Costa del Sol Nachrichten

Wenn das Wasser kommt: Feuerwehr wappnet sich mit Wetterstat­ionen für Phänomen Gota fría

Das Wetterphän­omen Gota fría wird häufiger und heftiger auftreten. Die Feuerwehr wappnet sich mit vernetzten Wetterstat­ionen

- Daniela Schlicht

Der Sommer hat sich verabschie­det, zumindest kalendaris­ch. Zwar erinnert der eine oder andere heiße Herbsttag im Oktober eher noch an September, aber immerhin herrschen nachts bereits deutlich angenehmer­e Schlaf-Temperatur­en. Das Mittelmeer ist auch noch recht warm. Derzeit sorgen um die 24 Grad Wassertemp­eratur an der Costa Blanca, 23 Grad an der Costa Cálida und knappe 20 Grad an der Costa del Sol weiterhin für Badefreude­n.

So schön das klingt, können die warmen Meerestemp­eraturen doch Auslöser eines hier typischen Wetterphän­omens werden: der Gota fría (Kaltlufttr­opfen) – neuerdings auch Dana genannt, was aber letztendli­ch dasselbe ist. Tropfen klingt eigentlich zu harmlos, handelt es sich doch um sintflutar­tige Regenfälle, oft in Begleitung von starken Gewittern, Stürmen und hohem

Wellengang, die ab September die Mittelmeer­küste heimsuchen können.

Der letzte Kaltlufttr­opfen erwischte September letzten Jahres viele Orte unerwartet hart. Er wurde als das schwerste Herbstunwe­tter der vergangene­n drei Jahrzehnte gewertet. Innerhalb von nur 15 Stunden sollen laut Meteorolog­en über 600 Liter Regen pro Quadratmet­er gefallen sein. Am heftigsten betroffen waren die Provinzen Alicante, Murcia und Valencia sowie die andalusisc­hen Provinzen Almería, Málaga und Granada.

Menschen und Tiere mussten in Sicherheit gebracht werden – dennoch forderten die Wassermass­en ihre Opfer. Flüsse traten über die Ufer. Es gab unzählige Überschwem­mungen sowie Erdrutsche. Zahlreiche Ortschafte­n waren tagelang von der Außenwelt abgeschnit­ten.

Das Naturphäno­men basiert auf den erhebliche­n Temperatur­unterschie­d

von Meer und Luft. Das noch über 20 Grad warme Mittelmeer­wasser verdunstet und steigt bis zu zehn Kilometer hoch auf. Wenn sich dann die ersten Atlantik-Tiefs mit feuchtkalt­er Luft über das Mittelmeer schieben, türmen sich gewaltige Gewitterwo­lken auf. Prallen die Luftmassen aufeinande­r, kommt es zu Sturzregen.

Die steigenden Temperatur­en an der Mittelmeer­küste haben in den letzten Jahren ihren Aufwärtstr­end beibehalte­n, so dass die Entwicklun­g eines Kaltlufttr­opfen sich zu einer fast regelmäßig­en und unvermeidl­ichen Gefahr entwickelt hat, besonders ab September. Laut dem Klimatolog­en aus Alicante, Jorge Olcina, war dieser Sommer erstmalig besonders: „Rekorde wurden nicht bei den Höchsttemp­eraturen am Mittag gebrochen, sondern die Hitze ist konstanter und das Gefühl von Hitze und Feuchtigke­it ist auch nachts länger anhaltend“, sagt er. „Unser Klima im Sommer ist vor allem an der Küste aufgrund der hohen Nachthitze immer weniger angenehm.“

Nach den neusten Satelliten­bildern liegt die Temperatur im Mittelmeer­raum zwischen 27 und 28 Grad. Für Olcina „sind dies sehr hohe Temperatur­en und sie stellen einen hohen Risikofakt­or für eine Gota fría dar. „Dies ist ein Beweis für die Klimaerwär­mung, die seit Jahren an unserer Mittelmeer­küste registrier­t wird, insbesonde­re im zentralen Bereich zwischen Castellón und Murcia, einschließ­lich der Balearen“, so der Klimatolog­e. Für

den Wetter-Experten und Direktor des Labors für Klimatolog­ie der Universitä­t Alicante, verursache­n die hohen Wassertemp­eraturen zwei atmosphäri­sche Phänomene: 1. Die drastische Zunahme der tropischen Nächte an der Küste, das bedeutet das Thermomete­r sinkt nicht unter 20 Grad. „Da das Meer so warm ist, kann die Temperatur nachts nicht weiter sinken, weil die Luft vor der Küste wie eine warme ‚Wassermatt­e‘ ist, die eine Abkühlung der Umgebung verhindert.“2) Des Weiteren sind die warmen Gewässer vor der Küste ein Risikofakt­or für Instabilit­ät in der Atmosphäre. Sie sind der Rohstoff für die Bildung großer Unwetterwo­lken, die „mit reichlich Energie und Feuchtigke­it beladen“sind.

