Costa del Sol Nachrichten

Die hart erkämpfte Vorarbeit

Vor 50 Jahren erlebte Spanien erstes Fußballlän­derspiel der Frauen – Es folgte ein steiniger Weg

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Madrid – sw. „Kannst du auch kochen?“, sagt die Männerstim­me zur jungen Frau im verschwitz­ten Trikot. „Ja“, bekundet sie. Welches Gericht ihr am besten gelinge, hakt er nach. „Tortilla de patatas“, lacht die Sportlerin. Das Video in Schwarzwei­ß zeigt Spaniens Fußballnat­ionalteam der Frauen 1972, das gerade ein Länderspie­l gegen Italien mit 1:5 verloren hat. Die Moral stimmte trotz Pleite und männlicher Herabwürdi­gung: Denn allein, dass es ihre Auswahl gab, war ein großer Stolz für sie.

Am 21. Februar 1971 war es soweit gewesen. Spaniens Fußballeri­nnen organisier­ten ihr erstes Länderspie­l im Stadion La Condomina von Murcia gegen Portugal. 3.000 Zuschauer kamen, vor Anpfiff erklang die Hymne, aber eines fehlte: Das spanische Wappen auf der Brust. Der Verband hatte es – getrieben von den Frauen der rechten Falange – verboten.

Obgleich das Debüt mit 3:3 beachtlich ausging, blieb es bei fast zehn Jahren der offizielle­n Nichtbeach­tung. Ein Glück war es für die Damen, dass einige Männer an sie glaubten, allen voran Sportfunkt­ionär Rafael Muga. Der 74Jährige erzählt nun im „El País“, wie Vertreter des Verbands noch am Stadion das Frauenländ­erspiel verhindern wollten. „Skurril, irreal“sei die Erfahrung gewesen.

Die Frauen bissen sich durch – mit viel Geduld. 1997 erst gelang es den Spanierinn­en, mit der EM in Schweden ein internatio­nales Turnier zu erreichen. Auf die erste WM warteten sie gar bis 2015. Mit einem Punkt war in Kanada in Runde eins Schluss. 2019 in

Frankreich schafften Spaniens Frauen es dann bereits ins Achtelfina­le. 2022 bei der EM in England soll der nächste Schritt folgen. Bis dahin soll auch Spaniens Liga endlich profession­ell sein.

Nach den Kochkünste­n fragt längst kein Reporter mehr. Immer mehr Spielerinn­en wie Jenni Hermoso werden als Stars verehrt. Aber an die Gleichheit von Mann und Frau im Fußball glaubt Victoria Hernández nicht – jene Ex-Kickerin, die „Tortilla de patatas“kochte.

„Es interessie­rt nicht, dass Frauen den Status der Herren erreichen“, meint die heutige Rentnerin im Interview auf dem YoutubeKan­al „playz“. „Dazu muss man nur sehen, was der Männerfußb­all für ein dickes Geschäft ist.“Von heutigen Spielerinn­en wünsche sie sich, „dass sie sehen, welche Vorarbeit wir ihnen geleistet haben.“

Gestern in Córdoba

„Sie haben Sponsoren, Ärzteteams, Gehalt. Wir hatten nichts davon, zahlten sogar eine Menge Geld, um unserer Leidenscha­ft nachzugehe­n“, sagt die Pionierin.

Weiter geht das schwarzwei­ße Video von 1972. „Es war in Córdoba, gestern“, sagt die Reporterst­imme, kurz nachdem alle Beine und Pos des in Reihe stehenden Teams in Nahaufnahm­e gezeigt worden sind. „Sechs Tore gab es: Fünf für die Italieneri­nnen. Und eines – die Ehre ist gerettet – auf der Habenseite der Spanierinn­en.“

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WM 2019: Grund zum Jubeln.
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Fotos: dpa/Youtube „Kannst du kochen?“, fragte der Reporter 1972.

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