Wenn das Wasser kommt: Feuerwehr wappnet sich mit Wetterstationen für Phänomen Gota fría
Das Wetterphänomen Gota fría wird häufiger und heftiger auftreten. Die Feuerwehr wappnet sich mit vernetzten Wetterstationen
Der Sommer hat sich verabschiedet, zumindest kalendarisch. Zwar erinnert der eine oder andere heiße Herbsttag im Oktober eher noch an September, aber immerhin herrschen nachts bereits deutlich angenehmere Schlaf-Temperaturen. Das Mittelmeer ist auch noch recht warm. Derzeit sorgen um die 24 Grad Wassertemperatur an der Costa Blanca, 23 Grad an der Costa Cálida und knappe 20 Grad an der Costa del Sol weiterhin für Badefreuden.
So schön das klingt, können die warmen Meerestemperaturen doch Auslöser eines hier typischen Wetterphänomens werden: der Gota fría (Kaltlufttropfen) – neuerdings auch Dana genannt, was aber letztendlich dasselbe ist. Tropfen klingt eigentlich zu harmlos, handelt es sich doch um sintflutartige Regenfälle, oft in Begleitung von starken Gewittern, Stürmen und hohem
Wellengang, die ab September die Mittelmeerküste heimsuchen können.
Der letzte Kaltlufttropfen erwischte September letzten Jahres viele Orte unerwartet hart. Er wurde als das schwerste Herbstunwetter der vergangenen drei Jahrzehnte gewertet. Innerhalb von nur 15 Stunden sollen laut Meteorologen über 600 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen sein. Am heftigsten betroffen waren die Provinzen Alicante, Murcia und Valencia sowie die andalusischen Provinzen Almería, Málaga und Granada.
Menschen und Tiere mussten in Sicherheit gebracht werden – dennoch forderten die Wassermassen ihre Opfer. Flüsse traten über die Ufer. Es gab unzählige Überschwemmungen sowie Erdrutsche. Zahlreiche Ortschaften waren tagelang von der Außenwelt abgeschnitten.
Das Naturphänomen basiert auf den erheblichen Temperaturunterschied
von Meer und Luft. Das noch über 20 Grad warme Mittelmeerwasser verdunstet und steigt bis zu zehn Kilometer hoch auf. Wenn sich dann die ersten Atlantik-Tiefs mit feuchtkalter Luft über das Mittelmeer schieben, türmen sich gewaltige Gewitterwolken auf. Prallen die Luftmassen aufeinander, kommt es zu Sturzregen.
Die steigenden Temperaturen an der Mittelmeerküste haben in den letzten Jahren ihren Aufwärtstrend beibehalten, so dass die Entwicklung eines Kaltlufttropfen sich zu einer fast regelmäßigen und unvermeidlichen Gefahr entwickelt hat, besonders ab September. Laut dem Klimatologen aus Alicante, Jorge Olcina, war dieser Sommer erstmalig besonders: „Rekorde wurden nicht bei den Höchsttemperaturen am Mittag gebrochen, sondern die Hitze ist konstanter und das Gefühl von Hitze und Feuchtigkeit ist auch nachts länger anhaltend“, sagt er. „Unser Klima im Sommer ist vor allem an der Küste aufgrund der hohen Nachthitze immer weniger angenehm.“
Nach den neusten Satellitenbildern liegt die Temperatur im Mittelmeerraum zwischen 27 und 28 Grad. Für Olcina „sind dies sehr hohe Temperaturen und sie stellen einen hohen Risikofaktor für eine Gota fría dar. „Dies ist ein Beweis für die Klimaerwärmung, die seit Jahren an unserer Mittelmeerküste registriert wird, insbesondere im zentralen Bereich zwischen Castellón und Murcia, einschließlich der Balearen“, so der Klimatologe. Für
den Wetter-Experten und Direktor des Labors für Klimatologie der Universität Alicante, verursachen die hohen Wassertemperaturen zwei atmosphärische Phänomene: 1. Die drastische Zunahme der tropischen Nächte an der Küste, das bedeutet das Thermometer sinkt nicht unter 20 Grad. „Da das Meer so warm ist, kann die Temperatur nachts nicht weiter sinken, weil die Luft vor der Küste wie eine warme ‚Wassermatte‘ ist, die eine Abkühlung der Umgebung verhindert.“2) Des Weiteren sind die warmen Gewässer vor der Küste ein Risikofaktor für Instabilität in der Atmosphäre. Sie sind der Rohstoff für die Bildung großer Unwetterwolken, die „mit reichlich Energie und Feuchtigkeit beladen“sind.