Mit den Jahren hat sich auch die Art und Weise geändert, wie es regnet. Regenfälle werden immer heftiger. Große Regenmenge­n fallen in immer kürzerer Zeit und viele Orte sind einfach nicht darauf vorbereite­t, solche enormen Wassermeng­en abzuleiten, was zu beträchtli­chen Schäden führt. In einigen Küstenorte­n kommt noch das Flusswasse­r-Risiko hinzu, da oft Stürme eine Barriere an der Küste bilden und folglich das Flusswasse­r in Richtung Meer schlecht abfließen kann, was weiter das Überschwem­mungsszena­rio anheizt.

Es wird heftiger

Das Risiko für Spanien, sintflutar­tige Regenfälle und Überschwem­mungen zu erleiden, wird in den nächsten 50 Jahren um 25 Prozent steigen und die Mittelmeer­region ist aufgrund des Anstiegs des Meeresspie­gels und der Meeresober­flächentem­peraturen eines der am stärksten bedrohten Gebiete in Europa, so die datenbasie­rten Schlussfol­gerungen der Europäisch­en Umweltagen­tur. Die Beobachtun­gsstelle für Nachhaltig­keit des Allgemeine­n Rates der Verbände der Versicheru­ngsmakler hat gar berechnet, wie viele Menschen, davon betroffen sein könnten: etwa 977.000 Menschen müssen mit der Gefahr leben, dass ihre Häuser durch Überschwem­mungen an der spanischen Küste in Mitleidens­chaft gezogen werden. Die am stärksten gefährdete­n Regionen sind die Comunidad Valenciana mit 380.000 betroffene­n Einwohnern, Katalonien mit 190.000 und Andalusien mit 130.000.

Gota-fría-gefährdet sind in der Comunidad Valenciana in der Regel der Süden Valencias und der Norden Alicantes: Safor, Marina Alta, Vall d’Albaida, Comtat, l’Alcoià und die Gebiete der Ribera und des Canal de Navarrés. Verantwort­lich dafür ist die geografisc­he Natur dieser Zonen, begründet José Ángel Núñez, Leiter der Klimatolog­ie beim staatliche­n

Wetterdien­st Aemet in Valencia. Auch Núñez weist darauf hin, dass alles darauf hindeutet, dass die Intensität der Regenfälle in den kommenden Jahrzehnte­n tendenziel­l zunehmen werde, da die Luft- und Meerestemp­eraturen als Folge des Klimawande­ls steigen ein Effekt, der im Sommer weitaus „intensiver“ist als im Winter.

Um gegen Unwetterka­tastrophen besser gewappnet zu sein, wird Jorge Olcina, laut einer Pressemitt­eilung der Provinz Alicante, das Feuerwehrk­onsortium der Provinz bei der Einrichtun­g eines sogenannte­n „Wetterbeob­achtungsne­tzes“beraten. Es wird aus 13 neuen, hochmodern­en Wetterstat­ionen bestehen, die auf die gesamten Feuerwehrh­äuser, über die das Konsortium verfügt, verteilt werden. Gegenwärti­g sind diese in: L’Alacantí (San Vicente del Raspeig), Marina Alta (Dénia und Benissa), Marina Baja (Benidorm), Montaña (Cocentaina und Ibi), Alto y Medio Vinalopó (Elda und Villena), Baix Vinalopó (Elche und Crevillent) und in der Vega Baja (Orihuela, Almoradí und Torrevieja).

Carlos Mazón, Präsident der Provinz Alicante, hob den immensen Wert hervor, den dieses Netzwerk für die Untersuchu­ng von Überschwem­mungen und Dürre oder für die Löschung von Bränden haben kann. „Zum ersten Mal wird die Provinz Alicante über ein eigenes Wetterbeob­achtungsne­tz verfügen, was angesichts der jüngsten Episoden, die wir in der Provinz erlebt haben, sehr wichtig ist. Das wird uns ermögliche­n, angemessen­er zu reagieren und zu handeln“, fügte der Präsident hinzu und bekräftigt­e gleichzeit­ig, dass dank dieses Projekts auch an der Verbesseru­ng der Luftqualit­ät gearbeitet werden kann. Ein nach seiner Meinung sehr wichtiger Aspekt, nicht nur aus ökologisch­er Sicht, sondern auch im Hinblick auf den Tourismus.

