Boom der Fertighäuser:
Die Corona-Pandemie hat auf dem Immobilienmarkt ganz neue Kundenwünsche generiert – von der veränderten Nachfrage profitiert auch die Fertigbauindustrie
Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen machen sich auch im Immobiliensektor bemerkbar. Mancherorts laufen die Immobilienpreise heiß und anderswo brechen sie ein. Wohnwünsche haben eine neue Justierung erfahren.
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen plötzlich Immobilien mit Balkon oder Terrasse, am besten mit Garten und vielleicht noch einem Pool, mit möglichst großzügiger Wohnfläche und unbedingt mit gutem Internetanschluss. Großstädte haben an Attraktivität eingebüßt. Und wenn man eine Immobilie dann noch sein eigen nennen kann, umso besser.
Von der veränderten Nachfrage profitiert derzeit auch die Fertigbauindustrie – ebenso in Spanien. Erst kürzlich wurde das spanische energieeffiziente Fertig-MinihausModell Liten in der spanischen Presse vorgestellt. Das Minihaus stammt aus Valencia. Konzipiert wurde es von dem valencianischen Startup Onarc. Das kleine Unternehmen
gehört Lanzadera an, dem Startup-Inkubator von Juan Roig, CEO von Mercadona. Startup Inkubatoren sind Einrichtungen, die Startups auf dem gesamten Weg der Gründung unterstützen.
Das Team von Onarc lernte sich an der Polytechnischen Universität von Valencia (UPV) kennen. Damals präsentierten sie ein nachhaltiges Wohnbauprojekt beim Solar Decathlon Europe Wettbewerb als Teil von Azalea. Danach beschlossen sie, eine eigene Firma zu gründen – die Geburtsstunde von Onarc. Bei ihren Fertighausmodellen konzentriert sich das Jungunternehmen vor allem auf das Designen und Bauen von nachhaltigen und umweltfreundlichen Wohnmodulen.
Erstes Modell: Liten
Das Liten-Häuschen oder „Hütte“, wenn man es von der spanischen Bezeichnung „cabaña“ableitet, ist ihr erstes Modell. Es kann an den Kunden komplett angepasst werden. So gibt es die Möglichkeit, die Außenseite des Minihauses mit Holz oder „black wood“(schwarzem Holz) zu verkleiden und die Innenseite mit CLT – kurz für Cross laminated timber, beziehungsweise Brettsperrholz – oder in Weiß. Für den Innenraum gibt es die Optionen: Schlafzimmer, Küche und Bad. Wohnzimmer,
Küche und Bad. Oder Arbeitsbereich und Bad. Liten hat eine Fläche von 30 Quadratmetern und ist darauf ausgelegt, so vom Unternehmen wörtlich „sich mit der Natur zu verbinden, diese zu genießen und zu respektieren“. Der Mindestpreis beträgt 39.000 Euro.
Liten wurde dem Prospekt nach als autarke Räumlichkeit konzipiert. Acht Solarmodule und eine Hochleistungsbatterie sorgen für maximale Unabhängigkeit in punkto Energiezufuhr. Dazu verfügt das Häuschen über ein eigenes Wasserwirtschaftssystem, nämlich einem Wasservorrat von bis zu sieben Tagen und der Wiederverwendung von Regenwasser. Die Klimatechnik soll sowohl an heißen als auch an kalten Tagen für eine angenehme Raumtemperatur sorgen. Natürlich nicht ohne gute Isolierung, die dazu noch den Stromverbrauch auf ein Minimum reduziert. Diese und weitere Informationen sind auf der Webseite des Unternehmens zu finden unter https://onarc.es.
