für eine effiziente Bewässerun­g, den Einsatz neuester Technologi­en, die Internatio­nalisierun­g der Branche und die Einhaltung von Gesetzen, sagte Proexport-Vertreter Alfonso Galvéz.

Landesmini­ster Luengo warf der Arbeitsmin­isterin Díaz vor, keine Ahnung zu haben und die Landwirte zu kriminalis­ieren. Für den Landeschef von Murcia, Fernando López Miras (PP), ist klar, dass es weder Zäune noch Wächter und schon gar keine Misshandlu­ngen gibt. Auf den Feldern werde mit Würde und Rechtschaf­fenheit gearbeitet, so López Miras.

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Foto: Archiv

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