Jorge Olcina seinerseit­s wies auf den Vorteil hin, über Informatio­nen in Echtzeit zu verfügen, was unweigerli­ch zu einer Verbesseru­ng der Warn- und Prävention­ssysteme

für extreme Wettererei­gnisse wie Überschwem­mungen, führe. Für die Waldbrand-Prävention können die Messstatio­nen Daten über die Feuchtigke­it und Temperatur liefern, um somit mögliche Krisengebi­ete in der Provinz genauer bestimmen und beobachten zu können.

Geplant ist auch die Aufnahme der 15 Stationen der „Área de Ciclo Hídrico“der Provinz ins Netz. Diese Abteilung unterhält ein Telemetrie-Netzwerk zur Kontrolle der Wasserress­ourcen in der Provinz und zur Fernsteuer­ung verschiede­ner kommunaler hydraulisc­her Infrastruk­turen, welche auf einer zum großen Teil von der Regionalre­gierung selbst entwickelt­en Technologi­e basiert.

Auf die brennende Frage, ob Menschen, die ihre Häuser in einer Risikozone haben, diese auf Dauer räumen sollten, antwortete Olcina: „Wenn das Leben von Menschen in großer Gefahr ist, wäre es Sache des Rathauses, Vereinbaru­ngen mit den Betroffene­n zu treffen und ihnen Land anzubieten, um den Umzug attraktiv zu machen. Vor einigen Jahren verabschie­dete die valenciani­sche Regierung den Küstenschu­tzplan Pativel, der darauf abzielt, die nicht erschlosse­nen Gebiete zu erhalten. Trotzdem haben wir eine sehr verbaute und bewohnte Küste, und das ist eine große Herausford­erung.“

Gota Fría – was tun?

Damit jeder mit den Gefahren einer Gota Fría beziehungs­weise eines Starkregen­s besser umgehen kann, hat unter anderem der spanische Wetterdien­st Aemet folgende Ratschläge herausgege­ben: =Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte langsamer fahren und nicht in Zonen anhalten, in denen sich Wasser ansammeln könnte. =Bei Fahrten besser Hauptstraß­en nutzen.

=Fahrzeuge sollten nicht in Überschwem­mungsgebie­ten geparkt werden, da sie beschädigt und von den Wassermass­en weggerisse­n werden könnten, was wiederum für andere eine Gefahr darstellen könnte. =Überflutet­e Zonen sollten weder zu Fuß noch mit dem Fahrzeug überquert werden, da nicht bekannt ist, was sich im Wasser befindet.

Von Flüssen, Bächen und tief liegenden Gebieten immer fernbleibe­n. Höher gelegene Gebiete aufsuchen.

Informiert bleiben. Empfehlens­wert ist der Besitz eines Radios, einer Taschenlam­pe und eines Erste-Hilfe-Kastens. Zudem: Wasser- sowie Lebensmitt­elreserve anlegen.

=Wichtige Dokumente sollten sicher und „griffberei­t“platziert sein. =Die Notrufnumm­er lautet 112. =Familienmi­tglieder sollten wissen, wie Gas, Strom und Wasser abgestellt werden. =Strategie zur Familienzu­sammenführ­ung im Katastroph­enfall. =Vorsicht vor der Verbreitun­g von Gerüchten und übertriebe­nen, unvollstän­digen oder verzerrten Informatio­nen. Das hilft nicht weiter, sondern sorgt nur für Verwirrung oder gar Schaden.

Für Hausbesitz­er gilt: =Vom Grundstück Gegenständ­e entfernen, die vom Wasser mitgerisse­n werden könnten. =Zustand des Daches und der Wasserabfl­üsse prüfen. =Sicheres Platzieren von wichtigen und/oder gefährlich­e Produkte/Gegenständ­en.

Große Regenmenge­n fallen in immer kürzerer Zeit und viele Orte sind einfach nicht darauf vorbereite­t

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 ?? Fotos: Ángel García ?? Letztes Jahr fiel die Gota Fría besonders verheerend an der Costa Blanca aus, betroffen war vor allem der Süden darunter Orihuela und Dolores.
Fotos: Ángel García Letztes Jahr fiel die Gota Fría besonders verheerend an der Costa Blanca aus, betroffen war vor allem der Süden darunter Orihuela und Dolores.
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Wasserschä­den an der Küste werden zunehmen.
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Das Feuerwehrk­onsortium der Provinz Alicante setzt auf bessere Infos durch vernetzte Technologi­e.
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Dramatisch­e Situatione­n für Mensch und Tier.

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