Ein Dorf macht sich autark
Benarrabá will eigenen Strom produzieren und unabhängig von Energieversorgern werden
Benarrabá – dan. Wird Ihnen beim Anblick der Stromrechnung schwindlig? Dann sollten Sie erwägen, nach Benarrabá zu ziehen. Ein zu 100 Prozent nachhaltiges Dorf weit im Hinterland nördlich von Estepona, das seinen eigenen Strom produziert. Das knapp 500 Einwohner zählende Bergdorf im Süden der Serranía de Ronda ist drauf und dran, die erste Ortschaft in Andalusien zu werden, die sich völlig unabhängig von Stromanbietern macht.
Die Initiative trat die Provinzverwaltung in Málaga bereits kurz vor der Pandemie los. „Wir arbeiten nicht erst seit der Energiekrise an dem Projekt. Die Idee entsprang vielmehr den Maßnahmen, die gegen Landflucht entwickeln wurden. Minimale Stromkosten können durchaus ein Anreiz sein, um in einem Dorf zu leben“, erklärt Natacha Rivas, Beauftragte für soziale und territoriale Entwicklung bei der Provinzverwaltung.
Benarrabá hat in den vergangenen 70 Jahren zwei Drittel seiner Bewohner verloren, 1950 zählte der Ort noch 1.568 Einwohner. Das Projekt, das von der Provinzverwaltung und der Europäischen Union finanziert wird, befindet sich in der Anfangsphase. Als Erstes fanden Informations-Treffen mit Einwohnern statt, dann folgten Umfragen. Die Präsentation stieß auf Anklang und viele Bewohner sind stolz darauf, dass ihr Dorf für die Gründung einer Energiegemeinschaft auserkoren wurde.
In der ersten Phase des Projekts soll bereits eine Reduzierung der Stromrechnung um mindestens die Hälfte in der gesamten Gemeinde erreicht werden. „Ich bin überzeugt davon, dass das Ergebnis positiv sein wird und wir das Projekt auch in anderen Gemeinden umsetzen können. Wenn es vorher bereits notwendig war, auf nachhaltige Energie umzusteigen, so ist es das jetzt erst recht“, betont Rivas. Die Provinzverwaltung hat bereits 27 ähnliche Projekte mit einem Budget von 2,3 Millionen genehmigt.
Um Eingriffe in das Landschaftsbild zu reduzieren, sollen keine Fotovoltaikplatten auf den Dächern von Privathäusern installiert werden. „Wir werden die Dächer von öffentlichen Gebäuden nutzen und benötigen nur noch ein Dach einer privaten Halle in Benarrabá von etwa 800 Quadratmetern, um die restlichen Solarplatten anzubringen“, so Natacha Rivas.
Das Pilotprojekt soll als Modell für weitere Dörfer dienen. Für größere Städte wie Estepona oder Marbella müssten andere Strategien entwickelt werden. Mit der Initiative will die Provinz Gemeinden mit bis zu 20.000 Einwohnern unter die Arme greifen, die weniger Möglichkeiten haben, eigenständig so ein Projekt auf die Beine zu stellen. „Aufgrund der Energiekrise überlegen wir, ob wir dieses Modell auch in Städten umsetzen könnten. Wir werden es weiterentwickeln, weil die momentane Situation es erfordert. Das Projekt war für Dörfer geplant, aber wir schließen nichts aus“, sagt Rivas.
Energiegemeinschaft als eine Maßnahme gegen Landflucht