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Hawaii liegt nicht im Mittelmeer: Einfache, herzhafte Gerichte mit Obst und Stil und einem Tipp von Don Quijote
mar. In Richtung Sommer nimmt das frische Obst in ganz Europa überhand. In Spanien hingegen sind praktisch zu jeder Jahreszeit je ein Dutzend Früchte reif, manche, wie die Orange gibt es überhaupt erst im Winter. So willkommen und gesund eine kalte Wassermelone, ein Berg Kirschen oder Erdbeeren nach einem langen, auslaugenden Strandtag dann auch sein mögen, irgendwann kommen sie einem aus den Ohren raus. Sorbets anrühren, einfrieren, einwecken oder Marmeladen kochen? Die Arbeit macht sich bei der permanenten Verfügbarkeit und dem Überangebot heute kaum noch jemand.
Außerdem: Obst ist gesund, natürlich. Neben Vitaminen und viel Wasser enthält es wichtige Mineralien, aber eben auch jede Menge Fructose, also Zucker, mitunter in Mengen, die viele unterschätzen. Der nach viel Obstgenuss erfolgende Insulin-Ausstoß ist verdauungsanregend, aber erzeugt alsbald auch wieder Hunger. Das gilt insbesondere seit dem in der Ersten Welt der Wahn ausgebrochen ist, man müsse alles auspressen und mixen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. So konzentriert man das Fruchtfleisch, also auch den Zucker, reduziert aber den Ballaststoffanteil.
Auch die Mittelmeerküche hat von Alters her das Obst in die deftige Küche integriert. Sowohl frisches Obst wie vor allem Trockenfrüchte spielen eine wichtige Rolle, mehr noch im östlichen und arabischen Teil des Mittelmeers als in den europäischen Anrainerkulturen. Obst dient als ausbalancierender, süßender Faktor zwischen salzig, scharf, bitter, sauer, der eine Speise erst rund machen soll – und weniger den Verköstiger.
Unendlich sind die Varianten bei Cous-Cous und Reisgerichten, vor allem dann, wenn Lamm oder Kaninchen im Spiel beziehungsweise in der Pfanne sind. Trockenfrüchte wie Rosinen und Mandeln, Granatapfel-Kerne und Weintrauben adeln diese Gerichte. Chutneys, aus der mittel- und ostasiatischen Küche kommend, bereicherten die mediterrane Kultur. Bei den Franzosen ist des Karamellisierens und Reduzierens von Früchten nie ein Ende, Skandinavier und Germanen servieren Apfel zum Hering oder Marmelade zum Wild.
Die besten dieser Rezepte zeichnet stets aus, dass sie balanciert sind und die Fruchtnote dezent einer Aufgabe im Ensemble nachgeht, nicht nur geschmacklich, sondern auch als ernährungsphysiologischer Baustein.
Ohne viel Federlesens kann man aus diesem Jahrtausende alten Fundus schöpfen und Früchte im Handumdrehen zum Bestandteil eines kleinen Gourmet-Erlebnisses machen, auch ohne viel Kochkenntnisse. Es sollte klar sein, dass Kreationen wie „Pizza Hawaii“oder mit Dosenpfirsich auf Toast belegte „Hühnerbrust Melba“nicht in diesen Kosmos gehören.
Das ist keine Frage des Geschmacks, sondern von etwas Stil und Respekt. Es ist schlicht undenkbar, dass man das Weltkulturerbe der Neapolitaner derart gedankenlos besudelt, die mit Hingabe stundenlang einen sugo di pomodoro nach uraltem Rezept rührten, um diesen liebevoll auf einen Teigfladen zu streichen, bei dessen Zubereitung sie sich an die von Arbeit gekrümmten Hände ihrer Großmutter erinnern. Mit handgeschöpftem Büffel-Mozzarella belegt, wandert das Stück in einen holzbefeuerten Ofen, um es gerade bei der richtigen Temperatur so zu garen, dass der Rand knusprig und die Mitte saftig wird und der Belag die richtige Schmelze mitbekommt, damit der Pizzero das Ganze im Schweiße seines Angesichts mit ein paar Blättern Basilikum und einem exzellenten Olivenöl finalisieren kann. Und dann rücken Hilde, Hans-Dieter und deren Gören an: „Drei Pizza Hawaii, drei Spezis und lass das Grünzeug weg!“. Nein.
Doch zurück zum eigentlichen Thema: wie man frisches Obst ohne viele Umstände in deftige Gerichte, Tapas, Salate involviert, ohne dabei den Firlefanz vieler Lokale zu kopieren, die Obst oft nur wegen der Optik oder der vermeintlichen Originalität auf die Teller bringen.
Salat mit Obst
Naheliegend, wenn auch sparsam inspiriert, ist natürlich der klassische „Sommersalat“. Hier empfiehlt sich, Blattsalate auszuwählen, die den süßen Früchtchen etwas herbes entgegenhalten können, also zum Beispiel Rucola, Batavia, Endivien (escariol), auch Frisée oder Radicchio eignen sich viel besser, statt des ewig faden (Wasser)-Eisbergsalats. Anstelle
Kleine GourmetErlebnisse ohne große Kochkenntnisse möglich
Zwiebeln sind junger Knoblauchspross (ajo tierno) oder Frühlingszwiebel angeraten, ansonsten lassen Sie sich gehen: ob Apfel, Birne, Pfirsich, Erd-, Him-, Bromoder Johannisbeere. Am Ende können Sie mit salzigen Beilagen wieder für Ausgleich sorgen, zum Beispiel mit Croutons oder Käsewürfeln (manchego joven), oder auch ein paar Fäden luftgetrockneten Schinkens. Durch die Komposition der Vinaigrette, zum Beispiel mit Sherry oder Balsamico kann man eine Übersüßung leicht ausgleichen. Ein mildes Olivenöl ist hier angesagt. Mandeln oder Nüsse, bitte geröstet, sowie Granatapfelkerne liefern zudem willkommenen Crunch.
