Höchste Eisenbahn
Spanien und Portugal wollen sich über AVE-Strecken einigen – Kein Konsens über Streckenverlauf
Madrid – tl. Es dürfte schwer fallen, in Europa zwei Nachbarländer zu finden, die so schlecht per Eisenbahn miteinander verbunden sind wie Spanien und Portugal. Die EU-Kommission drängt nun, endlich etwas zu unternehmen. Im September trifft sich Spaniens Verkehrsministerin Raquel Sánchez mit ihrem portugiesischen Kollegen Pedro Nuno Santos, um das Thema vom Tisch zu kriegen. Höchste Eisenbahn wäre es.
Man muss es sich einmal klar machen: Zwischen Spanien und Portugal gibt es aktuell nur eine direkte Zugverbindung – oben im Norden von Vigo (Galicien) nach Porto. Bis 2020 waren noch die Hauptstädte Madrid und Lissabon direkt miteinander verbunden. Dann wurden die Nachtzüge Corona-bedingt aufs Abstellgleis gestellt. Wer von Madrid nach Lissabon reisen will, muss zweimal umsteigen. Einmal in Badajoz (Extremadura), das andere Mal am portugiesischen Eisenbahnknotenpunkt
Entroncamento. Hat man Glück, ist die Strecke (Luftlinie 500 Kilometer) in neun Stunden zu schaffen. Das Ganze mutet über weite Strecken eher wie eine Regionalstrecke an, auch was die Zugausstattung anbetrifft.
Es gibt noch eine Möglichkeit, mit dem Zug von Spanien nach Portugal zu kommen: auf der Strecke von Salamanca nach Porto.
Hier heißt es: mindestens dreimal umsteigen. Reisedauer: gut 20 Stunden – für eine Entfernung (Luftlinie) von knapp 250 Kilometern. Im Süden existiert zwischen Spanien und Portugal keine Schienenverbindung. Man könnte noch den Luxuszug „Al Andalús“erwähnen. Mit dem kommt man von Sevilla nach Lissabon und Porto. Wenn man das Kleingeld hat. Und
Zeit. Die Reise dauert ein paar Tage. Hier ist der Weg das Ziel.
Regelmäßig trifft sich eine spanisch-portugiesische Kommission für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (CLECTF) und gibt Empfehlungen ab. Zuletzt ging es um eine Hochleistungsverbindung von Sevilla nach Faro in Portugal. Eine Empfehlung wurde ausgesprochen, die Planungen aber nicht aufgenommen. Bislang fehlt es an Konsens zwischen beiden Ländern. Die Vorstellungen darüber, welche Verbindung Priorität haben sollte, sind unterschiedlich. Spanien möchte am liebsten die AVEStrecke Madrid–Lissabon pushen, über die seit 20 Jahren gesprochen wird. Im Juni erst wurde in der Extremadura die 150 Kilometer lange Schnellzugstrecke Plasencia–Badajoz in Betrieb genommen. Sie könnte ein Teilstück sein, wenn sie elektrifiziert wird. Auch von Plasencia gen Madrid wird gearbeitet.
Auf portugiesischer Seite hat sich nicht viel getan. Die Unternehmer-Initiative
„Iberischer Südwest-Korridor“plädiert für einen schnellen Ausbau einer Hochleistungsstrecke Lissabon–Madrid, über die der Güterhafen Sines angebunden werden kann. Bis 2026 sei das machbar. Auch für Brüssel zählt die Strecke Sines–Lissabon– Madrid zur „Europäischen Eisenbahnachse für den Güterverkehr“.
Portugal hält eine Hochleistungsstrecke von Lissabon über Porto nach Galicien für wichtiger als andere Verbindungen. 5,5 Milliarden Euro will Portugal in die Atlantische Route investieren, um seine am stärksten industrialisierte Region mit Nordspanien zu verbinden. Hier tut sich auf spanischer Seite wenig. Ebenfalls vorstellen kann sich Portugal einen Ausbau der Strecke von Porto über Salamanca nach Medina el Campo, wo man auf die AVE-Strecke MadridGalicien treffen würde. So ließe sich der Hafen Sines über Faro und über Huelva und Sevilla gar an den Mittelmeer-Korridor anbinden.
Es gibt eine Möglichkeit, mit der Bahn von Spanien nach Portugal zu fahren