Mit den Jahren hat sich auch die Art und Weise geändert, wie es regnet. Regenfälle werden immer heftiger. Große Regenmengen fallen in immer kürzerer Zeit und viele Orte sind einfach nicht darauf vorbereitet, solche enormen Wassermengen abzuleiten, was zu beträchtlichen Schäden führt. In einigen Küstenorten kommt noch das Flusswasser-Risiko hinzu, da oft Stürme eine Barriere an der Küste bilden und folglich das Flusswasser in Richtung Meer schlecht abfließen kann, was weiter das Überschwemmungsszenario anheizt.
Es wird heftiger
Das Risiko für Spanien, sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen zu erleiden, wird in den nächsten 50 Jahren um 25 Prozent steigen und die Mittelmeerregion ist aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels und der Meeresoberflächentemperaturen eines der am stärksten bedrohten Gebiete in Europa, so die datenbasierten Schlussfolgerungen der Europäischen Umweltagentur. Die Beobachtungsstelle für Nachhaltigkeit des Allgemeinen Rates der Verbände der Versicherungsmakler hat gar berechnet, wie viele Menschen, davon betroffen sein könnten: etwa 977.000 Menschen müssen mit der Gefahr leben, dass ihre Häuser durch Überschwemmungen an der spanischen Küste in Mitleidenschaft gezogen werden. Die am stärksten gefährdeten Regionen sind die Comunidad Valenciana mit 380.000 betroffenen Einwohnern, Katalonien mit 190.000 und Andalusien mit 130.000.
Gota-fría-gefährdet sind in der Comunidad Valenciana in der Regel der Süden Valencias und der Norden Alicantes: Safor, Marina Alta, Vall d’Albaida, Comtat, l’Alcoià und die Gebiete der Ribera und des Canal de Navarrés. Verantwortlich dafür ist die geografische Natur dieser Zonen, begründet José Ángel Núñez, Leiter der Klimatologie beim staatlichen
Wetterdienst Aemet in Valencia. Auch Núñez weist darauf hin, dass alles darauf hindeutet, dass die Intensität der Regenfälle in den kommenden Jahrzehnten tendenziell zunehmen werde, da die Luft- und Meerestemperaturen als Folge des Klimawandels steigen ein Effekt, der im Sommer weitaus „intensiver“ist als im Winter.
Um gegen Unwetterkatastrophen besser gewappnet zu sein, wird Jorge Olcina, laut einer Pressemitteilung der Provinz Alicante, das Feuerwehrkonsortium der Provinz bei der Einrichtung eines sogenannten „Wetterbeobachtungsnetzes“beraten. Es wird aus 13 neuen, hochmodernen Wetterstationen bestehen, die auf die gesamten Feuerwehrhäuser, über die das Konsortium verfügt, verteilt werden. Gegenwärtig sind diese in: L’Alacantí (San Vicente del Raspeig), Marina Alta (Dénia und Benissa), Marina Baja (Benidorm), Montaña (Cocentaina und Ibi), Alto y Medio Vinalopó (Elda und Villena), Baix Vinalopó (Elche und Crevillent) und in der Vega Baja (Orihuela, Almoradí und Torrevieja).
