Offenes Land
Spanien kann wieder bereist werden – Regel-Chaos und Impffortschritt
Das Ende des nationalen CoronaNotstands läutet für Spanien die Zeit alter Freiheiten neu ein. Es ist der schrille Klang einer ConsiergeGlocke, denn in- und ausländische Touristen stehen mit gepackten Koffern vor den Urlaubsregionen von der Costa del Sol bis zu den Kanaren. Der Urlauberandrang ist ökonomisch hoch willkommen, soll aber nicht in einen Corona-Sturm münden. Daher tüfteln die Länderchefs derzeit mit den Gerichten noch an rechtlich haltbaren Instrumentarien, um allfällige CoronaRückschläge im Zaum halten zu können. Die Fallzahlen in Spanien sind nicht übel, aber auch noch nicht rosig, die Impfkampagne schickt sich an, den Turbogang einzulegen.
Málaga/Murcia/Alicante – sk. Kaum ist der Notstand weg, die verlorene Freiheit wieder gewonnen, schon beklagen Land und Politik das Chaos, in das Spanien angeblich stürzt oder gestürzt wird. Mal schimpft man über feierlustige Jugendliche in den Straßen der Metropolen, mal schilt man Regierungschef Pedro Sánchez dafür, dass er dem Land seine demokratische Grundrechte wiedergibt. Nun dürfen die Spanier durch ihr Land reisen, Freund und Angehörige treffen und ihr normales soziales Leben – je nach Infektionslage – wieder aufnehmen. Muss doch gut sein, dass wieder Menschen an die Küste reisen können. Monatelang beklagte die Wirtschaft die Einbußen, weil niemand kam. Vergangenes Wochenende kamen bereits Kurzurlauber, dieses dürften mehr kommen und bald viele.
Die Inzidenz bleibt in Spanien bei rund 180 Neuinfektionen unter 100.000 Einwohnern binnen 14 Tagen, die Tendenz geht klar nach unten, wobei die Zahl der Todesopfer von 250 pro Woche ebenso langsamer nachgibt wie Krankenhausauslastung mit Covid-19-Patienten. Man kann den Ärger des medizinischen Personals über die Fiestas der Jugendlichen nachvollziehen. Die Intensivstationen sind noch zu über 20 Prozent mit Covid-19-Patienten ausgelastet, da leiden tagtäglich 2.000 Menschen und 500 davon allein in Madrid und draußen auf den Straßen werden nachts alle Vorsichtsmaßnahmen über Bord geworfen.
Das Ende der landesweit geltenden Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Epidemie schickt aber auch ein wichtiges Signal nach Europa: Man kann jetzt unbesorgt seinen Sommerurlaub in Spanien buchen. „Der Notstand ist Vergangenheit. Wir müssen jetzt in die Zukunft schauen. Und die Zukunft ist impfen, impfen und nochmal impfen“, sagte Pedro Sánchez.
In 100 Tagen will der Ministerpräsident Spanien in die Herdenimmunität überführen. Bis 18. August soll 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Endlich scheint Spanien mit der oft gepredigten Geschwindigkeit „eines Kreuzfahrtschiffs“voranzukommen. Somit fällt es auch dem Coronavirus jeden Tag etwas schwerer, in der Bevölkerung zu zirkulieren.
Über sechs Millionen Einwohner haben alle beiden Impfungen erhalten. 19 Millionen Spritzen wurden gesetzt. 30 Prozent der Bevölkerung verfügt über einen gewissen Schutz gegen Sars-CoV-2. In allen Risikogruppen über 60 Jahren haben 75 Prozent mindestens die erste Impfung hinter sich gebracht. Wahrscheinlich wird es bis Ende Juni noch schneller voran gehen. Bei der nächsten Lieferung erwartet die Regierung 30 Millionen Einheiten von Pfizer, sieben von AstraZeneca und 17 Millionen von Janssen.
Impfung in den Regiionen
Andalusien impft nun schon Personen im Alter von 50 bis 59 Jahren. Die Ladung haben fast 16 Prozent erhalten. Diese Gruppe bekommt Janssen verabreicht – dieser Impfstoff wird nur einmal gespritzt. Damit nahm die Landesregierung auch 2.400 Arbeiter in den Häfen gleich unter Impfschutz. Etwa 16 Prozent der andalusischen Bevölkerung ist durchgeimpft, fast 33 Prozent hat mindestens die erste Dosis intus – darunter 75 Prozent der Personen zwischen 60 und 69
In 100 Tagen will Spanien die Herdenimmunität erreichen