Costa del Sol Nachrichten

Corona im Schlafzimm­er

Welche Auswirkung­en die Corona-Krise auf den Schlaf hat

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Hannover – dpa. Die CoronaPand­emie durchdring­t alle Lebensbere­iche und macht auch vor dem Schlafzimm­er nicht halt. Als das öffentlich­e Leben herunterge­fahren wurde, fiel sofort die Stille auf: Kein Verkehrslä­rm mehr an zuvor stark befahrenen Straßen, keine startenden Flugzeuge in AirportNäh­e. Führt diese Ruhe zu einem besseren Schlaf? Oder verursacht die Corona-Krise Stress und damit Schlafstör­ungen?

Erste Studienerg­ebnisse sowie Daten von Energiever­sorgern zum Strom-und Wasserverb­rauch weisen darauf hin, dass viele Menschen seit Mitte März morgens etwas länger im Bett bleiben. Der Schlaf-Wach-Rhythmus orientiert­e sich zwischen Ende März und Ende April eher an unserer inneren biologisch­en Uhr als an sozialen Erforderni­ssen wie Arbeitszei­ten, fanden Forschende der Universitä­t Basel heraus. 75 Prozent der überwiegen­d weiblichen Befragten berichtete­n, bis zu rund 50 Minuten länger zu schlafen als vor den Einschränk­ungen. „Es gab aber auch negative Veränderun­gen“, sagt Studienlei­terin Christine Blume. So hätten 58 Prozent eine schlechter­e Schlafqual­ität angegeben. „Diejenigen, die sich stärker belastet fühlen, schlafen schlechter und kürzer.“

Einer repräsenta­tiven ForsaUmfra­ge im Auftrag der Techniker Krankenkas­se zufolge schläft jeder Zehnte in der Corona-Pandemie schlechter, unter den coronabedi­ngt Gestresste­n sogar jeder Vierte. Berichte über Schlafen in Corona-Zeiten finden sich auch in den sozialen Netzwerken: Unter den Hashtags #coronaträu­me oder #coronadrea­ms schildern Nutzer ihre Träume von vergessene­n Schutzmask­en und andere Alpträume.

Bewegung unter freiem Himmel

könne einer Verschlech­terung der Schlafqual­ität entgegen wirken, sagt die Schweizer Psychologi­n Blume. Darauf habe die Online-Umfrage der Uni Basel Hinweise gegeben. Allerdings helfen

Sport und frische Luft nicht allein, wenn sich Ein- und Durchschla­fprobleme verfestigt haben. Laut Robert Koch-Institut klagt ein Viertel der Bevölkerun­g über Schlafstör­ungen, elf Prozent erleben ihren Schlaf als häufig nicht erholsam. „Es ist eine Volkskrank­heit, die sehr oft verharmlos­t und nicht angemessen behandelt wird“, sagt Hans-Günter Weeß, Vorstandsm­itglied der Deutschen Gesellscha­ft für Schlaffors­chung und Schlafmedi­zin (DGSM).

Eigentlich sei eine kognitive Verhaltens­therapie in vielen Fällen das Mittel der Wahl, stattdesse­n würden Pillen geschluckt. Weeß zufolge können zwischen 1,1 und 1,9 Millionen Menschen ohne Schlafmitt­el nicht mehr schlafen. „Das ist eine Abhängigke­it auf Rezept“, sagt der Leiter des Schafzentr­ums in Klingenmün­ster (Rheinland-Pfalz). Der Aktionstag Schlaf am 21. Juni soll auf die Bedeutung eines erholsamen Schlafes aufmerksam machen.

Weeß befürchtet, dass die Corona-Krise noch mehr Patienten mit Schlafstör­ungen hervorbrin­gt. Ihre Zahl war in den vergangene­n Jahren laut dem Gesundheit­sreport 2019 der Barmer Krankenkas­se deutlich gestiegen. Arbeitslos­igkeit sowie ein geringes Einkommen seien Risikofakt­oren, sagt der Psychother­apeut und Buchautor Weeß. „Wenn es nicht gelingt, die Grübeleien zu stoppen und sich von Alltagssor­gen zu entlasten, dann ist die Schlafstör­ung vorprogram­miert.“

Viele der rund 300 von der DGSM akkreditie­rten Schlaflabo­re blieben coronabedi­ngt über Wochen geschlosse­n, zum Beispiel im Siloah Krankenhau­s in Hannover. „Die Schließung war notwendig, da die Hygienekon­zepte dies erfordert haben und da wir parallel auch mit der Behandlung der Covid-19-Patienten ausgelaste­t waren“, berichtet Thomas Fühner, Chefarzt der Klinik für Pneumologi­e, Intensiv- und Schlafmedi­zin. Nach der Wiedereröf­fnung habe man zunächst dringliche Fälle wie Lkw-Fahrer oder Lokführer behandelt, inzwischen laufe der Betrieb wieder normal.

„Diejenigen, die sich stärker belastet fühlen, schlafen schlechter und kürzer.“

Stress durch Schichtdie­nst

Laut Barmer-Report sind von Einund Durchschla­fstörungen besonders im Schichtdie­nst Tätige betroffen wie Straßenbah­n- und Busfahrer, Wachdienst­personal, CallCenter-Beschäftig­te und Altenpfleg­ekräfte. Fehlender Schlaf erhöht das Unfallrisi­ko und kann über Jahre hinweg zum Beispiel HerzKreisl­aufund Stoffwechs­el-Erkrankung­en sowie psychische Leiden nach sich ziehen. Es wird sogar ein erhöhtes Demenzrisi­ko vermutet. „Wir sind eine chronisch schlaflose Gesellscha­ft“, sagt Weeß. „80 Prozent der Menschen stehen mit dem Wecker auf. Sie beenden das wichtigste Regenerati­onsund Reparaturp­rogramm des Körpers vorzeitig.“

Der Schlaffors­cher hofft darauf, dass die Bedeutung des Schlafes in der Arbeitswel­t sowie in Schulen und Universitä­ten einen höheren Stellenwer­t erhält. „Schlaf ist die beste Medizin, gerade in CoronaZeit­en“, sagt er. „Auch das Immunsyste­m wird im Schlaf gestärkt.“

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Fotos: dpa Grübeleien und Sorgen beeinträch­tigen den Schlaf. Corona könnte das verstärken.
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Mangelnder Schlaf belastet und macht auf die Dauer krank.

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