Koalition im Dauerzoff: PSOE und Unidas Podemos streiten über Gesetze
Regierungskoalition im Dauerzoff – Keine Einigung über Mieten – Podemos enthält sich bei Ley Zerolo
Madrid – tl/ann. Der Entwurf des neuen Wohnungsbaugesetzes ist noch nicht reif für eine Verabschiedung im Kabinett. Zu groß sind weiterhin die Differenzen zwischen den Koalitionspartnern PSOE und Unidas Podemos (UP). Vor allem bei dem künftigen gesetzlichen Umgang mit den Mieten klaffen die Positionen weit auseinander. Dabei hatten beide Partner vereinbart, bis spätestens Ende Februar eine Lösung zu finden. Die derzeit schlechte Stimmung im Kabinett offenbart sich also auch bei diesem Thema.
„Die Regelung der Mietpreise ist die heiße Kartoffel“, schrieb dazu die Zeitung „El País“. Während die Linksalternativen für einen Mechanismus sind, der Mieten unter bestimmten Umständen einfriert oder sogar senkt, wollen die Sozialisten davon nichts wissen. Sie plädieren stattdessen für steuerliche Anreize, die Vermieter erhalten sollen, wenn sie Wohnraum zu günstigen Konditionen anbieten.
Das vom Sozialisten José Luis Ábalos geleitete Ministerium für Transport, Mobilität und städtische Agenda schlägt eine entsprechende Regelung in Zusammenhang mit der Einkommenssteuer-Erklärung vor. Außerdem gebe es zusätzliche Möglichkeiten, auf die Mieten einzuwirken, die außerhalb des neuen Wohnungsbaugesetzes liegen. Vorstellbar seien etwa Vereinbarungen mit Großvermietern. Auch eine zusätzliche finanzielle Ausstattung des nationalen Wohnungsplans für günstige Mietwohnungen, wie sie unlängst von Regierungschef Pedro Sánchez ins Gespräch gebracht wurde, sei denkbar.
Podemos dagegen bleibt hart: Die Entwicklung der Mietpreise zu begrenzen, sei in der Regierung bereits zweimal vereinbart worden, heißt es bei den Linksalternativen von Vizeregierungschef Pablo Iglesias. Sie beharren darauf, einen
Mechanismus einzuführen, der Mieten deckelt oder senkt. Wie Podemos vorschlägt, sollen die autonomen Regionen und die Rathäuser die Möglichkeit erhalten, bestimmte Viertel in den Städten und Gemeinden zu „Zonen mit angespanntem Markt“zu deklarieren.
Der Zoff um die Mieten ist bezeichnend für das momentane Verhältnis der Koalitionspartner
Der Zoff um das Wohnungsbaugesetz ist bezeichnend für das angespannte Verhältnis der Koalitionspartner. Schon bei anderen Themen – etwa dem Mindestlohn – traten die Meinungsverschiedenheiten zwischen PSOE und Unidas Podemos zutage. Mit Volldampf auf Konfrontationskurs liegen sie aber derzeit vor allem wegen zweier Gesetze aus dem Ministerium für Gleichstellung, das Podemos-Ministerin
Irene Montero leitet: dem Ley Trans und dem Ley Zerolo.
Ersteres soll Transsexuellen mehr Rechte einräumen, unter anderem will Podemos auch Minderjährigen erlauben, ihren Vornamen und die Angabe des Geschlechts im Ausweis ändern zu können. Vielen Sozialisten geht das aber zu weit, weshalb die Ausarbeitung des Gesetzes nicht vorangeht.
Das Ley Zerolo – benannt nach dem 2015 verstorbenen PSOE-Politiker und LGTBI-Aktivisten Pedro Zerolo – soll seinerseits die Gleichbehandlung von Homo-, Trans- und Bisexuellen stärken und Diskriminierung vorbeugen. Eigentlich fällt das Thema in die Kompetenzen der Podemos-Ministerin Irene Montero, sechs Monate wurde gemeinsam daran gearbeitet. Letztlich aber brachten die Sozialisten das Ley Zerolo im Alleingang auf den Weg und dessen Entwurf zur Abstimmung am 18. Februar ins Parlament.
Dort wurde dieser auch verabschiedet – allerdings ohne die Zustimmung des Koalitionspartners UP, der sich enthielt. Eine Reaktion nicht nur auf den Alleingang beim Zerolo-Gesetz, sondern auch auf die mangelnde Zustimmung der PSOE beim Ley Trans. Damit sind die schon länger brodelnden Unstimmigkeiten zwischen PSOE und Podemos erstmals in einen Bruch der Koalitionsdisziplin bei einer Abstimmung im Kongress gegipfelt.
Von beiden Seiten hört man unter der Hand, dass dies nicht so weitergehen könne – vor allem, weil beide Partner sich brauchen. Denn mit 120 Abgeordneten allein zu regieren und bei jeder Abstimmung neue Unterstützer suchen zu müssen, schließt die PSOE-Führung – vorerst – aus. Und für Unidas Podemos wäre das Ausscheiden aus der Regierung wohl politischer Selbstmord. Auch wenn sie sich schon jetzt teils so verhalten, als säßen sie in der Opposition.