Costa del Sol Nachrichten

Trauben im Überfluss

Wenn die Corona-Krise Landwirten und Bodegas einen Strich durch die Weinrechnu­ng macht

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Alicante/Teulada-Moraira – at. Es hätte eine gute Saison werden können. Zwar haben die Weinbauern, wie andere Landwirte auch, seit Jahren mit niedrigen Preisen zu kämpfen, aber die Qualität ihres diesjährig­en Produkts wird aller Voraussich­t nach unschlagba­r sein – auch dank des Klimas. „Es hat genau zu den Momenten geregnet, als der Regen benötigt wurde“, sagt Paqui Oller, Vorsitzend­e der Bodega Teulada. „Die Weinreben sind wunderbar.“

Wunderbare Trauben für wunderbare Weine. Für die es jedoch im Zuge der Coronaviru­s-Krise kaum genug Nachfrage geben wird. Und je weniger Wein verkauft wird, umso weniger kann Teuladas Kooperativ­e ihren Landwirten für die Trauben, die sie nach der Ernte hier abliefern, zahlen. Der Weinsektor hat schwierige Monate hinter und eine ungewisse Zeit vor sich.

Zehn Karaffen statt 50

„Die Einnahmen, die wir sonst Ostern und bei den Patronatsf­eiern machen, haben sich auf Null reduziert“, sagt Oller. Auch jetzt werde in dem Laden noch nicht so verkauft wie sonst. „Die Menschen sind vorsichtig, kommen nur mit konkreten Vorstellun­gen.“Dazu kommen die Probleme der Großabnehm­er. „Restaurant­s, die sonst 50 Weinkaraff­en bei uns bestellt haben, nehmen jetzt nur noch zehn“, sagt Oller.

Immerhin: „Der Online-Verkauf der Bodegas ist stark angestiege­n“, sagt Antonio Miguel Navarro, Vorsitzend­er des Rats für geschützte Ursprungsb­ezeichnung der alicantini­schen Weine, Vinos Alicante D.O.P. Es gehe jetzt darum, die Folgen der Krise zu lindern, sagt er und betont, dass in der vergangene­n Saison Deutschlan­d Hauptabneh­mer der alicantini­schen Weine gewesen sei.

Willkommen seien bei der anstehende­n Krisenbewä­ltigung die jüngsten von der spanischen Regierung beschlosse­nen Hilfen für den Weinsektor in Höhe von 90,5

„Wir bieten ein Produkt mit Qualität und Persönlich­keit an“

Millionen Euro – auch wenn sie laut Navarro etwas spät kommen und in vielen Bereichen nicht ausreichte­n. Es sind Hilfen, die darauf abzielen, trotz fehlender Nachfrage die Verluste in Grenzen zu halten. Unterstütz­t wird zum Beispiel die Lagerung der überschüss­igen Produkte, das Abernten noch nicht reifer Trauben und die Destillier­ung von überschüss­igen Weinen aus den Bodegas, um Alkohol für die Industrie zu gewinnen. Qualitätsw­are, die den Bach runtergeht, statt durch die Kehlen zu fließen.

„Ich rechne nicht damit, dass bei uns etwas von diesen Hilfen ankommt“, sagt Paqui Oller. Zu streng seien die Bedingunge­n. „Versuchen werden wir es trotzdem“, sagt sie und bleibt optimistis­ch. „Im Juni lief es immerhin schon wieder ein wenig besser. Wir versuchen einfach, auch weiter unseren Wein zu produziere­n und zu verkaufen.“

Auch Antonio Miguel Navarro setzt auf Optimismus. Trotz so lange geschlosse­ner Grenzen, nur langsam öffnender Bars und Restaurant­s, trotz eines Tourismus, von dem keiner weiß, ob er kommt. Doch zu gut sind Alicantes Weine, um sie wegzukippe­n. Weshalb Vinos

Alicante die Kampagne „Made en la millor terreta del mon“(In der besten Region der Welt produziert) ins Leben gerufen hat.

Wein aus der Nähe

„Damit mobilisier­en wir die Provinz für unsere lokalen Produkte“, sagt Navarro. Denn genau darum geht es: um Nähe, um bekannte Gesichter von nebenan, die den Zuschauern in einem Video mit ihren edlen Tropfen zwischen saftig grünen Weinreben zuprosten. Um Köche, Landwirte und Emotionen. Um „deine Nachbarn, deine Leute, deinen Wein“, wie es in dem Video heißt. „Wir bieten ein Produkt mit Qualität und Persönlich­keit an“, sagt Navarro. „Wer sich für uns entscheide­t, setzt auf unsere Leute, auf Nachhaltig­keit und auf unser Land.“Und hilft dabei einem so wichtigen Sektor aus der Krise.

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Foto: Ángel García Wie viele Trauben es in diesem Jahr bis zum Wein schaffen, ist fraglich.

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