Obst mit Salat
Kippt die Lust doch in Richtung der Früchte, konvertieren wir unseren Versuch schlicht in einen Obstsalat mit herzhafter Note. Neben den genannten Früchten können wir hier gut auch Banane, Mandarine oder Ananas sowie andere exotische Gewächse, Papaya oder Mango, verwenden. Der ChicoréeSalat wird in diesem Ensemble für Bitterkeit sorgen, fein geschnittener Fenchel für ein Aha-Erlebnis. Mutige legen die Chicorée-Blätter kurz auf den Grill oder in die heiße Pfanne, der berühmten Röstaromen wegen. Etwas Kokosmilch und -raspel bringen einen Hauch lieblicher Exotik, dem Limettensaft und Minzblättchen weitere Dimensionen hinzufügen, ein kräftiger Schlag Creme fraiche rundet die Sache und vielleicht auch Ihren Bauch zusätzlich ab.
Tapas im Duett
Bei den Tapas spielt man am besten im Duett. Den Klassiker: Honigmelone mit Parma- oder Ibérico-Schinken kennt jeder, Wassermelone gewürfelt mit Schafskäse ist ein Evergreen von Bulgarien bis in die Schluchten des Kaukasus. Frische Feigen mit Ziegenkäse gratiniert, getrocknete Feigen mit Schinken umwickelt, ein Thunfisch-Tartar mit Avocado und Balsamico-Erdbeere, sind weitere schnell bereitete Köstlichkeiten. Birne mit Gorgonzola oder einem anderen Blauschimmelkäse, kurz gratiniert und womöglich noch in heißem Quittengelee geschwenkt, schon fast mehr ein Dessert als eine Vorspeise, dazu passt nämlich wunderbar ein Dessertwein, sei es ein guter Tokajer oder eine Moscatel-Essenz, ein schwerer OlorosoSherry oder ein Port. Übrigens auch alles Obst.
Wer sich etwas mehr Zeit nimmt und Mühe macht, dem steht eine Welt offen, die einen mit jedem gelungenen Fest, das man mit Freunden begangen und bekocht hat, den nächsten Gang in noch so feine Lokale immer häufiger als ärgerliche Zeitverschwendung ansehen lässt. Zwei Empfehlungen aus unserer letzten Tafelrunde:
Coca mit Níspero
Träufeln Sie auf einen – bitte selbst gemachten – Pizza-CocaFladenbrot-Teig mit etwas Tomatenpüree als dünne Basis ein paar aufgeschnittene, reife Tomaten, Aprikosen-Spalten (lieber noch frische Nísperos, wenn Saison) und einen noch jungen, aber schon etwas körnigen Ziegenfrischkäse, alles ungefähr zu gleichen Teilen. Aus Olivenöl und Harissa (tunesische Würzpaste unter anderem aus Chili und Kreuzkümmel) sowie frisch gehacktem (wilden) Rosmarin (romero) mischen wir eine Emulsion und tröpfeln sie über den Belag. Alternativ kann man auch aus Chili, eingeweichter Ñora-Paprika, comino, Salz, Pfeffer eine iberische Variante erstellen. Das Ganze kommt für ein paar Minuten bei 190 Grad in den Ofen, der Käse soll leicht bräunen. Dazu ein RoséWein aus Navarra.
Beschwipster Rindersalat
Der kalte oder temperierte Rindfleischsalat klingt recht modern, kommt aber bereits im über 400 Jahre alten „Don Quijote“vor. Unser trauriger Ritter und sein bauernschlauer Sancho erzählen sich gegenseitig von den Leckereien, die sie auf der Festtafel einer adeligen Gesellschaft probiert haben, wobei Cervantes das Gericht aus „gesäuertem Fleisch“erwähnt. Der Essig diente damals der Haltbarmachung und dem Unterdrücken des „podrido“, des modrigen Geruchs, heute ersetzt ihn eine Nuance Alkohol.
Gut abgehangenes Entrecote in etwa ein Zentimeter dicke Streifen schneiden und mit sehr wenig Öl kräftig markieren, so dass das Fleisch innen rosa bleibt. Mit Balsamico-Creme einreiben und beiseite stellen.
In die gleiche Pfanne einen Apfel in Spalten, ein paar getrocknete Apfelringe, Rosinen, fein geschnittenen Fenchel, kurz mit halb Butter, halb Öl erhitzen, mit Cognac oder einem weichen Brandy (Magno) ablöschen und einreduzieren. Das Fleisch mit der Reduktion und etwas Olivenöl mit zwei Handvoll Rucola-Salat vermischen, Salz, Pfeffer, einen Hauch Dijon-Senf hinzugeben und rund eine Stunde im Kühlschrank abkühlen und ziehen lassen. Mit Fenchelgras verziert servieren.
Variante 1: Anstelle Rind nehmen wir Lammleber, aber keinen Fenchel, dafür Cocktailtomaten, die angeschmolzen werden. Variante 2: Entenbrust (erst markieren, dann kurz im Ofen ziehen und erst zum Schluss schneiden) Äpfel werden durch Orangen – frisch und getrocknet – ersetzt, anstelle Cognac nimmt man Grand Marnier mit seiner Bitterorangenessenz.