Genuss der Götter
Ob als Kakao, Praline, Dessert oder Tafel – Schokolade erfreut sich ungebrochener Beliebtheit
Schokoladenhasen, Schokoladeneier, dicke Trinkschokolade, kunstvolle Schokoladenskulpturen – die „xocolatl“, die vor 500 Jahren mit Christopher Kolumbus von Amerika herüberkam, gibt es in vielen Variationen. Doch die aztekische Version der bitteren und wenig ansprechenden flüssigen Schokolade fand bei den Königen Isabel und Ferdinand wenig Anklang. Erst 20 Jahre später, als der Entdecker Hernán Cortés bei einer Audienz am Hofe des Aztekenherrschers Montezuma als erster Europäer das „aphrodisierende“Getränk verkosten durfte, entschied sich Cortés, Karl V. von ihrem Wert zu überzeugen und das Luxusgetränk in Spanien einzuführen.
Leicht abgewandelt mit Zucker oder Honig und Vanille, nun mit großem Erfolg. Die Azteken allerdings verstanden nicht, dass man es vorzog, das „flüssige Gold“, das nur der Elite vorbehalten war, zu trinken, wo sie doch die Bohnen für rituelle und medizinische Zwecke oder schlicht und einfach als Wechselgeld benutzten.
Wenn Montezuma wüsste, dass seine „xocolatl“, was übertragen „bitteres Wasser“bedeutet, derzeit eine wahre Revolution erlebt und Schokoladenkreationen wie Diamanten in den Vitrinen von Showrooms und Boutiquen ausgestellt werden. Dass ein wahres Fieber um die „Nahrung der Götter“(Theobroma cacao), wie Kakao von dem schwedischen Botaniker Carl von Linné getauft wurde, um die Kakaobohnen ausgebrochen ist.
Instant- oder Luxusgetränk?
Der gewürzte Kakao, der sich als Statussymbol in der aristokratischen Gesellschaft Europas so großer Beliebtheit erfreute, gipfelte im 19. Jahrhundert denn auch in der Verwendung von Milch statt Wasser und in der ersten Tafelschokolade, die der aufwendig zu kochenden Trinkschokolade im Laufe der Zeit immer mehr vorgezogen wurde. Zum Allerweltsgetränk für Kinder – zumindest nördlich der Alpen – wurde der Kakao seit der Erfindung des schnell löslichen Instant-Kakaopulvers, das einfach in Milch eingerührt wird.
Anders in Spanien. Als Pulver, Stäbe und Tafeln ist die gute alte Trinkschokolade, die gekocht werden muss, weil sie Stärke enthält ähnlich einem Pudding, in jedem
Supermarkt zu finden. Doch in den letzten Jahren wurde auch außerhalb Spaniens die echte Trinkschokolade aus edlen Zutaten wieder zum Luxusgetränk für wahre Genießer, das man in Chocolaterien und Cafés fast wieder so aufwendig zelebriert wie in ihrer Blütezeit. Hierzulande hat man diesen Genuss zum Glück nie aus den Augen verloren und sich auf Qualität statt auf Rationalität verlassen.
Von der Bohne zur Schokolade
Schokolade wächst natürlich nicht an Bäumen, wohl aber der Kakao, ihre wichtigste Zutat. Allerdings nicht hier bei uns, sondern im tropischen Regenwald, in Südamerika und Afrika. Die gelben oder orangefarbenen Früchte des Kakaobaums, die aussehen wie Rugbybälle, beherbergen im Innern bis zu 60 Samen, die Kakaobohnen. Durch Fermentation dieser „Bohnen“laufen verschiedene Umwandlungsprozesse ab, die letztendlich den guten Geschmack des Kakaos erzeugen. Damit sie nicht schimmeln, werden die Kakaobohnen in der Sonne getrocknet und dann in Säcken an ihre Bestimmungsorte gebracht, wo sie weiterverarbeitet werden.
Erst müssen sie gereinigt, anschließend geröstet werden, wobei das typische Aroma und die braune Farbe entstehen. Man entfernt die Schalen und mahlt die Bohnen zu einer dickflüssigen Kakaomasse, aus der durch Pressung die wertvolle Kakaobutter gewonnen wird, die dabei anfallenden Presskuchen mahlt man zu Kakao.
Die Kakaomasse ergibt, mit Kakaobutter und Zucker vermischt, Schokolade. Die wird erst durch sogenanntes Conchieren, Rühren bei niederer Temperatur, sanft und geschmeidig, bekommt ihren Glanz und zarten Schmelz. Dann muss die Schokolade nur noch in entsprechende Formen gefüllt werden.
Pur oder gewürzt
Schokoladen sind mittlerweile mit unterschiedlichem Kakaogehalt aus verschiedenen Anbaugebieten auf dem Markt. Doch wie beim
Wein geht es um „Cru“oder „Grand Cru“und um die geschützte Herkunftsbezeichnung der Anbaugebiete, eine Denominación de Origen von Kakao.
Zwei Grundsorten haben besondere Bedeutung erlangt: der vor allem in Venezuela und Kolumbien angebaute Criollo mit weniger als einem Prozent Anteil an der Welternte – die edelste Kakaosorte der Welt – und der ertragreiche und widerstandsfähige Forastero aus Westafrika, von der Elfenbeinküste, aus Ghana und Nigeria. Den konsumieren wir hauptsächlich – mit Schokoriegeln und Keksen und einfachem Trinkkakao.
Der Hybrid aus beiden, Trinitario, ist ertragreicher als der edle Criollo und schmeckt besser als der einfache Forastero; der durch einen Zufall auf Trinidad entstandene Kakao macht immerhin einen Anteil von 15 Prozent aus.
In jüngster Vergangenheit wurden Schokoladen mit Aromastoffen und Gewürzen wie etwa Chili, schwarzem Pfeffer oder gar Thymian sehr beliebt – was Köche und Patissiers auf der ganzen Welt mit ihren Kreationen, die bis zur Herstellung einer Schokoladensuppe mit konfitierter Tomate reichen, sicherlich forciert haben.
Schlussendlich muss aber eingestanden werden: Kaffee und Tee haben als Getränk der Schokolade eindeutig den Rang abgelaufen. Dafür hat sie sich zur Königin der Desserts entwickelt. Gerade jetzt, im 21. Jahrhundert, erlebt sie ihr goldenes Zeitalter: wenn sich die Meister der Küche in Architekten des Geschmacks verwandeln, indem sie aus der köstlichen Kakaomasse wahre Kunstwerke zaubern. Als Pionier in Sachen Schokolade und einer der weltbesten „pasteleros“dürfte Paco Torreblanca aus dem alicantinischen Elda gelten, der seit 30 Jahren mit der Kakaobohne experimentiert.
Schokoladenmousse
Die einfachste Mousse au chocolat, ohne Eier, ohne Butter, luftigleicht: Auf je eine 100-Gramm-Tafel Schokolade – nur ohne harte Bestandteile sollte sie sein – rechnet man 200 Gramm Schlagsahne (nata para montar).
Zum Beispiel eine Tafel Zartbitterschokolade in Stücke bre