Briten ohne Test
Freie Fahrt für Massentourismus – Wirtschaft wichtiger als Gesundheit?
Seit Montag lässt Spanien Urlauber aus Großbritannien auch ohne Impfung und sogar ohne Test einreisen, – ein Privileg für die Touristenquelle Nummer eins. Die Regierung hat entschieden, dass sie sich einen zweiten „verlorenen Sommer“nicht leisten kann oder will, trotz noch geringer Impfrate und Risiken durch die Virusvarianten. Während die Tourismusbranche aufatmet, aber mit dem wirklichen Boom abwarten muss, bis auch die Briten die Restriktionen für ihre Rückkehrer aufheben, schlägt Spaniens Chefvirologe die Hände über dem Kopf zusammen. Zwar liefert das Land gute Zahlen, hat aber bisher nur 17 Prozent der Menschen durchgeimpft. Der Plan war mal ein anderer.
Madrid – tl/mar. „Man sollte es laut sagen, aber ich bevorzuge den leisen Ton: Es bleibt Vorsicht geboten“. So reagierte Fernando Simón, Chef des Sanitären Krisenstabes der spanischen Regierung auf die Frage, was er von der test- und impfreien Einreise für Briten nach Spanien hält. Im Subtext fragte der Journalist eigentlich, ob sich Simón nicht von seiner Regierung veralbert fühlt.
Er, Simón, wie immer salomonisch, wolle es nicht an Nationalitäten und den Entscheidungen der Regierung festmachen, sondern an Daten: „Wir stellen fest, dass sich die Fallzahlen in Spanien weiter nach unten bewegen, es in Relation dazu deutlich weniger schwere Verläufe und Todesfälle sowie immer mehr Geimpfte gibt. Doch der Rückgang der Fälle hat sich verlangsamt und wir müssen erst noch schauen, ob sich damit ein Rückfall aufgrund der Lockerung der Maßnahmen der letzten Wochenenden ankündigen könnte.“Doch Simóns Expertise, hinter der 300 der besten Wissenschaftler Spaniens stehen, scheint im Angesicht des anstehenden Sommers kaum noch gefragt, das Primat der Wirtschaft über die Gesundheit bricht sich Bahn – bei einer Durchimpfungsrate von gerade 17 Prozent (55 Prozent bei den über 60-Jährigen) und einschließlich der Ungewissheiten über das Ansteckungspotential von Genesenen, Geimpften und den diversen Mutationen.
Denn einen zweiten Sommer ohne Touristen aus dem Ausland kann und will sich Spanien schlicht nicht leisten, koste es, was es wolle. Die Regierung geht daher ein hohes Risiko ein. So können Urlauber aus Großbritannien seit Montag ohne jegliche Einschränkungen einreisen, wie Regierungschef Pedro Sánchez bei der Eröffnung der Tourismusmesse Fitur in Madrid bekanntgab. Das heißt: Selbst Briten, die noch nicht oder noch nicht vollständig gegen Covid-19 geimpft sind, dürfen ohne Test ins Land kommen. Derweil breitet sich in Großbritannien die als besonders gefährlich betrachtete Corona-Variante B.1.617.2. aus. Die Einreise von dort nach Deutschland ist deshalb bereits drastisch eingeschränkt worden. Spanien aber lässt alle Briten rein, während Deutsche und andere EU-Ausländer ohne Test abgewiesen werden.
Dass am Montag nicht gleich Massen von Briten nach Magaluf, Torremolinos oder Benidorm strömten, liegt an deren eigener Regierung: Denn noch zählt Spanien für die Regierung in London nicht zu den sicheren Ländern, für die Briten grünes Reise-Licht besitzen. Es sind also weiterhin ein negativer PCRTest bei An- und Abreise fällig sowie eine Quarantäne bei der Rückkehr. Allerdings will London die Bestimmungen Anfang Juni überprüfen. Sánchez machte bei der Fitur deutlich, wie sehr man auf die Briten setzt: „Spanien wird begeistert sein, britische Urlauber aufzunehmen, die in unser Land kommen wollen“, sagte der Ministerpräsident. Klar: 2019 machten 18 Millionen Briten Urlaub in Spanien, was 22 Prozent aller ausländischen Touristen entsprach.
Bald freie Einreise für Geimpfte
Aber auch für Urlauber aus anderen Ländern öffnet Spanien seine Tore. Ab 7. Juni können alle Personen, die vollständig mit einem von der EU und der Weltgesundheitsorganisation WHO anerkannten CoronaVakzin geimpft sind, ins Land kommen. Womit klar ist, dass Geimpfte doch Privilegien genießen.
Wer noch nicht geimpft ist, benötigt weiterhin einen negativen PCR-Test bei der Einreise. Sánchez erhofft sich zudem von dem digitalen Impfnachweis der EU, der ab 1. Juli verfügbar sein soll, eine deutliche Zunahme der Reisefreudigkeit in Europa. Allerdings wird der grüne Impfpass zwar Test, Genesung und/oder Impfung auf einer elektronischen Plattform zusammenfassen, die Reiseregeln vereinheitlicht er allerdings nicht.
Mit den neuen Einreisebestimmungen für ausländische Urlauber