Der Architekt der Wörter
Katalanischer Dichter Joan Margarit im Alter von 82 Jahren gestorben
Madrid – dpa/ann. Bei der Poesie könne man nichts in der Außenwelt finden, „alles ist in einem selbst, und dort gibt es auch sehr viel Dreck: Groll, törichte Dinge... Man muss wissen, wie man das Gute findet, und es – in einem zweiten Stadium – in Wörter verwandeln“, sagte einst Joan
Margarit i Consarnau über die Poesie. Am 16. Februar ist der mehrfach ausgezeichnete katalanische Dichter mit 82 Jahren in seinem Haus in Sant Just Desvern bei Barcelona gestorben, wie die Familie und das Kulturministerium mitteilten. Der Gewinner des Cervantes-Literaturpreises von 2019 und zugleich erfolgreiche Architekt sei einer Krebskrankheit erlegen, die etwa vor einem Jahr diagnostiziert worden sei, hieß es.
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez würdigte Margarit auf Twitter auf Katalanisch als „Architekt der Wörter“. „Seine Genialität mit der Feder wurde immer von der Wertschätzung seiner Leser begleitet. Er ist einer unserer meistgelesenen und geschätzten Dichter und hinterlässt große Spuren in unserer Literatur“, schrieb der sozialistische Politiker.
Der am 11. Mai 1938 im katalanischen Lleida geborene Joan Margarit i Consarnau schrieb seine ersten Werke noch auf Spanisch, aber später – in den 1980er Jahren – wechselte er zu Katalanisch. Der Lyriker war trotzdem nicht nur in seiner Region, sondern in ganz Spanien einer der meistgelesenen Dichter.
Der Architekt war lange in dem Team, das mit dem Bau der Sagrada Familie beauftragt war
Die Jury des Cervantes-Preises erklärte 2019 bei der Bekanntgabe des Siegers, die Werke Margarits seien von „tiefer Transzendenz“und einer „großartigen und immer innovativen Sprache“geprägt. Der Cervantes-Preis gilt als die wichtigste literarische Auszeichnung in der spanischsprachigen Welt und ist mit 125.000 Euro dotiert. Wegen der Krankheit des Lyrikers waren König Felipe VI. und Königin Letizia im vorigen Dezember zur Verleihung des Preises extra nach Barcelona gereist.
Die Arbeiten Margarits zeichneten sich unter anderem durch stark realistische und oft autobiografische Züge aus. In seiner Poesie befasste er sich auch mit dem Verlust von zwei seiner drei Töchter, zum Beispiel in dem poetischen Zyklus „Joana und andere Gedichte“.
„Wenn ein Gedicht eine Person in einer schwierigen Situation nicht zu trösten vermag, ist es als Gedicht nichts wert“, meinte er einmal. Als er vom Gewinn des Cervantes erfuhr, brachte er die Hoffnung zum Ausdruck, dass durch die Auszeichnung „die Poesie als Instrument des Trostes noch mehr Menschen erreichen kann“.
Neben seinem Erfolg als Dichter arbeitete Joan Margarit auch als Architekt. Er gehörte unter anderem lange dem Team an, das mit dem Bau der weltberühmten Basilika Sagrada Familia in Barcelona beauftragt war, und er war auch Architekturprofessor. Außerdem war er politisch engagiert und im Unabhängigkeitskonflikt Befürworter eines Referendums über die Trennung der Konfliktregion von Spanien.