Málagas blinzelnde alte Dame
Leuchtturm der Freiheit, gebaut von Gefangenen: La Farola steuert in ungewisse Zukunft
Málaga – mar. La Farola, der Leuchtturm am Hafen von Málaga, war einst nicht nur rettender Wegweiser für Schiffe, sondern für die Malagueños auch ein Symbol für Freiheit und Aufschwung nach der Napoleonischen Schreckensherrschaft, die in Spanien besonders brutal wütete. Umso absurder erscheint es, dass dieses Freiheitssymbol von 36 Metern Höhe durch Zwangsarbeiter errichtet wurde. Dazu verpflichtete man vor allem inhaftierte Diebe und sogenannte Landstreicher, machte ihnen die Arbeit aber nicht schmackhaft, indem man ihnen Hafterleichterung oder -erlass anbot, sondern, umgekehrt, bedrohte sie mit etlichen Jahren mehr Festung, wenn sie das „Angebot“ablehnten.
Die meisten nahmen an und so wurde der Turm vor über 200 Jahren, am 30. Mai 1817 eingeweiht und führte tatsächlich zu einem Ausbau des Hafens und dem Beginn eines fast schon industrialisierten Handels, vor allem mit England, das vom süßen Moscatel und den Rosinen nie genug haben konnte. Doch Kapitäne beklagten, dass sie mit ihren größeren Schiffen nicht sicher in den Hafen einlaufen könnten, solange am Hafen nur eine Tranfunzel hing. Tatsächlich waren es zwölf Öllämpchen vor Spiegeln auf einem Holzgerüst. Um den Leuchtturm herum standen zu Beginn noch Kanonen und Festungsmauern, denn die Zeiten der Piraterie, aber auch der Überfälle und Plünderungen durch verfeindete Nationen, waren noch nicht lange her. Für die neue Installation stellten die Stadt und das
Hafenamt nur wenig Geld bereit, die Händler sollten zusammenlegen, denn ein sicherer Hafen war ja vor allem in deren Interesse.
Von den einlaufenden Schiffen wurde dann eine „Leuchtturmgebühr“eingehoben, um die Betriebskosten zu bestreiten, dieses „derecho a linterna“, Laternenrecht, führte wohl auch zum weiblichen Namen „La Farola“des eigentlich männlichen Leuchtturms, faro. Abgestellt wurde das Leuchtfeuer erstmals im Bürgerkrieg, um Fliegern und Schiffen kein Ziel zu bieten. Spätestens 2027 soll, so die Hafenbehörde, La Farola komplett renoviert werden, am besten als Museum, denn ein neuer Turm soll ihren Job übernehmen.
Hotel-Turm als Bedrohung
Es scheint erstaunlich, aber das über 200 Jahre alte Bauwerk steht bis heute nicht unter Denkmalschutz. Erst Anfang des Jahres begann das Kulturministerium in Madrid mit dem entsprechenden Protokoll. Die Deklaration zum BIC soll unter anderem verhindern, dass die Umgebung des Turms weiter verschandelt wird.
Denn die größte Gefahr für dieses Symbol der Hafenstadt Málaga geht von der Stadt selbst aus. Das Rathaus plant, den Bau eines riesigen Hotelturms auf der Mole zuzulassen, ein Wolkenkratzer im Stile durchgeknallter Wüstenemirate, der die blinzelnde alte Dame, die heute schon von hässlichen Wohnblöcken und gigantischen Kreuzfahrtschiffen zugestellt ist, endgültig im Meer zivilisatorischen Exzesses versenken würde.