Und immer wieder Bárcenas:
Korruptionsprozess um die „Papiere des Bárcenas“beeinflusst Katalonien-Wahlkampf
Ex-Schatzmeister bringt PP erneut in Bredouille
Madrid – dpa/sk. Nur sechs Tage vor der Landtagswahl in Katalonien bringt ein Korruptionsprozess die konservative Volkspartei (PP) in die Bredouille. Luis Bárcenas, der frühere Schatzmeister der PP und Kontoführer der Schwarzgeldkasse „caja b“muss sich wegen der Finanzierung des Umbaus des Parteisitzes in der Calle Genova verantworten und erhebt schwere Vorwürfe gegen Spitzenpolitiker der Volkspartei wie Mariano Rajoy, José Maria Aznar oder María Dolores de Cospedal.
Die seit Jahren immer wieder angekündigten brisanten Enthüllungen des bereits zu 29 Jahren Haft verurteilten Ex-PP-Funktionärs kommen dem aktuellen Parteiführer Pablo Casado ungelegen, da am Sonntag in Katalonien der Landtag gewählt wird. Das sagen jedenfalls einige, andere sehen in Bárcenas den Rettungsanker. Dank ihm kann Pablo Casado nun ein sich abzeichnendes desaströses Wahlergebnis gut rechtfertigen – dass er nicht wegen Bárcenas, sondern wegen seiner Katalonien-Politik einfahren könnte, die vor Ort niemanden zu überzeugen scheint. Wird also die PP von Vox am Sonntag rechtsaußen überholt, trägt Luis Bárcenas daran die Schuld. An ihm hat die spanische Politik scheinbar ein Totem für AmigoSeilschaften und politische Korruption gefunden, an dessen Füßen man Schuld abladen und reinen Gewissens einen Neustart wagen kann.
Der Prozess bringt wohl nichts Neues. Luis Bárcenas hält zwar mit seinem Ärger über Mariano Rajoy kaum hinter dem Berg und wünscht sich ein Kreuzverhör mit ihm, die „bedeutenden Enthüllungen“
will er sich aber für die kommenden Prozesse aufsparen. Und dass es jahrzehntelang eine schwarze Kasse der PP gab, stellte die Justiz schon in einem früheren Prozess im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre „Gürtel“fest. Da wurde nicht nur Bárcenas zu einer Haftstrafe verurteilt, sondern auch die PP bekam eine Geldstrafe von über 245.000 Euro aufgebrummt.
Beim Fall „Gürtel“verurteilte das Gericht die Praktiken, über die Bárcenas jahrelang Buch führte. Unternehmer spendeten Schwarzgeld, das in Summen unter 60.000 Euro aufgestückelt in einer heimliche Kasse verschwand, um sich Vorteile bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu erkaufen. Und aus der Kasse wiederum finanzierte die PP Gehaltszuschüsse an Politiker oder eben – scheinbar – den Umbau der Parteizentrale.
Nun geht es „lediglich“um die möglicherweise illegale Finanzierung des Umbaus der PP-Zentrale in Madrid, und dafür werden die früheren Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und José María Aznar in den Zeugenstand gerufen. Bárcenas behauptet, dem früheren Parteichef der PP, Mariano Rajoy, 2009 die Unterlagen über die schwarze Kasse vorgelegt zu haben. Rajoy hat stets versichert, nichts von illegalen Machenschaften gewusst zu haben.
Um die Glaubwürdigkeit von Bárcenas ist es nicht gut bestellt – zu oft schon haben sich seine Ankündigungen als leere Drohungen erwiesen. Fast immer muteten sie wie ein Teil seiner Verteidigungsstrategie
an. Brisant aus Sicht der neuen Parteiführung um Pablo Casado ist aber die Behauptung, sein Schweigen mit heute noch aktiven PP-Vertretern vereinbart zu haben. Dafür sei ihm zugesagt worden, dass seine Frau Rosalía Iglesias nicht in Haft müsse – als ob eine Partei dies erwirken könnte.
Nachdem sie dennoch zu 13 Jahren verurteilt wurde, fühlt Bárcenas sich angeblich nicht mehr an den Pakt gebunden und zaubert regelmäßig einen Trumpf, mit dem er gegen die PP sticht, aus dem Ärmel. Casado müht sich derweil ab, Bárcenas als ein Relikt aus der Vergangenheit hinzustellen, das nichts mehr mit der von ihm erneuerten PP zu tun hat. Die Wähler in Katalonien werden es ihm am Sonntag zeigen, ob sie ihm Glauben schenken. Für den Fall, dass es allzu schlimm kommen sollte – schuld ist immer der Bárcenas.
Das Gericht verurteilte bereits die Praktiken, über die Bárcenas Buch führte.