Für die Verwendung sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Onarc kann sich Liten als alternative Unterkunft im ländlichen Tourismus vorstellen, da es, laut dem Startup, nur eine minimale Auswirkung auf die Umgebung hat und noch am selben Tag der Auslieferung installiert werden kann. Kurzum sehen sie ihr Modell als eine weitere Option für Fincas und Grundstücke, bei denen die Natur im Vordergrund steht. Der Prospekt verweist darauf, dass die Zahl der Touristen in ländlichen Tourismusunterkünften in Spanien von 2,5 Millionen im Jahr 2013 auf 4,4 Millionen im Jahr 2019 gestiegen ist. Ein Trend, der durch die Coronavirus-Pandemie voraussichtlich noch weiter angeheizt wird.
Zum Thema „Fertighaus in Spanien“haben auch Experten in der Wirtschaftszeitung El Economista Rede und Antwort bezüglich Preisen, Bauzeit, Mehrwertsteuer und Genehmigung gestanden:
Was kostet ein Fertighaus?
Blanca del Escobal, Leiterin von Marketing und Kommunikation der Firma Eurocasas, erklärt, dass ihr Unternehmen eine breite Preisspanne anbiete, da die Firma verschiedene Bauausführungen anfertigt, um sich besser den Bedürfnissen der Kunden anpassen zu können. „Wir bauen von kleinen bungalowartigen Mobilheimen für das Camping, die komplett fertiggestellt um die 25.000 Euro kosten, bis hin zu modularen Häusern, die als erstes Zuhause gedacht sind und die 190.000 Euro übersteigen können.“Jeder Interessent habe einzigartige Bedürfnisse, ein anderes Budget und ein bestimmtes Design im Kopf. Diese drei Faktoren gelte es zu kombinieren und zu verwirklichen. Allerdings – wie so oft – nach oben gibt es keine Grenzen. Das spanische Unternehmen Atlántida Homes (https://atlantidahomes.com) und InHAUS (https:// casasinhaus.com) haben Fertighäuser von über 300.000 Euro im Angebot.
Wie lange dauert es, ein Fertighaus zu bauen?
Fernando Agudo, Generaldirektor von Atlántida Homes, erklärt, dass die Bauzeit eines Fertighauses im Vergleich zur traditionellen Bauweise um etwa 70 Prozent reduziert werden kann. „Wenn man bedenkt, dass der Bau eines Hauses von etwa 200 Quadratmetern mit der traditionellen Methode normalerweise etwa zwölf Monate dauert, liefern wir es in vier Monaten“.
Welche Vorteile hat ein Fertighaus gegenüber der traditionellen Bauweise?
Laut Fernando Agudo viele. Unter anderem: Die Fertigung findet in einer kontrollierten Umgebung statt, was sie unabhängig vom Wetter und anderen Faktoren macht. Produktionsprozesse lassen sich besser steuern und die Gesamtkosten stehen von Beginn an fest.
Wie erwähnt, ist die Ausführungszeit wesentlich kürzer als bei traditionellen Hausbaumethoden. In etwa vier Monaten kann ein Eigenheim von bis zu 200 Quadratmetern schlüsselfertig übergeben werden. Viele Prozesse lassen sich standardisieren und summa summarum ist das Ganze mit viel weniger Kosten verbunden.
Andere wichtige Aspekte: Zum einen sind der Kohlenstoff-Fußabdruck sowie das Abfallaufkommen geringer. Zum anderen ist es für den Kunden komfortabler: der Bau erfolgt überwiegend in der Fabrik und nicht auf dem Grundstück.
Welche Genehmigung benötigt man? Welche Steuern fallen an?
Blanca del Escobal erklärt, dass man zwischen Mobilheimen, die vor allem auf Campingplätzen installiert werden und transportablen modularen Häusern, die im Boden verankert werden, unterscheiden muss. Erstere brauchen keine Genehmigung und unterliegen einer Mehrwertsteuer von 21 Prozent. Letztere benötigen eine Genehmigung des Rathauses und die jeweilige Projektarbeit. Die Mehrwertsteuer beträgt zehn Prozent.
Solarmodule und eine Hochleistungsbatterie sorgen für maximale Unabhängigkeit in puncto Energiezufuhr