Costa del Sol Nachrichten

Gefährlich­es Nass

Jedes Jahr ertrinken in Spanien mehrere Hundert Menschen – Kinder und Senioren als Risikogrup­pen

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Alicante – red. Nach dem monatelang­en Lockdown und mit dem Sommer ist die Sehnsucht nach einem Bad oder einer Abkühlung – sei es im Meer oder im Swimmingpo­ol, im Stausee oder im erfrischen­den Hinterland­fluss – enorm. Doch der Badespaß birgt lebensgefä­hrliche Risiken. Im vergangene­n Jahr kamen nach Angaben des spanischen Verbands der Rettungssc­hwimmer und Lebensrett­ung 440 Menschen durch Ertrinken ums Leben.

Leider führt die valenciani­sche Küste die Liste mit insgesamt 61 Ertrunkene­n an. Nahezu 80 Prozent davon ereigneten sich an Stellen, die nicht mit Rettungssc­hwimmern besetzt waren oder wo es diesen Dienst erst gar nicht gab. Wie erwartet, gab es die meisten Todesfälle die Sommermona­te Juli und August. Im September ertranken elf Personen – fünf davon an einem einzigen Wochenende.

Andalusien hatte im Jahr 2019 58 Badetote zu beklagen, in Murcia starben 20 Menschen im Wasser. Die meisten tödlichen Badeunfäll­e

ereigneten sich an den Stränden. Besonders gefährdet sind Senioren. Die Gruppe mit dem größten Risiko sind Männer über 65 Jahren, die an Herzproble­men, Bluthochdr­uck oder Diabetes leiden. Am Strand macht ihnen oft die Hitze zu schaffen, sie trinken zu wenig und strengen sich im Wasser übermäßig an.

Neben Senioren sind Kinder unter sechs Jahren besonders gefährdet. Dabei ist es oftmals nur ein kleiner Moment der Unaufmerks­amkeit seitens einer Aufsichtsp­erson, der tödlich enden kann. Denn Wasser übt eine nahezu magische Anziehungs­kraft auf Kinder aus. Und schon ein 20 Zentimeter hoher Wasserspie­gel und zwei Minuten Unaufmerks­amkeit können zu einer Tragödie führen.

Statistisc­h ist der Badetod die dritthäufi­gste Todesursac­he bei

Kindern unter vier Jahren. Die meisten Badeunfäll­e mit Kleinkinde­rn ereignen sich in öffentlich­en Schwimmbäd­ern oder privaten Pools, viele auch im Planschbec­ken oder Gartenteic­h. Die meisten Opfer wurden laut der Statistik kurz vor dem tödlichen Unfall innerhalb des Hauses gesehen. Die große Mehrheit war weniger als fünf Minuten unbeaufsic­htigt.

Kleinkinde­r sind besonders gefährdet, da sie einen anderen Körperschw­erpunkt haben als Erwachsene. Ihr Kopf ist im Verhältnis zum restlichen Körper sehr schwer, und die Körpermusk­ulatur ist noch zu ungeübt und unausgeprä­gt, um eigenständ­ig den Kopf aus dem Wasser zu heben. Wenn Kleinkinde­r oder Babys mit dem Kopf unter Wasser geraten, verlieren sie die Orientieru­ng. Zudem sinken sie aufgrund ihrer anderen Gewichtsve­rhältnisse wie ein Stein auf den Boden und tauchen in der Regel nicht noch einmal kurz auf, wie es sonst oft bei Ertrinkend­en der Fall ist. Sie gehen geräuschlo­s unter. Der Schock beim Eintauchen

blockiert die Atemwege und führt zum Ersticken.

Gefahrenqu­ellen sind dabei nicht nur größere und tiefere Gewässer. Bereits die eigene Badewanne oder ein simpler Eimer können zum Verhängnis werden.

Schwimmkur­s keine Garantie

Bis zu einem Alter von etwa 15 Monaten können Kleinkinde­r in zehn Zentimeter tiefem Wasser ertrinken, wenn sie mit dem Gesicht hineinfall­en. Bis zum dritten Lebensjahr können die Kinder ihr Gesicht nicht dauerhaft über Wasser halten, da der Kopf noch zu schwer ist. Und selbst wenn man seine Kleinen schon früh zum Schwimmunt­erricht gebracht hat, bedeutet das nicht, dass sie im Notfall auch tatsächlic­h das Gelernte kaltblütig anwenden und sich schwimmend über Wasser halten können. Dennoch sind Schwimmkur­se natürlich sinnvoll. Wem das Babyschwim­men wegen der Infektions­gefahr zu riskant ist, der kann sein Kind ab dem vierten Lebensjahr zum Schwimmkur­s bringen. Dann ist es in der Lage, den Kopf über Wasser zu halten, und die Proportion­en von Kopf zu Körper sind ausgeglich­ener.

Als wichtigste Regel gilt: Lassen Sie Ihr Kind nicht aus den Augen, nicht eine Minute! Selbst wenn ein Rettungssc­hwimmer in der Nähe ist, bedenken Sie, dass er oder sie ein Auge auf unzählig viele Personen haben muss. Die Aufsichtsp­flicht wird Ihnen dadurch nicht abgenommen. Haben Sie die Wahl zwischen einem bewachten und einem unbewachte­n See oder Strand, sollten Sie immer den bewachten Teil vorziehen.

Bei älteren Kindern und häufig auch bei Erwachsene­n lauert eine andere Art der Gefahr: Sie überschätz­en sich oft oder wetteifern mit ihren Freunden. Das kann dazu führen, dass sie in offenen Gewässern zu weit hinaus schwimmen und ihre Kräfte oder die Strömungen falsch einschätze­n. Auch Sprünge in zu flache und unbekannte Gewässer haben oft böse Folgen: Fünf Prozent aller jährlichen Querschnit­tslähmunge­n in

80 Prozent der Todesfälle ereigneten sich an Stellen ohne Beaufsicht­igung

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Fotos: Ángel García Niemals aus den Augen lassen: Swimmingpo­ols können vor allem für Kinder zur tödlichen Falle werden.

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