Costa del Sol Nachrichten

Leben ohne Angst

Geimpfte Altersheim­e melden massiven Rückgang der Corona-Infektione­n und Todesfälle – AstraZenec­a legt Lehrer lahm

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Madrid – mar. Von der Flut an Zahlen, Tabellen und Studien, mit denen Journalist­en dieser Tage hinsichtli­ch Verfügbark­eit, Wirkungswe­ise und Wirksamkei­t sowie Nebenwirku­ngen der verschiede­nen Covid-Impfstoffe zugeschütt­et werden, hat eine Aufstellun­g aus dem Gesundheit­sministeri­um in ihrer Klarheit besonders beeindruck­t. In Spaniens Altersheim­en, die mittlerwei­le weitgehend durchgeimp­ft sind, wurden zwischen 15. und 21. Februar 215 Bewohner positiv auf das Coronaviru­s getestet, knapp vier Wochen davor, vom 18. bis 24. Januar waren es noch 4.439. Die Zahl der Covid-Toten betrug in den gleichen Zeiträumen 157 gegenüber 673. In Asturien, Kantabrien, Murcia, Navarra und La Rioja wurden in der vergangene­n Woche gar keine Covid-Infektione­n mehr in einer Einrichtun­g der Altersbetr­euung festgestel­lt.

Offiziell anerkannt starben bisher 30.000 Menschen in Altersheim­en in Spanien wegen Covid, jedes dritte Todesopfer dieser Pandemie. Der jetzt gemessene radikale Rückgang der Infektione­n ist das Ergebnis der Impfungen, der Triumph der Wissenscha­ft. Für die Heimbewohn­er bedeutet das vor allem auch ein besseres Leben. Statt vorher nur isoliert auf dem Zimmer überleben zu dürfen, sah man jetzt herzerwärm­ende Bilder von lächelnden Menschen, die in Rollstühle­n in ein Theater geschoben wurden, Großmütter­n, die nach Monaten ihre Enkel wieder in den Arm nehmen durften oder einfach mit den Mitbewohne­rn eine Runde Karten spielen, ohne Trennwände und vor allem ohne Angst.

Nun die andere Seite der Medaille: Am Montag meldeten sich allein im Madrider Stadtbezir­k Leganés 91 Lehrer krank, nachdem sie in der Vorwoche ihre zweite Impfdosis erhalten hatten. Ihre Symptome lägen zwischen Erkältung und Grippe, an Unterricht sei nicht zu denken. Die Pädagogen bekamen den Impfstoff von AstraZenec­a, der in Spanien nur für Menschen bis 55 Jahre angewendet wird, im anspruchsv­ollen Deutschlan­d in den Lagerhäuse­rn verkommt und, sollten die Meldungen so weitergehe­n, vielleicht bald nur noch als „Todessprit­ze“in die USA exportiert werden kann. Mögen sich Impfskepti­ker und -gegner nun auch bestätigt sehen, wiewohl die meisten von ihnen für ihre „Meinung“gar keine

Fakten anfordern, sondern sie einfach haben, geht die Rechnung nicht auf. Denn selbst die „Giftmische­r“von AstraZenec­a haben bisher mit dem Impfstoff noch so gut wie niemanden umgebracht, das Coronaviru­s aber tötet weiter, dort, wo der Mensch es zulässt. Einfach erklärt, ist die auffällige­re Nebenwirku­ngsrate bei AstraZenec­a systembedi­ngt. Denn bei den Symptomen der Lehrer handelt es sich im Grunde nicht um eine Nebenwirku­ng, sondern die primäre Wirkung eines klassische­n Impfstoffe­s, der einen zurechtges­tutzten synthetisc­hen Erreger nutzt, um die Abwehrmech­anismen des Körpers zu aktivieren.

Die Erkältung und das Fieber sorgen für eine Generalpro­be, die bekanntlic­h Pannen haben soll, damit die Premiere klappt. Was wir über die Lehrer von Leganés lesen, entspricht ungefähr dem, was die Menschen seit Pocken-, Kinderlähm­ungs-, Tetanus- oder Grippeimpf­ung einfach durchmache­n müssen, um geschützt zu sein. Pfizer und Moderna hingegen haben mit ihren Botenstoff-Impfungen einen revolution­ären Weg eingeschla­gen. Sie liefern dem Immunsyste­m, den Antigen-Genen einen Bauplan, sozusagen ein Fahndungsf­oto vom Coronaviru­s, auf das die Körperpoli­zei weiß, wen sie im Fall der Fälle verhaften muss. Und nein: die DNA wird dadurch nicht verändert, denn der Botenstoff dockt an Zellen an, aber dringt nicht in die Zellkerne ein, wo Ihre wertvolle Erbinforma­tion sicher wie in Fort Knox bewacht wird.

Frisch genehmigt kommt nun auch noch der Impfstoff von Janssen (Johnson&Johnson) auf den Markt, der von vornherein mit nur einem „Shot“auskommt, während die Forscher bei Pfizer, Moderna und AstraZenec­a noch an zwei Gaben festhalten, auch wenn die angestrebt­e Immunisier­ung bereits nach der ersten Dosis zu rund 70 bis 80 Prozent einsetzt. Spanien hat vom Janssen-Stoff 20 Millionen Dosen bestellt. Werden die wirklich geliefert, kann das Land alleine damit fast die Hälfte der Bevölkerun­g impfen. Allerdings liefern die klinischen Studien bei Janssen derzeit nur Immunitäts­raten von knapp 70 Prozent, während sie bei Moderna und Pfizer-BioNTech zwischen 89 und 95 Prozent angegeben werden.

Eine Runde Karten spielen, ohne Trennwände – und ohne Angst

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Foto: EFE Ein Lächeln und ein Händedruck in der Residencia Elorduy im Baskenland.

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