Carlos Mazón, Präsident der Provinz Alicante, hob den immensen Wert hervor, den dieses Netzwerk für die Untersuchung von Überschwemmungen und Dürre oder für die Löschung von Bränden haben kann. „Zum ersten Mal wird die Provinz Alicante über ein eigenes Wetterbeobachtungsnetz verfügen, was angesichts der jüngsten Episoden, die wir in der Provinz erlebt haben, sehr wichtig ist. Das wird uns ermöglichen, angemessener zu reagieren und zu handeln“, fügte der Präsident hinzu und bekräftigte gleichzeitig, dass dank dieses Projekts auch an der Verbesserung der Luftqualität gearbeitet werden kann. Ein nach seiner Meinung sehr wichtiger Aspekt, nicht nur aus ökologischer Sicht, sondern auch im Hinblick auf den Tourismus.
Jorge Olcina seinerseits wies auf den Vorteil hin, über Informationen in Echtzeit zu verfügen, was unweigerlich zu einer Verbesserung der Warn- und Präventionssysteme
für extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen, führe. Für die Waldbrand-Prävention können die Messstationen Daten über die Feuchtigkeit und Temperatur liefern, um somit mögliche Krisengebiete in der Provinz genauer bestimmen und beobachten zu können.
Geplant ist auch die Aufnahme der 15 Stationen der „Área de Ciclo Hídrico“der Provinz ins Netz. Diese Abteilung unterhält ein Telemetrie-Netzwerk zur Kontrolle der Wasserressourcen in der Provinz und zur Fernsteuerung verschiedener kommunaler hydraulischer Infrastrukturen, welche auf einer zum großen Teil von der Regionalregierung selbst entwickelten Technologie basiert.
Auf die brennende Frage, ob Menschen, die ihre Häuser in einer Risikozone haben, diese auf Dauer räumen sollten, antwortete Olcina: „Wenn das Leben von Menschen in großer Gefahr ist, wäre es Sache des Rathauses, Vereinbarungen mit den Betroffenen zu treffen und ihnen Land anzubieten, um den Umzug attraktiv zu machen. Vor einigen Jahren verabschiedete die valencianische Regierung den Küstenschutzplan Pativel, der darauf abzielt, die nicht erschlossenen Gebiete zu erhalten. Trotzdem haben wir eine sehr verbaute und bewohnte Küste, und das ist eine große Herausforderung.“
Gota Fría – was tun?
Damit jeder mit den Gefahren einer Gota Fría beziehungsweise eines Starkregens besser umgehen kann, hat unter anderem der spanische Wetterdienst Aemet folgende Ratschläge herausgegeben: =Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte langsamer fahren und nicht in Zonen anhalten, in denen sich Wasser ansammeln könnte. =Bei Fahrten besser Hauptstraßen nutzen.
=Fahrzeuge sollten nicht in Überschwemmungsgebieten geparkt werden, da sie beschädigt und von den Wassermassen weggerissen werden könnten, was wiederum für andere eine Gefahr darstellen könnte. =Überflutete Zonen sollten weder zu Fuß noch mit dem Fahrzeug überquert werden, da nicht bekannt ist, was sich im Wasser befindet.
Von Flüssen, Bächen und tief liegenden Gebieten immer fernbleiben. Höher gelegene Gebiete aufsuchen.
Informiert bleiben. Empfehlenswert ist der Besitz eines Radios, einer Taschenlampe und eines Erste-Hilfe-Kastens. Zudem: Wasser- sowie Lebensmittelreserve anlegen.
=Wichtige Dokumente sollten sicher und „griffbereit“platziert sein. =Die Notrufnummer lautet 112. =Familienmitglieder sollten wissen, wie Gas, Strom und Wasser abgestellt werden. =Strategie zur Familienzusammenführung im Katastrophenfall. =Vorsicht vor der Verbreitung von Gerüchten und übertriebenen, unvollständigen oder verzerrten Informationen. Das hilft nicht weiter, sondern sorgt nur für Verwirrung oder gar Schaden.
Für Hausbesitzer gilt: =Vom Grundstück Gegenstände entfernen, die vom Wasser mitgerissen werden könnten. =Zustand des Daches und der Wasserabflüsse prüfen. =Sicheres Platzieren von wichtigen und/oder gefährliche Produkte/Gegenständen.
Große Regenmengen fallen in immer kürzerer Zeit und viele Orte sind einfach nicht darauf vorbereitet